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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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mir von der   … Besessenheit.»
    «Im Wesentlichen glaube ich, dass es Ihre Aufgabe ist, sie zu befreien. Die Besessenen, meine ich.»
    Merrily stellte zwei Becher auf den Tisch. «Milch?»
    «Ein bisschen. Keinen Zucker.»
    Merrily nahm die Milch aus dem Kühlschrank.
    «Das ist ein großes Wort, Barbara.»
    «Ja.»
    «Und es wird oft falsch gebraucht – das muss ich an dieser Stelle sagen.»
    «Wir sollten beide geradeheraus sein.»
    «Ich sollte Ihnen auch sagen, dass ich bisher noch keinen echten Fall von Besessenheit erlebt habe. Allerdings mache ich diese Arbeit auch noch nicht sehr lange.»
    «Vielleicht ist Besessenheit nicht das richtige Wort. Vielleicht habe ich es nur benutzt, um mir Ihre Aufmerksamkeit zu sichern.» Barbara sah unzufrieden aus, sie warf ihren Schal auf den Tisch. «Ich bin fast mein ganzes Leben lang zur Kirche gegangen. Meistens aus Gewohnheit, das gebe ich zu; manchmal, weil ich das Bedürfnis hatte. Ich habe keine Zeit für   … Mystik. Ich bin nicht so abgehoben.»
    Merrily lächelte. «Nein.»
    «Aber Menna ist jahrelang besessen gewesen. Verstehen Sie, was ich meine? Weal hat sie erstickt, als sie noch am Leben war, und jetzt, wo sie tot ist, will er sie nicht gehen lassen.»
    Eileen hatte gesagt:
«Er hat nach einer Schüssel und einem Waschlappen gefragt und sie gewaschen. Sehr zärtlich. Würdevoll, könnte man sagen. Und dann hat er sich selbst gewaschen: sein Gesicht, seine Hände, mit demselben Wasser.»
    Und er hatte sie in die Leichenhalle begleitet. Ob Barbara das wusste?
    Merrily hörte, wie Jane die Seitentür aufschloss und nach oben in ihr Apartment ging.
    «Sie waren unsere Anwälte», sagte Barbara. «Ich glaube, damals hat so ziemlich jeder zu ihren Klienten gehört. Weal und Sohn   … der erste Weal war Jefferys Großvater, ‹und Sohn› war sein Vater R.   T.   Weal. Ich hab Jeffery, glaube ich, zum ersten Mal gesehen, als er fünfzehn war – ein schwerfälliger, mürrischer Junge, langsam in jeder Hinsicht, aber äußerst zielstrebig. Seine Zukunft war von jeher in Stein gemeißelt: Weal und Sohn und Sohn, bis ansEnde aller Tage. Ich hab sie gehasst, ihre absolute
Unveränderlichkeit
– gleicher Stuhl, gleicher Schreibtisch, gleiche dunkle Tweed-Anzüge, gleiches dunkles Auto.»
    «Eileen Cullen sagte, dass er für Ihre Schwester wahrscheinlich eine Art Vaterersatz geworden ist», sagte Merrily. «Menna hatte sich ja so lange um Ihren Vater gekümmert. Ich nehme an, Ihr Vater war Witwer?»
    «Seit sechzehn oder siebzehn Jahren schon. Judith hat es mir geschrieben, meine Freundin in Old Hindwell. Mein Vater hätte es mir nicht gesagt; ich habe für ihn nicht mehr existiert. Und er war selbst krank. Später ist mir klar geworden, dass Menna nie einen festen Freund hatte oder auch nur Bekannte. Sie hat die besten Jahre ihres Lebens an ihren verdammten Vater verloren und den Rest an Weal. Und Jeffery wurde natürlich der sprichwörtliche Fels in der Brandung, als der Alte gestorben ist.»
    «Also hat er sich um sie gekümmert?»
    «Er hat die Chance ergriffen, ein schwaches, unerfahrenes Mädchen   … Ich habe sie vor ungefähr zwei Jahren besucht. Damals war ich gerade pensioniert worden. Meine Tochter hatte geheiratet, mein Mann war nicht da – also bin ich eines Morgens einfach ins Auto gestiegen und hingefahren. Ich habe an ihrer Tür geklopft   …» Sie blickte ins Leere. «Menna schien so   … so gar nicht überrascht, so völlig ungerührt und auch kein bisschen neugierig. Ich hatte vergessen, wie die Menschen hier sein können. Sie stand einfach da und hat mich nicht einmal ins Haus gebeten. Sie hat mit mir gesprochen, als wäre ich eine Nachbarin, die sie zwar manchmal sieht, aber nicht besonders mag.»
    «Und Sie hatten sich nicht gesehen, seit sie ein Baby war?»
    Die Frau schüttelte den Kopf. «Sie war ungeschminkt, blass, fast bleich. Aber hübsch. Entweder wusste sie nicht, wer ich war, oder es hat ihr nichts bedeutet. Sie hätte genauso gut schon tot sein können.»
     
    Jane nahm das schnurlose Telefon von der Station in Moms Schlafzimmer und ging damit nach oben in ihre drei Räume unter dem Dach, die jetzt ihr Apartment waren: ein Schlafzimmer, ein Wohn-Arbeitszimmer und ein halbfertiges Bad. Sie machte Licht an, zog ihre Jacke aus und setzte sich aufs Bett. Sie dachte an den armen Gomer, der ganz allein zurück in das Haus musste, das voll mit Minnies Sachen war. Ihr kamen die Tränen.
    Dieser beschissene Tod!
    Jane wischte

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