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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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glaubst oder nicht, sprich wenigstens ein Gebet. «Ich würde
gerne
helfen, wenn ich kann.»
    Aber in diesem Fall war es noch mehr. Merrily war neugierig geworden. Es deutete alles darauf hin, dass mehr hinter dieser Sache steckte. Warum sollte diese Frau das Gefühl haben, ihr würde die Schwester geraubt, wenn sie diese Schwester nie richtig gekannt hatte?
    «Dann kommen Sie zur Beerdigung», sagte Barbara.
    «Ich?»
    «Ist das zu viel verlangt?»
    «Nein, nein, aber   –»
    «Sie waren bei ihr im Krankenhaus.»
    Merrily fragte sich wieder, ob sie Barbara Buckingham erzählen sollte, was sie auf der Station gesehen hatte. Offensichtlich hatteCullen es nicht getan, sonst hätte Barbara es erwähnt. Sie erinnerte sich daran, dass ihr die Art und Weise, auf die Weal erst Menna und dann sich selbst mit Wasser betupft hatte, vorgekommen war wie ein Ritual. Er hatte nicht gewollt, dass die Schwestern versuchten, sie zu füttern. Er hatte nicht gewollt, dass Merrily für sie betete. Es ging wahrscheinlich wirklich um eine Art von Besitz.
    Sie beschloss, nichts zu sagen. Das würde eine angespannte Situation nur noch mehr belasten.
    «Na gut, ich versuche es. Wann ist es?»
    «Am Samstag um halb vier. In der Dorfhalle von Old Hindwell.»
    «Das müsste klappen. Wie kann ich Sie erreichen, falls mir etwas dazwischenkommt?»
    «Wenn Sie es nicht schaffen, schaffen Sie es eben nicht.»
    «Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Haben Sie   … mit Mr.   Weal gesprochen?»
    «Nein, so weit bin ich noch nicht», sagte Barbara. «Aber ich sollte es tun. Danke, Merrily.»

10
Das Nachtleben von Old Hindwell
    Als sie mit dem Abendessen fertig waren, breitete Robin auf dem Küchentisch die Karte aus.
    «Guck mal, Bets.» Er hielt seinen dicken, schwarzen Zeichenstift so, wie er bei einem Ritual seinen
Athame
hielt. «Es gibt wirklich eine Menge Kirchen rund um den Forst.»
    Das Lampenlicht schimmerte auf seinem dunklen Haar. Betty beugte sich über ihn. Er roch süß und warm, wie ein Welpe. Sie war unerwarteterweise ganz gerührt, er war auf eine so liebenswerte Weise unkompliziert.
    Und manchmal unerträglich naiv. Warum war jedes körperlicheBegehren sofort in Irritation umgeschlagen, seit sie hier waren? Sie sah sich in der Küche des Bauernhauses um. Warum war es hier noch so feucht, obwohl der Ofen seit einer Woche heizte? Sie fühlte sich klamm und unwohl, als hätte sie ihre Tage. Wenn Robin gesagt hätte: «Komm, wir lassen alles hinter uns und gehen», hätte sie keine Sekunde gezögert.
    Aber seit das E-Wort ausgesprochen worden war, hatte sich seine Haltung total verändert. Die Beklemmung hatte nur wenige Sekunden gedauert, dann hatte sein männliches Ego die Oberhand gewonnen. Robin wollte herausfinden, wo genau Ellis herkam, und ihn dann fertigmachen. Robin war vermutlich noch mehr aufgestachelt worden, weil Ellis Armeeklamotten getragen hatte. Kampfkleidung? Es erschreckte Betty, dass sie Robins Eifer sogar geteilt hätte, wenn es hier um das Haus von jemand anderem ginge, zum Beispiel um das Haus eines befreundeten Heiden, der moralische Unterstützung brauchte. Wenn sie ihre Kirche nicht schon viel zu sehr hassen würde, um sie verteidigen zu wollen.
    Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was sie empfunden hatte, als sie die Kirche das erste Mal gesehen hatte, aber es gelang ihr nicht.
    Robin hatte die Kirchen auf der Karte inzwischen mit Kreisen markiert. Die einzelnen Kirchen waren zwar nicht mit Namen verzeichnet, aber manchmal konnte man von Orten in der Nähe Rückschlüsse auf ihre Namen ziehen. Da Betty als Kind ein bisschen Walisisch gelernt hatte, konnte sie ihm dabei helfen.
    «Sieh mal, hier: Der Ort heißt Llanfihangel-nant-Melan. Llanfihangel heißt auf Walisisch ‹Kirche von St.   Michael›.»
    «Cool.» Robin malte einen weiteren Kreis um die Kirche. «Was ist damit, ist doch das gleiche Wort, oder?»
    «Llanfihangel Rhydithon, ja. Und hier ist noch eine. Drei St.-Michael-Kirchen, offenbar hat er recht.»
    «Da müssen noch mehr sein. Drei bilden noch keinen Kreis.»
    Mit raschen, klaren Strichen warf er eine Skizze auf seinen Zeichenblock. Zeichnungen waren wichtig für Robin, sie machten die Dinge real.
    «Wir wissen natürlich nicht, ob die Kirchen alle zur selben Zeit erbaut wurden. Ich weiß noch, dass ich als Kind manchmal in Llanfihangel Rhydithon war, ich glaube, die stammt noch nicht mal aus dem Mittelalter.»
    «Was zählt, ist die Stätte. Bist du jetzt unter die Agnostiker

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