Die fünfhundert Millionen der Begum
mächtigen Wasserstrahlen in die Gluth. Sie gossen eine ganze Sündfluth gegen die Mauern und selbst auf das Dach des Modellhauses. Das Feuer erwies sich aber jenem Wasser überlegen, das nur verdunstete, aber nicht zu löschen vermochte, und bald stand das ganze Bauwerk in hellen Flammen. Schon nach fünf Minuten hatte der Brand einen solchen Umfang angenommen, daß man darauf verzichten mußte, seiner Herr zu werden. Der Anblick dieser Feuersbrunst war eben so großartig wie entsetzlich.
Marcel, in einer Ecke verborgen, verlor Herrn Schultze nicht aus den Augen, der seine Leute anfeuerte wie zur Erstürmung einer feindlichen Stadt. Vergeblich. Das Feuer zehrte ruhig fort an seiner Beute und das im Park isolirt stehende Gebäude mußte voraussichtlich total zugrunde gehen.
Als auch Herr Schultze sich überzeugte, daß nichts von demselben zu retten sei, rief er plötzlich mit lauter Stimme:
»Zehntausend Dollars Belohnung Demjenigen, der das unter der Glaskuppel des Mittelbaues aufbewahrte Modell Nummer 3175 rettet!«
Eben dieses Modell war das Muster der von Herrn Schultze vervollkommneten Kanone und hatte für diesen einen höheren Werth als irgend ein anderes.
Um das geforderte Stück zu holen, mußte man sich aber durch einen wahren Feuerregen wagen und in eine absolut unathembare Atmosphäre begeben. Jedermann lief die größte Gefahr, darin selbst umzukommen. Trotz des Lockmittels der zehntausend Dollars trat auf Herrn Schultze’s Aufruf doch Niemand vor.
Da drängte sich ein Mann heran.
Es war Marcel.
»Ich werde gehen, sagte er.
– Sie! rief Herr Schultze.
– Ich!
– Geben Sie sich aber nicht der Hoffnung hin, daß dadurch an dem über Sie verhängten Todesurtheil etwas geändert werde.
– Ich denke gar nicht daran, dasselbe von mir abzuwenden, sondern nur an die Rettung des kostbaren Modells.
– So geh’, antwortete Herr Schultze, und ich schwöre Dir im Falle des Gelingens zu, daß die zehntausend Dollars Deinen rechtmäßigen Erben zugestellt werden sollen.
– Darauf rechne ich!« erwiderte Marcel.
Man hatte mehrere für den Fall eines Schadenfeuers immer bereitgehaltene Galibert’sche Apparate herbeigebracht, mit denen man sich ja auch in unathembare Gasarten wagen kann. Marcel hatte einen solchen schon benützt, als er damals den kleinen Karl, das Kind der Frau Bauer, dem Tode zu entreißen suchte.
Ein solcher mit Luft von mehreren Atmosphären Spannung gefüllter Apparat wurde auf seinem Rücken befestigt. Mit der Klammer auf der Nase und das Mundstück des Schlauches zwischen den Lippen drang er nun beherzt in den Rauch ein.
»Endlich! sagte er. Für eine Viertelstunde besitze ich Luftvorrath in dem Behälter!…. Gott gebe, daß er hinreicht!«
Selbstverständlich dachte Marcel nicht im Geringsten daran, das Modell der Schultze’schen Kanone aus den Flammen zu retten. Er stürmte nun mit Gefahr für sein Leben durch den qualmerfüllten Saal unter einem Hagel glühender Funken und prasselnder Balken, die ihn wie durch ein Wunder verschont ließen, und genau in dem Moment, wo das Dach unter einer Garbe von prächtigen Feuerstrahlen zusammenbrach, die der Wind bis zu den Wolken hinaustrieb, entkam er durch eine entgegengesetzte Thür des Saales, die sich nach dem Park hin öffnete.
Nach dem kleinen Flusse zu eilen, dessen Uferwand hinabzustürmen bis zu dem unbekannten Ausfluß, der ihn aus Stahlstadt befreien mußte, und sich ohne weiteres Besinnen in das Wasser zu stürzen, das Alles war für Marcel nur das Werk weniger Secunden.
Schnell riß die Strömung ihn in den Wasserschwall, der sieben bis acht Fuß tief sein mochte, dahin. Er brauchte auf keine Richtung zu achten, denn die Strömung führte ihn wie ein Ariadnefaden. Er merkte auch bald, daß er in einen engen Kanal hineingezogen worden war, eine Art weites Rohr, welches das Wasser vollkommen ausfüllte.
»Wie lang mag dieser Schlauch sein? fragte sich Marcel, daran liegt Alles! Bin ich nicht binnen einer Viertelstunde heraus, so geht mir die Luft aus und mein Schicksal ist besiegelt!«
Marcel bewahrte sich seine ganze Kaltblütigkeit. Zehn Minuten lang wälzte ihn der Strom unaufhaltsam mit sich fort, dann stieß er an einen Widerstand.
Es war ein mit Haspen in der Mauer befestigtes Eisengitter.
»Das wußte ich vorher!« sagte Marcel für sich.
Sofort holte er die Säge aus der Tasche und begann die Krampen des Riegels zu durchsägen.
Nach fünf Minuten hatte er noch nicht viel erzielt. Schon athmete Marcel
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