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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Bahnen lief. Die Kirche selbst war in keinem guten Zustand (auch vor Mr.   Penney nicht!) , und die Gemeinde hatte Schwierigkeiten, das Geld für die Reparaturen aufzubringen. Das alles war eine große Verantwortung für einen so jungen und unerfahrenen Pfarrer.
    Es tut mir leid, dass das, was Ihnen gesagt wurde, im Großen und Ganzen zutrifft, obwohl ich sagen muss, dass ich keine Anzeichen für irgendeine Art von mentaler Instabilität bei Mr.   Penney erkennen konnte, jedenfalls nicht in seinem ersten Jahr. Er war immer freundlich, wenn auch ein bisschen verschlossen.
    Ich habe an diesen
bestimmten
Tag keine genaue Erinnerung. Vielleicht hätten wir misstrauisch werden sollen nach dem kleinen Brand, den Ziegeln, die vom Dach gerutscht sind, und mehreren Akten von Vandalismus (es hat deswegen nie eine Anklage gegeben, ich hoffe also,
ich kann mich darauf verlassen, dass Sie als Soldat diesen Briefwechsel vertraulich behandeln) , aber niemand hätte vorhersehen können, was an jenem Oktobermorgen passiert ist. Es wäre alles nicht so schlimm gewesen, wenn es nicht so stark geregnet hätte, wenn der Fluss nicht so viel Wasser geführt hätte. Es hat sich natürlich, jedenfalls für Hindwell, eine ziemliche Menschenmenge angesammelt, und es wurde viel geklagt und gejammert, aber dann wurde die Sache schnell verdrängt, und nach diesem Tag habe ich niemanden mehr davon sprechen hören – das war sehr ungewöhnlich. Es war, als würde sich das ganze Dorf schämen.
    Sie schreiben ganz richtig, dass die großen Zeitungen nie «in die Geschichte eingestiegen sind». Kleine Gemeinden waren schon immer sehr gut darin, Skandale im Keim zu ersticken. Und was hätte ich als zuständige Korrespondentin auch schreiben sollen? Ich war keine richtige Journalistin, mehr eine Berichterstatterin, die zu Beerdigungen und Preisverleihungen geschickt wurde. Außerdem habe ich an diesem Tag auch noch Besuch von Mr.   Gareth Prosser senior bekommen, zusammen mit Mr.   Weal, seinem und unserem Anwalt, der mir gegenüber sehr klar gemacht hat, dass es «nicht im Interesse der Einheimischen» wäre, wenn irgendwas davon an die Öffentlichkeit käme. Mr.   Prosser war Landrat und Mitglied im Polizeikomitee, ich als Neuankömmling hätte ihm bei einem so sensiblen Thema wohl kaum widersprechen können!
    Die Kirche von England (der Ort liegt in Wales, aber die Gemeinde gehört zur Diözese von Hereford) beschloss, kein Verfahren gegen Mr.   Penney einzuleiten. Nach seinem Weggang wurde ein anderer Pfarrer eingesetzt, der aber nicht lange blieb, und danach wurden mehrere Gemeinden zusammengelegt, was heutzutage ja nicht unüblich ist.
    Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen helfen konnte, auch wenn ich nicht mehr viel mitbekomme, was Old Hindwell betrifft, obwohl ich nur eine halbe Autostunde entfernt wohne. Ich war nicht mehr dort, seit wir 1983 weggezogen sind. Old Hindwell ist einer dieser
Orte, deren Existenz man leicht vergisst, abgesehen von dieser surrealen Erinnerung!
     
    Mit den besten Grüßen,
    Juliet Pottinger
     
    «Die Einheimischen», sagte Robin, «die lieben es offenbar, Macht auszuüben.»
    «Nicht mehr als in jeder anderen kleinen Gemeinde auch.» Betty wusste, dass Robin zuerst auf die Vertuschung anspringen würde, nicht auf die Frage, was vertuscht worden war. Fast wünschte sie, sie hätte die Papiere zensieren können, bevor er sie sah.
    Dieser Gedanke ließ sie erschrecken. Es war wie bei den Wilshires, nur umgekehrt. Bevor sie hierhergezogen waren, hätte sie noch nicht einmal daran
gedacht
, vor Robin Geheimnisse zu haben.
    «Und wer ist dieser Weal?», fragte er. «Wollten die sich ernsthaft auf diese alte Tussi verlassen?»
    «Sie wird damals wohl kaum eine alte Tussi gewesen sein, sie war vermutlich eine ziemlich junge Tussi.»
    «Ist doch egal, jedenfalls klingt das nach einer echten Bauernverschwörung. Prosser senior – soll das Gareth Prossers Vater sein?»
    «Klingt so», sagte Betty. Sie beschloss, zum Punkt zu kommen.
    «Aber die wichtigste Frage ist doch: Was ist mit Pfarrer Penney passiert? Was hat er so Skandalöses gemacht, dass er sich angeblich aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste?»
    «Wusste die Witwe Wilshire nichts darüber?»
    «Sie hatte den Brief noch nie gesehen. Bryan wollte sein kleines Frauchen anscheinend nicht beunruhigen.»
    «Na ja, es ist wohl klar, dass Pfarrer Penney ziemlich unter Druck stand und dadurch ein bisschen irregeworden ist.

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