Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
eigenes Ding macht. Was in mancher Hinsicht vermutlich bewundernswert ist.»
    «Das ist in
jeder
Hinsicht bewundernswert. Dies ist eine unabhängige Region. Wozu brauchen wir die Funktionäre aus Cardiff und London und Canterbury? Die Engländer. Sogar die Waliser   … alle denken, sie könnten herkommen und machen, wozu sie Lust haben. Als Landrat Prosser noch im Radnor-Bezirksrat war, mussten sie junge Beamte beschäftigen, die uns hier mit ihren neumodischen Ideen gekommen sind – die Hälfte von ihnen Hippies und Vegetarier. ‹Oh,
da
dürfen Sie nicht bauen   … Sie müssen diese Schieferfarbe für Ihr Dach nehmen   … Sie dürfen dies nicht, Sie dürfen das nicht.› Na ja, denen hat man dann ziemlich schnell ihre Grenzen aufgezeigt. Die
Einheimischen
sind die, die das Sagen haben.
Wir
wissen, was gebraucht wird,
wir
wissen, wie es läuft. Und Vater Ellis ist, auch wenn er nicht von hier kommt, ein Mann mit traditionellen Werten und einer klaren, pragmatischen Herangehensweise. Er
versteht
was von Tradition.»
    Merrily war es leid. «Wie viele Leute hat er bis jetzt exorziert?»
    «Die sind alle aus freien Stücken zu ihm gekommen.»
    «So wie Ihr Sohn?»
    Pause. «Das haben Sie mal wieder von Gomer Parry.»
    «Es spielt keine Rolle, woher ich das habe. Ich habe mich nur gefragt, ob Ihr Sohn tatsächlich zu Ellis gegangen ist und ihn gefragt hat, ob er ihm den Teufel austreibt.»
    «Seine Eltern haben ihn zu ihm gebracht», sagte Judith erbost. «Das ist heutzutage auch so ein Problem: Eltern übernehmen keine Verantwortung mehr.
Wir
haben ihn zu Vater Ellis gebracht, Landrat Prosser und ich. Das war unsere Pflicht.»
    «Und Sie glauben wirklich, dass er einen Dämon in sich hatte?»
    «Oh   … Mrs.   … Watkins   …» Judith stand ärgerlich auf. «Siehaben
alle
einen Dämon in sich. Früher wurde er in der Schule aus ihnen herausgeprügelt. Heutzutage wird ein Lehrer gleich verklagt, wenn er auch nur die Hand gegen ein Kind erhebt, und der arme Richter hat überhaupt keine Möglichkeit, ihm zu helfen.»
    «Verstehe.» Es hatte eine schreckliche Logik: Exorzismus als Instrument der öffentlichen Ordnung. Offensichtlich hatten die einheimischen Frauen beschlossen, dass der lüsterne Dämon in Marianne Starkey – der den einen oder anderen einheimischen Mann vielleicht etwas ruhelos, ein kleines bisschen munter machte – ausgemerzt werden musste, bevor er Ärger verursachte. Und Mariannes Reaktion auf die männliche Hexe würzte das Ganze auf pikante Weise.
    «Menna», sagte Merrily. «Was ist mit Menna?»
    Judith erstarrte fast unmerklich.
    «Judith, ist Menna von sich aus zu Vater Ellis gegangen und hat ihn um einen Exorzismus gebeten, um den lästigen Geist von Mervyn Thomas loszuwerden?»
    Judith schwieg.
    «Oder war das J.   W.s Idee? In seiner Rolle als Ehemann. Und Vaterfigur.»
    «Woher wissen Sie, dass sie geläutert wurde?», fragte Judith.
    «Das wurde sie doch, oder nicht?»
    «Geht das Sie oder mich irgendetwas an?» Das erste Zeichen eines Kontrollverlusts. «Woher soll ich denn über die privaten Angelegenheiten von Mr. und Mrs.   J.   W.   Weal Bescheid wissen? Sollte ich vielleicht ihr ganzes
Leben
lang auf sie aufpassen?»
    «Sie haben sich doch offensichtlich Sorgen um sie gemacht. Sie haben sie regelmäßig besucht. Sie waren, nach allem, was ich höre, Ihre einzige wirkliche Freundin. Wenn jemand hätte erkennen können, dass sie   … immer noch ein Opfer war, dann Sie.»
    «Er hat sie geliebt!»
    «Er hat sie
erstickt
, Mrs.   Prosser. Als sie im Krankenhaus war, hat er sie gepflegt, er hat sie gewaschen, er hat die Schwestern kaum in ihre Nähe gelassen. Ich habe ihn mit einer Schale Wasser gesehen, als würde er sie taufen. Als würde er bekräftigen, was Vater Ellis gemacht hatte.»
    «Sie sehen auch alles, oder?»
    «Ich war einfach zufällig da, mit Gomer, in der Nacht, in der Minnie gestorben ist. J.   W. war wie ein Priester, der seiner Frau die letzte Ölung spendet. Aber sie war schon tot. Ellis hat auf der Beerdigung gesagt, dass er die beiden zusammen getauft hat. War diese Taufe öffentlich? Waren Sie dabei?»
    Judith ging zu dem kleinen Fenster und sah hinaus. Sie dachte nach. Und sie wollte ganz offensichtlich nicht, dass Merrily ihr dabei zusah.
    «Nein», sagte sie schließlich. «Nein, ich war nicht dabei.»
    «Sehe ich das richtig, dass Menna   … dass die Leute sie für besessen gehalten haben, von ihrem Vater?»
    «Er war kein angenehmer Mann»,

Weitere Kostenlose Bücher