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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Ihren Schöpfer gegen diese Art von Logik verteidigen. Ist an dem, was Ned gesagt hat, nicht durchaus was dran?»
    Er war dünn und nicht besonders groß. Seine Lippen formten ständig ein kleines V, als würde er gleich lächeln. Er war flink, unbefangen, und er redete viel. Vermutlich verdiente er sechsmal so viel wie ein Bischof – dieser aalglatte, omnipotente John Fallon in seinem Anzug aus glänzendem Stoff.
    «Da ist doch was dran, oder, Merrily?»
     
    Dabei hatte es keine Tricks und keine Überraschungen gegeben, es hatte genau so angefangen, wie Tania Beauman es vorhergesagt hatte: mit den Eltern Jean und Roger Gillespie, Verehrer der Göttin aus Taunton, Somerset, die wollten, dass die Religion ihrer Tochter von ihrer Grundschule akzeptiert wurde. Sie hatten noch zwei weitere Kinder, die bald in die Schule kommen würden, und sie wollten, dass in die Lehrpläne auch Isis, Artemis und Aradia aufgenommen wurden.
    Sie sind beide vollkommen humorlos, dachte Merrily, während Jean Gleichbehandlung mit dem Islam und dem langweiligen alten Christentum forderte, außerdem spezielle Bestimmungen, damit ihre Familie die Sonnenwende und die Tagundnachtgleiche feiern konnte und mindestens ein heidnisches Lied bei der wöchentlichen Schulversammlung.
    Fallon hatte diese ermüdende Aufzählung schließlich unterbrochen. «Und was genau machen Sie, Jean? Halten Sie in Ihrem Garten Nackt-Zeremonien ab? Was ist, wenn Ihre Nachbarn gleichzeitig eine Grillparty feiern?»
    «Unsere Rituale finden ganz unauffällig im privaten Rahmen statt und werden von unseren Nachbarn respektiert, die   –»
    «O.   k.» John Fallon wandte sich dem eleganten Mr.   Edward Bain zu.
    «Wir wollen heute über Religion sprechen», hatte Fallon zu Beginn der Sendung vom Teleprompter abgelesen, «und über das Recht jedes Einzelnen, zu seinem jeweiligen Gott zu beten. Einige von Ihnen werden das ein bisschen verrückt finden, vielleicht sogar beängstigend, aber Tausende von Heiden in Großbritannien behaupten, dass ihre Religion die einzig wahre Religion dieser Insel sei. Und sie wollen, dass ihre Zeremonien – bei denen man nackt ist und Sex hat – vom Staat und den Schulen anerkannt werden   …»
    Als er mit dem Rücken zu Merrily stand, sah sie das Kabel, dasvon dem Knopf in seinem Ohr wie eine Narbe über seinen Nacken lief. Darüber erhielt er Anweisungen oder Vorschläge des Regisseurs aus irgendeinem verborgenen Bunker.
    «Ned Bain», sagte Fallon, «Sie sind der Hohepriester eines Londoner Hexenkonvents – ist die Bezeichnung ‹Konvent› korrekt? – und außerdem Verleger und Experte für alte Religionen. Ich möchte, dass Sie mir kurz und verständlich erklären, warum
Sie
glauben, dass das Heidentum heute für diese Inseln wichtiger ist als das Christentum.»
    Und Edward Bain, ein Bein locker über das andere geschlagen, wie   … wie Sean es manchmal gemacht hatte   …, ein Fernseh-Naturtalent, begann, ohne zu stocken, mit seinen Ausführungen, den Blick scheinbar auf Fallon, eigentlich aber über ihn hinweg ins Studio gerichtet. Tatsächlich aber hatte er seinen Blick träge in den von Merrily versenkt   … und seine Augen – sie klammerte sich an ihren Sitz – waren
nicht
die von Sean.
    «Also, zunächst mal hat das Christentum seine zwei Jahrtausende gehabt», sagte er besonnen. «Zweitausend Jahre voller Kriege und Spaltungen, Unterdrückung und Verfolgung, Qual und Völkermord   … im Namen einer grausamen, despotischen Gottheit, die man sich im Mittleren Osten zusammenphantasiert hat.»
    In den Sitzreihen hinter Merrily atmeten die Zuschauer hörbar ein, zum Teil vor Ehrfurcht, zum Teil vor Entsetzen, zum Teil aus Bewunderung für eine so coole, überzeugend vorgetragene Blasphemie.
    «Zweitausend Jahre, in denen reiche Männer das unstillbare menschliche Verlangen nach Spiritualität zynisch ausgebeutet haben   … in denen Bauern geschröpft wurden, um diese großartigen, hochragenden Kathedralen zu bauen und zu erhalten, die geschaffen wurden, um Energien zu nutzen, die sie nicht einmal mehr verstehen   … all das war eine kurze, aber zerstörerische Periode derErdgeschichte. Eine einzige dunkle Nacht voll unerbittlicher Grausamkeit und Gewalt.»
    Schwacher Applaus. Bain sah immer noch Merrily an, die Mundwinkel bedauernd nach unten gezogen, in den Augen ein triumphierendes Leuchten. Der Raum zwischen ihnen schien zu schrumpfen, bis sie fast seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht fühlen konnte. Auf dem

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