Die fünfhundert Millionen der Begum
wahrhaft blitzartige sein. Herrn Schultze überraschte der Tod in derselben Stellung, die er im Momente der Explosion inne hatte, indem er durch eine Kälte von über hundert Grad unter Null sofort mumificirt wurde.
Marcel’s Aufmerksamkeit erregte jetzt aber besonders die Wahrnehmung, daß der König von Stahlstadt mitten im Schreiben den Tod gefunden hatte.
Was mochte er wohl dem Papier mit jener Feder, die er noch immer in der Hand hielt, anvertraut haben? Es hätte gewiß die Neugier eines Jeden gereizt, den letzten Gedanken, die letzten Worte eines so eigenartigen Mannes zu erfahren.
Wie konnte man aber zu jenem Papiere gelangen? Zunächst war überhaupt nicht daran zu denken, durch Zerdrücken der Glaslinse sich Eingang in das Laboratorium selbst zu verschaffen. Die darin unter gewaltigem Drucke eingeschlossene Kohlensäure wäre unzweifelhaft nach außen entwichen und hätte jedes lebende Wesen umhüllt und rasch erstickt. Auf diese Weise wäre man also nur einem gewissen Tode entgegen gegangen und offenbar stand die Gefahr in keinem Verhältniß zu den Vortheilen, welche der Besitz jenes Papieres versprach.
Erschien es nun so gut wie unmöglich, Herrn Schultzes Leichnam die letzten von seiner Hand geschriebenen Zeilen zu entreißen, so konnte man dieselben vielleicht von außen entziffern, da sie durch die Strahlenbrechung der Linse vergrößert erschienen und von dem mächtigen Scheine der zwei elektrischen Lampen tageshell erleuchtet waren.
Marcel kannte ja Herrn Schultze’s Handschrift und nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm wirklich, die folgenden Zeilen zu enträthseln.
So wie Alles, was Herr Schultze aufzeichnete, enthielten auch diese mehr einen Befehl als etwa eine Instruction.
»Ordre an B. K. R. Z., binnen vierzehn Tagen mit der gegen France-Ville ausgerüsteten Expedition aufzubrechen. – Gleich nach Empfang dieser Ordre die von mir vorbereiteten Maßregeln zur Ausführung zu bringen. – Das diesmalige Experiment muß vernichtend und vollständig wirken. – Aendern Sie kein Jota an meinen Anordnungen. – Ich will, daß France-Ville nach vierzehn Tagen eine todte Stadt und kein Bewohner derselben am Leben sei. – Ich brauche ein modernes Pompeji und will damit Schrecken und Bestürzung über die ganze Welt verbreiten. – Wenn mein Befehl richtig ausgeführt wird, so wird dieser Erfolg unzweifelhaft erreicht.
– Die Leichen des Doctor Sarrasin und Marcel Bruckmann werden Sie hierher senden. – Ich will Sie sehen und besitzen.
– Schultz….«
Die Unterschrift war unvollendet; das »e« am Ende und der gewöhnliche Zug unter dem Namen fehlten noch.
Stumm und regungslos standen Marcel und Octave eine Zeit lang diesem fremdartigen Anblick gegenüber, die entsetzten Zeugen der Berufung eines bösen Geistes vor das ewige Gericht, eines Geistes, dessen Bestrebungen sich in unerhört phantastischen Regionen verloren.
Endlich mußten sie sich doch dieser traurigen Scene entreißen. Tief im Innern erregt, verließen die beiden Freunde den Saal über dem unheimlichen Laboratorium.
In diesem Grabe, in dem vollkommene Dunkelheit herrschen mußte, wenn die Lampen nach dem Aufhören des elektrischen Stromes verlöschten, sollte also der Leichnam des Stahlkönigs allein ruhen, erstarrt und vertrocknet wie eine Mumie aus der Pharaonenzeit, welche auch zwanzig Jahrhunderte noch nicht zu Staub zu verwandeln vermochten….
Eine Stunde später, und nachdem sie auch Sigimer, der sich über die wiedergeschenkte Freiheit herzlich befriedigt zeigte, wieder losgebunden, eilten Octave und Marcel aus Stahlstadt hinweg und schlugen den Weg nach France-Ville ein, wo sie am Abend glücklich anlangten.
Doctor Sarrasin arbeitete eben in seinem Cabinet, als man ihm die Rückkehr der beiden jungen Leute meldete.
»Laßt sie herein, rief er, schnell herein!«
Sein erstes Wort, als er der Beiden ansichtig wurde, war:
»Nun?
– Die Nachrichten, welche wir von Stahlstadt bringen, Herr Doctor, begann Marcel, sind derart, daß sie uns für lange Zeit Ruhe sichern. Herr Schultze ist nicht mehr! Herr Schultze ist todt!
– Todt!« rief Doctor Sarrasin.
Nachdenklich und ohne ein Wort zu sprechen, stand der gute Doctor eine Weile vor Marcel.
»Mein Kind, sagte er darauf mit weicher Stimme, begreifst Du, daß diese Neuigkeit, welche mich erfreuen sollte, da sie uns von dem befreit, was ich am meisten verabscheue, von dem Kriege und noch dazu von dem ungerechtesten, grundlosesten Kriege, begreifst
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