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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Sie bestellte Getränke und Käsesandwiches. Greg Starkey mied ihren Blick.
    «Mann, sind hier viele Leute», sagte Gomer.
    «Hmm. Es ist die religiöse Bewegung, die am schnellsten wächst, und das wollen sie wohl beweisen.»
    «Da sind sie nicht die Einzigen. Auf ’ner Lichtung im Wald in der Nähe des alten Pfarrhauses stehen ’ne ganze Menge Kleinbusse. Machen Lagerfeuer, die Idioten. Sind wohl Heiden.»
    Merrily seufzte. «Das hat uns noch gefehlt.»
    «Auf dem alten Schulhof, wo Dr.   Colls Praxis ist, stehn zwei Polizeiwagen. Auf Weals Auffahrt steht noch einer. Is doch lustig – die zwei größten Verbrecher in East Radnor, und beide verstehn sich bestens mit der Polizei.»
    Merrily legte ihre Zigaretten und ihr Feuerzeug auf den Tisch.
    «Haben Sie noch mehr rausgefunden?»
    «War bei Nev.»
    «Bei Ihrem Neffen?»
    «Hm. Guck da ab und zu mal vorbei, will sichergehen, dass er sich um die Arbeiter kümmert. Nev spielt Golf mit ’nem Anwalt aus Llandod, hat ihn für mich ma unauffällig ’n bisschen ausgefragt. Er sagt, Weals liebste Patienten sind die
alten
Patienten, vor allem die, die nich mehr ganz beinander sind.»
    «Die langsam senil werden?»
    «Un er nimmt den Leutchen ihre Sorgen ums Testament ab. Rührend, was? Wer soll was kriegen, wenn sie mal ins Gras beißen. So ein guter Arzt is der. Un dann empfiehlt er noch ganz selbstlos ’nen guten Anwalt. Das beruhigt enorm, vor allem, wenn man nie ’nen eigenen Anwalt hatte.»
    «Sind das meistens Zugezogene? Leute, die ein bisschen Orientierungshilfe gebrauchen können?»
    «Ganz genau, Frau Pfarrer. Dieser Junge aus Llandod vermutet, dass Weal am laufenden Band Leute zugeschustert werden, Empfehlung von dem netten, freundlichen Onkel Doktor. Bestätigt das ungefähr, was Sie gehört haben?»
    «Passt genau. Und vermutlich finden wir auch noch einen netten, freundlichen Pfarrer.»
    Zwei Motorradfahrer kamen herein. Einer trug eine Lederjacke, unter der ein weißes T-Shirt mit einem schwarzen Drachenmotiv zu sehen war. Der Drache lag auf dem Rücken, in seinem Schlund steckte ein Schwert. Schwer zu sagen, zu welcher Seite sie gehörten.
     
    Um vier Uhr sah die Ruine von St.   Michael aus wie ein altes, gestrandetes Schiff, das auf die nächtliche Flut wartete, um wieder in See stechen zu können.
    «Wenn all die Kerzen brennen, wird es aussehen wie eine Geburtstagstorte», sagte Betty mit Abscheu. «Von hier kann man sie nicht sehen, aber überall stehen Kerzen und Fackeln bereit. In den Fenstern, auf den Mauern, zwischen den Turmzinnen. Man wird es meilenweit sehen können.»
    «Als öffentliches Zeichen.»
    «Ja. Nachdem wir unsere Zeremonien jahrhundertelang unauffällig im Wald oder irgendwelchen Hinterzimmern abgehalten haben, wagen wir uns jetzt raus.»
    Merrily und Betty hatten sich am Waldrand bei der Brücke getroffen. Der Himmel hatte sich zugezogen, niedrig hängende Wolken umgaben die sinkende Sonne, und Frost lag in der Luft.
    «Will Bain das Ganze immer noch nackt machen?»
    «Vermutlich. Sie wollen im Kirchenschiff in einem Kreis aus Steinen ein kleines Feuer machen und Rücken an Rücken tanzen, die Arme ineinandergehakt. Das ist nicht so dumm, wie es klingt. Nach einer Weile merkt man es nicht mehr. Man glüht richtig.»
    Wie beim Singen in Zungen, dachte Merrily. Von der anderen Seite der Ruine war ein Lied zu hören: Die Christen standen am Gatter.
    «Damit hören sie wahrscheinlich die ganze Nacht nicht mehr auf.»
    «Im Ort sind jedenfalls noch viel mehr von ihnen.»
    Betty fröstelte. «Ned glaubt, dass die spirituellen Spannungen den Ritus verstärken. Er sagt, wir können uns ihre Energie aneignen. Das ist absolut nicht in Ordnung.» Sie schüttelte sich. «Ich muss die hier rauskriegen, alles abschließen und   … versuchen, meine Ehe zu retten.»
    «Werden Sie hierbleiben   … danach?»
    Betty schüttelte den Kopf. «Wir würden das nicht überstehen. Wir werden mit dem Haus alles verlieren, aber mir ist es egal, ob wir kein Geld mehr haben. Das einzige Problem ist, dass ich mich schuldig fühlen würde, wenn jemand anders hier leben müsste. Ich wünschte, wir könnten es an eine Abfallentsorgungsfirma oder so verkaufen.»
    «Sie machen sich unnötige Sorgen. Das Hauptproblem schaffen wir heute Abend aus der Welt», sagte Merrily.
    «Nein. Es war dumm von mir, Sie darum zu bitten.» Betty sah sie an, die grünen Augen voller Trauer, ohne Hoffnung. «Ich habe nicht nachgedacht. Das hier ist Teil einer

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