Die fünfte Kirche
Behandlungszimmer wechselten. Die Tür war zu, und eine Metalllampe beschien einen Schreibtisch, von dem sämtliche Unterlagen geräumt worden waren.
Die Aussagen waren aufgenommen und unterschrieben worden. Jane schlief auf Dr. Colls Sofa. Sophie hatte Eirion nach Hereford gebracht.
Polizeipräsident Gwyn Arthur Jones hatte seine Pfeife hervorgeholt und in Dr. Colls Aktenschrank eine Flasche Single Malt gefunden.
«Is mir nich mehr ausm Sinn gegangen, dieser Erdhügel», sagte Gomer. «Warn Amateure am Werk, das hätt sogarn Blinder gesehen. Warum hätt der verdammte Gareth da nochmal graben und dann alles zurückräumen sollen, wenn er nicht nach ’nem Schatz suchte, und Gareth würd ’nen Schatz nur dann erkennen, wenn er in ’ner messingbeschlagenen Truhe is un ‹Schatz› draufsteht.»
«Und Mrs. Prosser?» Der Akzent des Polizeipräsidenten klang nach West Wales, weich, so sprach man nur, wenn man mit diesem Akzent aufgewachsen war. «Hat denn niemand irgendwann mal was Schlechtes über sie gesagt, war niemand misstrauisch?»
«Judy?» Gomer schüttelte den Kopf, als wollte er gar nicht mehr damit aufhören. «Ich nich … Aber sie is immer wieder aufgetaucht. Ich hab zur Frau Pfarrer gesagt: Sie sollten mit Judy sprechen …Judy is schlau … Judy weiß Bescheid. Verdammt, Gwyn, ich wär nie drauf gekommen, dass Judy
alles
wusste.»
«Das hat sie offenbar sehr gut verheimlicht.» Gwyn Arthur nippte an Dr. Colls Whiskey. Merrily hatte bemerkt, dass er eine Zwanzig-Pfund-Note in den Schrank gelegt hatte, als er die Flasche herausnahm. «Und irgendwie glaube ich, dass sich das auch nicht ändern wird. ‹Mrs. Prosser, die Frau des Landrats, die Frau des ehemaligen Vorsitzenden des Polizeikomitees› – immer wieder kommt so etwas, der Name, der Rang, die Bedeutung.»
«Das ist hier wie ’n Zeugnis», sagte Gomer, «hat ’ne Riesenbedeutung.»
«Und Dr. Collard Banks-Morgan, ehemaliger Polizeiarzt – er sagt, die Anschuldigungen, die ihn betreffen, seien lachhaft. Was uns auch Mr. Weal versichert hätte, wenn der arme Mann sich nicht das Leben genommen hätte. Ich befürchte, Menschen, die schlauer sind als ich, werden einige Tage mit Mr. Weals Akten verbringen müssen.»
Gwyn Arthur Jones füllte noch mehr Whiskey in die kleinen Plastikbecher, in denen man seine Medizin bekam.
«Alles in allem», sagte er, «habe ich in meiner gesamten Berufslaufbahn noch nie so viele respektable Menschen so konsequent lügen hören. Es tut mir aufrichtig leid, Mrs. Watkins, aber Sie werden einen erheblichen Teil Ihrer Zeit für die Zeugenbefragungen vor Gericht opfern müssen.»
«Was werden Sie mit Ellis machen?», fragte Merrily.
«Wir behalten ihn bis zum Morgen in Gewahrsam, und dann werden wir wohl über die Anklage nachdenken müssen. Im Moment fürchte ich, dass es um nicht viel mehr als mutwillige Sachbeschädigung gehen wird, ungeachtet der tragischen Folgen. Er musste ja nicht mal in den Turm einbrechen, hat sich einfach von innen verbarrikadiert. Was später passiert ist, war – so wie er es darstellt – ein unglückseliger Unfall. Er hat es nicht einmal als denWillen Gottes dargestellt. Die Brüstung des Turms war höchst instabil, diese Entdeckung hat der arme Major Wilshire ja mit dem Leben bezahlt. Ellis sagt, er wollte nicht, dass all diese Mauersteine herunterstürzen.»
«Was ist mit den Aufnahmen der Kamerateams?»
«Die sind sehr gut, wenn es um das Ergebnis des Ganzen geht, aber die Beleuchtung war nicht stark genug, um bis zur Turmspitze hinauf zu reichen – oder um zu sehen, welche Bewegungen Ellis gemacht hat, bevor die Steine herunterfielen. Ich wünschte wirklich, es wäre anders, aber so ist es leider.»
Merrily zündete sich eine Zigarette an, ihre Finger wollten immer noch nicht aufhören zu zittern. «Ich gebe nicht auf, was diesen Mistkerl betrifft. Erwarten Sie mich heute auf dem Revier, ich bringe eine Mrs. Starkey mit, und wenn ich sie an den Haaren hinzerren muss. Aber ich glaube nicht, dass es dazu kommt. Nicht nach allem, was heute passiert ist.»
«Ja, sexuelle Nötigung wäre ein aussichtsreicherer Anklagepunkt.» Gwyn Arthur Jones trank seinen Medizinbecher aus und ging zum Fenster. Die einzigen Fahrzeuge, die noch zu sehen waren, waren die Polizeiwagen, Merrilys Volvo, Gomers Landrover und Nevs Laster mit dem Bagger auf der Ladefläche. Gwyn Arthur kam zurück, setzte sich und sah Merrily nachdenklich an.
«Was noch? Was
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