Die fünfhundert Millionen der Begum
erstaunliche, unerwartete, unglaubliche Nachricht war eben von einem der Miteigenthümer der »Bank des Fernen Westens« überbracht worden und verbreitete sich mit Blitzesschnelligkeit weiter.
Die Einen riefen:
»Welch’ dummer Witz!…. Das ist ein Börsenmanöver! Wer soll eine solche Flause glauben?
– O, o, bemerkten Andere, kein Rauch ohne Feuer!
-Geht man in einer Lage wie jene zugrunde?
– Man kann aus jeder Lage versinken.
– Aber, Herr, die Immobilien allein und die Maschinen repräsentiren einen Werth von achtzig Millionen Dollars! versetzte der Erstere.
– Ohne die Gußstücke, den Rohstahl, die Vorräthe und fertigen Producte zu rechnen! vervollständigte der Zweite.
– Zum Kukuk, das sagte ich ja! Schultze ist gut für neunzig Millionen Dollars und ich verpflichte mich, seine Activa sofort dafür zu realisiren!
– Ja, wie erklären Sie sich dann diese Zahlungseinstellung?
-Ich erkläre sie mir gar nicht!…. Ich glaube einfach nicht daran!
– Als ob solche Dinge nicht alle Tage und auch den ansehnlichsten Häusern passirten!
– Stahlstadt ist kein Haus, es ist eine ganze Stadt!
– Nun, auf alle Fälle ist es damit nicht aus. Unzweifelhaft wird eine Gesellschaft zusammentreten zur Fortführung der Geschäfte.
Eine gewaltige Menschenwoge rollte nach der Depeschentafel.
– Warum, zum Teufel, hat aber Schultze eine solche nicht gebildet, bevor er seine Wechsel protestiren ließ.
– Richtig, mein Herr, das ist so sinnlos, daß es keine Prüfung aushält! Das Ganze ist nichts als eine falsche Nachricht, die wahrscheinlich von Nasch ausgeht, der für seine Stahlvorräthe dringend eine Hausse braucht!
– Nein, keine falsche Nachricht! Schultze ist nicht allein bankerott, er ist auch flüchtig.
– Was fällt Ihnen ein?
– Durchgegangen, sag’ ich Ihnen. Das Telegramm mit dieser Mittheilung ist soeben angeheftet worden!«
Eine gewaltige Menschenwoge rollte nach der Depeschentafel. Der neueste blaue Streifen enthielt folgende Worte:
New-York. 4 h 15 m Localzeit. – Central-Bank. Werk Stahlstadt. Zahlungen eingestellt. Bekannte Passiva: siebenundvierzig Millionen Dollars. Schultze verschwunden.
Jetzt war kein weiterer Zweifel möglich, so überraschend die Neuigkeit auch klingen mochte, und Vermuthungen über Vermuthungen kamen bald in Gang.
Um zwei Uhr begannen die Listen der durch Schultze’s Fallissement mitgerissenen Häuser zweiter Ordnung den Platz zu überschwemmen. Die größten Verluste erlitt die Mining-Bank in New-York; die Firma Westerlay & Sohn in Chicago, welche mit 7,000.000 Dollars betheiligt war; das Haus Milwaukee in Buffalo 5,000.000 Dollars; die Industrie-Bank in San-Francisco 1,500. 000 Dollars; endlich ein kleiner Ausschuß von Firmen dritten Ranges.
Andererseits machten sich, ohne weitere Nachrichten abzuwarten, die natürlichen Gegenwirkungen des Ereignisses in stürmischer Weise geltend.
Der nach Aussage der Sachverständigen am Vormittag so schwerfällige Markt von San-Francisco gewann um zwei Uhr ein gänzlich verändertes Aussehen. Welche Sprünge, welche Kurssteigerungen und zügellose Entfesselung der Speculation traten da zu Tage!
Hausse in Stahlsorten, die von Minute zu Minute steigen. Hausse in Kohlen! Hausse in den Papieren aller Eisenhütten der amerikanischen Union! Hausse in den Erzeugnissen der Eisenindustrie jeder Art! Hausse auch in den Landpreisen von France-Ville. Fielen diese seit der Kriegserklärung auf Null und verschwanden sie fast von der Börse, so stand der Acre Land heute wieder auf 180 Dollars Geld!
Von dem Abend dieses Tages an wurden die Zeitungs-Expeditionen förmlich belagert. Wenn auch der »Herald« wie die »Tribüne«, der »Alta« wie der »Guardian« die mageren Nachrichten, welche sie sich zu verschaffen gewußt hatten, in Placaten mit Riesenlettern bekannt gaben, so reducirten sich dieselben im Grunde doch eigentlich auf nichts.
Was man wußte, beschränkte sich darauf, daß eine von Jackson, Edler & Comp. gezogene, von Herrn Schultze acceptirte Tratte über 8,000.000 Dollars bei Schving, Strauß & Comp., den New-Yorker Banquiers des Stahlkönigs, präsentirt worden sei und daß die genannten Herren constatirt hätten, die Bilanz des Credits ihres Clienten reiche zur Deckung dieser enormen Zahlung nicht aus, während eine telegraphische Mittheilung an jenen bezüglich dieser Thatsache unbeantwortet geblieben sei; daß sie ferner bei Durchsicht ihrer Bücher mit Verwunderung gesehen hätten, wie
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