Die fünfhundert Millionen der Begum
Conserven sah man auch die bekannten Weißblechdosen mit vielversprechenden Aufschriften. Kurz, hier fand sich Alles beisammen zu einem Frühstück, nach dem man allmälich Verlangen spürte. Schnell wurde nun ein köstliches Essen bereitet, das die beiden jungen Leute zur Fortsetzung ihres Wagnisses stärkte.
Marcel überlegte dabei immer, was jetzt zu beginnen sei. An ein Ersteigen der Umfassungsmauer des Centralblocks war von vornherein nicht zu denken. Diese Mauer ragte viel zu hoch empor und stand zu isolirt von jedem anderen Gebäude, hatte auch nirgends einen Vorsprung zum Befestigen eines Seiles. Um zu deren Thore – jedenfalls dem einzig vorhandenen – zu gelangen, hätte man durch alle Sectoren vordringen müssen, und das wäre keine so leichte Arbeit gewesen. Nun blieb nur die immerhin etwas gewagte Anwendung von Dynamit übrig, denn es erschien fast undenkbar, daß Herr Schultze vor seinem Verschwinden nicht Gegenminen gegen Diejenigen angebracht haben sollte, welche Denen, die Stahlstadt zu überwältigen suchen möchten, wahrscheinlich gelegt würden. Doch Alles das war nicht im Stande, Marcel auf sein Vorhaben verzichten zu lassen.
Als Octave sich gestärkt und genügend ausgeruht hatte, ging er mit ihm bis zum Ende der Achsenstraße des Sectors
O
und bis zum Fuße der gewaltigen Granitmauer.
»Was meinst Du zu einem Minengang hier drunter? fragte er.
– Das wird ein hartes Stück Arbeit geben, doch wir sind ja keine Müßiggänger!« antwortete Octave, bereit zu jedem Versuche.
Die Arbeit begann. Erst mußte der Grund der Mauer bloßgelegt und ein eiserner Hebel in den Spalt zwischen zwei Bruchsteinen eingetrieben werden, um einen derselben auszubrechen; nachher wurden mittelst eines Bohrers mehrere kleine, parallele Löcher hergestellt. Gegen zehn Uhr war die Arbeit vollbracht; die Dynamitpatronen lagen an ihrer Stelle und die Lunte ward entzündet.
Marcel kannte ihre Brenndauer von fünf Minuten, und da er wußte, daß sich unter dem Speisehause ein gewölbter Keller befand, flüchtete er mit Octave einstweilen in diesen Raum.
Plötzlich erzitterte das Gebäude sammt dem Keller wie von einem Erdbeben. Gleich darnach erschütterte die Luft ein entsetzliches Krachen, so als hätten drei bis vier ganze Batterien mit einem Male gefeuert. Nach weiteren zwei bis drei Secunden stürzte eine ganze Lawine nach allen Seiten verstreuter Sprengstücke zur Erde.
Eine Zeit lang hörte man nichts als das Dröhnen zusammenbrechender Dächer, krachenden Balkenwerks, einstürzender Mauern und dazwischen das Klirren zerspringender Fensterscheiben.
Endlich ward es wieder still. Octave und Marcel verließen ihren Schlupfwinkel.
Trotz seines Vertrautseins mit den Wirkungen explosiver Stoffe, erstaunte Marcel doch nicht wenig über die angerichtete Verheerung. Die Hälfte des Sectors war gesprengt und die abgerissenen Mauern aller in der Nähe des Centralblocks befindlichen Werkstätten glichen mehr einer bombardirten Stadt. Ueberall lagen die Trümmer umher, Glasscherben und Metallplatten bedeckten den Boden, während ganze Wolken von Staub, welche über der Stelle der Explosion langsam aus der Luft herniedersanken, sich schneeähnlich über die Ruinen ablagerten.
Marcel und Octave eilten nach der inneren Mauer. Auch diese zeigte sich in einer Breite von fünfzehn bis zwanzig Meter zerstört, und auf der anderen Seite der Bresche sah der frühere Zeichner des Centralblocks nun den ihm wohlbekannten Hof, in dem er so viele eintönige Stunden verbracht hatte.
Da dieser Hof jetzt unbewacht war, konnte man das ihn umschließende Eisengitter ohne Schwierigkeit übersteigen, was denn auch bald geschah.
Ueberall dieselbe Grabesstille.
Marcel schritt durch die Säle, wo die Kameraden früher seine Entwürfe bewundert hatten. In einer Ecke fand er auch die halbvollendete Zeichnung zu einer Dampfmaschine wieder, an der er eben arbeitete, als Herr Schultze ihn damals in den Park abrufen ließ. Im Lesesaale lagen die Zeitungen neben den gewöhnlich benützten Büchern.
Alle Gegenstände hier verriethen eine plötzlich aufgehobene Bewegung, eine schroff unterbrochene Thätigkeit.
Die jungen Leute gelangten zur inneren Grenze des Centralblocks und befanden sich bald an der Mauer, welche sie, Marcels Meinung nach, von dem Parke noch trennte.
»Werden wir auch diese Bruchstücke noch sprengen müssen? fragte ihn Octave.
– Vielleicht…. Doch um hindurch zu gelangen, können wir zunächst die Thüre aufsuchen,
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