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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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benannt.»
    «Hatten wohl früher nicht so viel Phantasie, die Leute.»
    Ellis hatte sein Beret abgenommen, sein Gesicht glänzte vom Regen.
    «Der Erzengel Michael ist der mächtigste von Gottes Kämpfern. Wenn mehrere Kirchen nach ihm benannt sind, deutet das auf eine sehr mächtige Barriere gegen das Böse hin.»
    «Und um welches Böse geht es hier genau, Nick?» Robin fand Ellis’ Gewohnheit, Fragen nicht zu beantworten, langsam extremnervend. Als wären seine Fragen zu dumm oder zu ungenau, schien Ellis lieber die Fragen zu beantworten, die Robin seiner Meinung nach hätte stellen sollen. Es ging Robin übrigens auch gegen den Strich, wenn Leute einfach so über das ‹Böse› sprachen, ohne zu sagen, was sie damit genau meinten.
    Ellis sagte: «An den Schulen hier sprechen die Kinder immer noch von einem Drachen im Radnor Forest, das gehört hier in der Gegend zur Folklore. Ein paar Kilometer von hier gibt es sogar eine Hügelkette, die sie den Drachenrücken nennen.»
    Robin zuckte mit den Schultern. «Das ist eigentlich nicht besonders ungewöhnlich.»
    «Nein, nicht besonders. Satan ist allgegenwärtig.»
    «Ist ein Drache denn notwendigerweise böse?» Robin dachte an die Fantasyromane von Kirk Blackmore, in denen Drachen furchterregende Mächte repräsentierten, die positiven Wandel brachten.
    Ellis sah ihn kalt an. «Ich würde annehmen, Robin, dass eine Drachenlegende und ein Kreis von Kirchen, die nach dem Erzengel Michael benannt sind, ein unwiderlegbarer Beweis dafür sind, dass hier dauerhaft etwas bekämpft werden musste.»
    «Das verstehe ich nicht.»
    «Ein Kreis von Kirchen.» Ellis spreizte seine Hände. «Eine heilige Schutzmauer. Und innen ist der Drache. Der ständig entkommen will. Aber immer wieder zurückgezwungen wird. Wieder und wieder   … bis die Mauer an einer Stelle nachgibt.»
    Ellis sah zu der Ruine hinüber wie ein Offizier, der die Größe des Schlachtfeldes abschätzt. Das war alles völlig verrückt.
    «Das Böse ist jetzt also da drinnen   … die Legende sagt – so steht es in den meisten Büchern über diese Region   –, dass der Drache entkommt, wenn auch nur eine der Kirchen fällt.»
    Er sah Robin direkt in die Augen.
    Robin sagte: «Aber   … das ist eine Legende.»
    «Der Kreis aus St.-Michael-Kirchen ist keine Legende.»
    «Sie glauben also, dass dieser Ort
böse
ist?»
    «Die Kirche ist stillgelegt. Sie steht nicht mehr unter dem Schutz des Erzengels Michael. Und das weist darauf hin, dass die Kirche   … Aufmerksamkeit nötig hat.»
    «Aufmerksamkeit?»
     
    Robin lachte auf, aber man merkte, dass dieses Lachen nicht von Herzen kam. Und Betty lachte gar nicht.
    «Was will er eigentlich von uns?»
    «Er   …» Robin schüttelte den Kopf. «Oh Mann. Er wollte mich warnen.»
    «Wovor denn? Was will er, sag schon!»
    «Er will hier einen Gottesdienst halten. Er glaubt, die Kirche wurde aufgegeben, weil der Drache reingekommen ist. Der Scheißdrache hat es sich hier gemütlich gemacht. Er glaubt, Gott hat ihn, Ellis, ausgewählt; hat ihm die größte Gemeinde gegeben, die’s hier in der Gegend jemals gegeben hat, damit er die Macht hat, den Drachen zu verjagen.»
    Betty schwieg.
    «Er will nur mit ein paar Freunden herkommen, Bets, und irgendeine Art Gottesdienst halten, das ist
alles

    «Was für eine Art Gottesdienst?»
    «Stell dir das doch mal vor: All die Bauern in ihren besten Anzügen, die Matronen mit ihren Sonntagshüten und Nick in seinem weißen Chorhemd – und alle stehen in einer Kirche ohne Dach und singen. In einer Stätte, die sie vor achthundert Jahren gestohlen und dann verkauft haben. Echt, das ist total verrückt. Das ist jetzt
unsere
Kirche. Auf
unserem
Hof. Und wir
mögen
Drachen!»
    Betty schwieg immer noch. Es hatte aufgehört zu regnen.
    Robin heulte auf wie ein Hund. «Was geht hier eigentlich vor? Was haben wir mit so einem Bibel-Freak zu tun?»
    «Und was hast du gesagt?»
    «Wenn ich kategorisch nein gesagt hätte, wär die Katze doch aus dem Sack gewesen. Deshalb hab ich – zu meiner Schande – gesagt: ‹Nick, ich kann mir nicht vorstellen, Sie hier einen Gottesdienst abhalten zu lassen. Sie sehen ja, dass hier alles voll Matsch und Pfützen ist. Lassen Sie uns ein bisschen Zeit, das alles in Ordnung zu bringen, wir sind ja erst ein paar Tage hier.› Ich weiß, das war jämmerlich von mir.»
    Sie schien ihm gar nicht zugehört zu haben, genau wie Ellis.
    «Robin, was für eine Art Gottesdienst?»
    «Er hat gesagt, es

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