Die Fünfundvierzig
Art, wie er mich behandle, der Mühe, einen bessern zu suchen.«
»Mein Bruder sagt mir in seinem Briefe, Ihr hättet ihn nicht zu erkennen geschienen. Warum habt Ihr Euch, da Ihr ihn dort nicht gekannt, hier seines Namens bedient,ihn zu mir zu bringen?« – »Herr von Mayenne schien unerkannt sein zu wollen, Madame, und es wäre auch wirklich nicht angezeigt, daß die Bauern, bei denen er wohnt, wüßten, wem sie Gastfreundschaft gewährten. Hier aber lag dieser Grund nicht mehr vor; der Name des Herrn von Mayenne konnte mir einen Weg zu Euch öffnen, und ich bediente mich seiner; in beiden Fällen glaube ich recht gehandelt zu haben.«
Mayneville schaute die Herzogin an, als wollte er sagen: »Das ist ein kecker Geist, Madame.«
Die Herzogin aber sagte lächelnd zu Ernauton: »Niemand wüßte sich besser mit einer schlimmen Frage abzufinden, und Ihr seid, ich muß es gestehen, ein Mann von Geist.« – »Ich sehe keinen Geist in dem, was ich Euch zu sagen die Ehre gehabt hatte, Madame,« erwiderte Ernauton.
»Nun,« sagte die Herzogin ungeduldig, »was ich am klarsten hierbei sehe, ist, daß Ihr nichts sagen wollt. Ihr überlegt vielleicht nicht genug, daß die Dankbarkeit eine schwere Bürde für jeden ist, der meinen Namen führt, daß ich eine Frau bin, daß Ihr mir zweimal einen Dienst geleistet habt, daß ich, wenn ich Euren Namen oder vielmehr, was Ihr seid, erfahren wollte...« – »Sehr wohl, Madame, ich weiß, daß Ihr dies leicht erfahren werdet, doch Ihr werdet es von einem anderen als von mir erfahren, und ich habe dann nichts gesagt.«
»Er hat immer recht,« sagte die Herzogin, indem sie auf Ernauton einen Blick heftete, der, wenn er in seinem ganzen Ausdruck aufgefaßt wurde, dem jungen Mann mehr Vergnügen machen mußte, als ihm je ein Blick gemacht hatte.
Ernauton verlangte auch nicht mehr und, dem Weinkenner ähnlich, der vom Tische aufsteht, sobald er den besten Wein des Mahles getrunken zu haben glaubt, verbeugte er sich und bat um seine Entlassung.
»Das ist alles, was Ihr mir zu sagen habt?« fragte die Herzogin. – »Ich habe meinen Auftrag erfüllt,« sagteder junge Mann; »es bleibt mir nun nichts mehr zu tun, als Eurer Hoheit meine untertänigste Huldigung darzubringen.«
Die Herzogin folgte ihm mit den Augen, ohne seinen Gruß zu erwidern, dann rief sie, als sich die Tür hinter ihm geschlossen, mit dem Fuße stampfend: »Mayneville, laßt diesem Jungen folgen!« – »Unmöglich, Hoheit, alle unsere Leute sind auf den Beinen; ich selbst erwarte das Ereignis; das ist ein schlimmer Tag, um etwas anderes zu tun, als was wir beschlossen haben.«
»Ihr habt recht, Mayneville, in der Tat, ich bin toll; doch später ...« – »Oh! später, das ist etwas anderes; nach Eurem Gefallen, Madame.«
»Ja, denn er ist mir verdächtig, wie meinem Bruder.« – »Verdächtig oder nicht, es ist ein tapferer Bursche, und die tapferen Leute sind in diesem Augenblick selten. Man muß gestehen, wir haben Glück; ein Unbekannter, ein Fremder, fällt uns vom Himmel zu, um uns einen solchen Dienst zu leisten.«
»Gleichviel, gleichviel, Mayneville, wenn wir ihn auch im Augenblick sich selbst überlassen müssen, so überwacht ihn wenigstens später.« – »Ei, Madame, später werden wir hoffentlich nicht mehr nötig haben, irgend jemand zu bewachen.«
»Dann weiß ich offenbar heute nicht, was ich sage; Ihr habt recht, Mayneville, ich verliere den Kopf.« – »Es ist einem General, wie Ihr seid, Madame, erlaubt, am Vorabend eines entscheidenden Treffens für nichts anderes Sinn zu haben.«
»Das ist wahr. Nun ist es Nacht, Mayneville, und der Valois kehrt in der Nacht von Vincennes zurück.« – »Oh! wir haben noch Zeit vor uns; es ist nicht acht Uhr, Madame, und unsere Leute sind überdies noch nicht eingetroffen.«
»Nicht wahr, sie haben das Losungswort?« – »Alle.« »Es sind sichere Leute?« – »Erprobte, Madame.«
»Wie kommen sie?« – »Einzeln als Spaziergänger.«
»Wieviel erwartet Ihr?« – »Fünfzig; das sind mehr als Ihr braucht; bedenkt auch, daß wir außer diesen Fünfzig zweihundert Mönche haben, die mindestens so viel wert sind, wie eine gleiche Anzahl Soldaten.«
»Sobald unsere Leute angekommen sind, laßt Eure Mönche sich auf der Straße aufstellen!« – »Sie sind schon benachrichtigt, Madame, sie werden den Weg absperren, die Unsrigen treiben den Wagen gegen sie, die Pforte des Klosters wird geöffnet und braucht sich nur noch hinter dem Wagen zu
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