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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Erlösung und der Freude, eine festliche Stimmung, als Alle erleichtert aufathmeten. Man drückte einander unter Glückwünschen die Hände und lud sich gegenseitig zu Tische ein. Die Frauen glänzten wieder in frischen Toiletten, die Männer nahmen sich einstweilen Urlaub von den Exercitien, Manövern und Arbeiten. Alle Welt fühlte sich gesichert, befriedigt, geistig erregt. Man hätte eine Stadt voll Wiedergenesener vor sich zu haben geglaubt.
     

    Sie beeilten sich, hinunterzugleiten. (S. 163.)
     
    Der Glücklichste von Allen war ohne Zweifel aber Doctor Sarrasin selbst. Der wackere Mann fühlte sich verantwortlich für das Wohlergehen Aller, die sich im Vertrauen auf ihn innerhalb seines Gebietes niedergelassen und unter seinen Schutz gestellt hatten. Schon seit einem vollen Monat ließ ihn die Furcht, Diejenigen in’s Verderben gelockt zu haben, deren Glück er ja nur zu befördern suchte, keinen Augenblick Ruhe finden. Endlich schwand dieser ungeheure Alp von seiner Brust und er konnte wieder frei aufathmen.
    Die allgemeine Gefahr hatte die Bürger der Stadt jedoch nur noch mehr einander genähert. Alle Gesellschaftsclassen traten damit in innigere Beziehung zu einander; Jeder erkannte in dem Anderen den Bruder, der von den nämlichen Gefühlen beseelt, von dem gleichen Interesse beeinflußt war. Im Herzen jedes Einzelnen erwachte damit eine ganz neue Empfindung. Von jetzt ab besaßen die Einwohner France-Villes wirklich ein gemeinsames »Vaterland«. Man hatte für dasselbe gefürchtet, gelitten und war sich damit erst bewußt geworden, wie sehr man es liebte.
    Die Stadt erzielte von dieser plötzlichen Versetzung in Vertheidigungszustand sogar gewisse materielle Erfolge. Man hatte seine Kräfte kennen gelernt und brauchte sie bei später vorkommender Gelegenheit nicht erst zu improvisiren. Mit einem Wort, man war seiner selbst sicherer geworden und in Zukunft für jeden Fall bereit.
    Noch niemals hatte Doctor Sarrasin’s Schöpfung Gelegenheit gehabt, eine so glänzende Probe ihrer Lebensfähigkeit abzulegen. Man erwies sich auch immerhin eine seltene Erscheinung – nicht unerkenntlich gegen Marcel. Obwohl die Rettung Aller jetzt nicht eigentlich sein Werk zu nennen war, so belohnte man den jungen Ingenieur, der die Vertheidigung organisirt und dessen Opferwilligkeit die Stadt vor dem völligen Untergange bewahrt hätte, im Falle Herrn Schultze’s böse Absichten in Erfüllung gingen, doch wenigstens durch den Ausdruck des öffentlichen Dankes.
    Marcel selbst hielt seine Rolle indeß damit noch nicht für beendigt. Das Geheimniß, welches Stahlstadt jetzt verhüllte, konnte jeden Augenblick, so meinte er, eine neue Gefahr gebären. Er mochte sich nicht eher für befriedigt erklären, als bis er in das Dunkel, das jetzt über des Stahlkönigs Etablissement lagerte, volles Licht verbreitet sähe.
    Deshalb beschloß er auch, nach Stahlstadt zurückzukehren und vor nichts zurückzuschrecken, bis er den Schlüssel zu diesem Räthsel fände.
    Wohl machte ihm Doctor Sarrasin ernstliche Vorstellungen wegen der Schwierigkeiten, vielleicht auch der Gefahren dieses Beginnens, indem er sagte, jener liefe damit in den offenen Höllenschlund und bei jedem Schritte könne er in’s Verderben stürzen…. Seiner eigenen früheren Schilderung nach war Herr Schultze nicht der Mann dazu, so lautlos vom Schauplatze abzutreten und sich allein unter den Trümmern seiner Hoffnungen zu begraben…. Man werde nicht fehl gehen, auch den letzten Gedanken einer solchen Persönlichkeit zu fürchten – wie etwa den Hai im schrecklichen Kampfe mit dem Tode!….
    »Eben weil ich selbst der Meinung bin, lieber Doctor, daß Alles, was Sie denken, möglich ist, halte ich es für meine Pflicht, nach Stahlstadt zu gehen. Mir scheint es, als läge eine Bombe vor mir, deren Zünder zu entfernen, meine Aufgabe ist, und ich möchte Sie sogar um die Erlaubniß bitten, Octave mitnehmen zu dürfen.
    – Octave! rief der Doctor.
    – Ja wohl! Er ist jetzt ein wackerer Mann geworden, auf den man zählen kann, und ich versichere Sie, daß ihm der Spaziergang nur heilsam sein wird.
    – So nehme Gott Euch Beide in seinen Schutz!« erwiderte der Greis, ihn gerührt in die Arme schließend.
    Am folgenden Morgen setzte ein Wagen Marcel und Octave, nachdem sie durch die verlassenen Dörfer der Umgebung gefahren, vor dem äußeren Thore von Stahlstadt ab. Beide waren mit Waffen und allem Nothwendigen reichlich versehen und entschlossen, nicht eher

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