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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Geständnis! Haben wir uns nicht unter Umständen gesehen, die mir den Kopf aus dem Schlage zu beugen gestatten, wenn Ihr vorüberreitet. Doch nein; der Herr entfernte sich im Galopp, nachdem er ein Ach! ausgestoßen, das mich im Grunde meiner Sänfte beben ließ.« – »Ich war gezwungen, mich zu entfernen.«
    »Durch Eure Bedenklichkeiten?« – »Nein, Madame, durch meine Pflicht.«
    »Ah! ah!« sagte lächelnd die Dame, »ich sehe, daß Ihr ein vernünftiger, umsichtiger Verliebter seid, und daß Ihr vor allem fürchtet, Euch zu kompromittieren.« – »Dürfte man sich wundern, wenn Ihr mir einiges Bedenken eingeflößt hättet? Ist es üblich, daß sich eine Frau als Mann kleidet und mit Gewalt durch die Tore dringt, um auf der Grève einen Unglücklichen vierteilen zu sehen, und zwar mit mehr als unbegreiflichen Handbewegungen?«
    Die Dame erbleichte leicht und verbarg ihre Betroffenheit unter einem Lächeln.
    Ernauton fuhr fort: »Ist es natürlich, daß die Dame, nachdem sie sich dieses Vergnügen gemacht hat, festgenommen zu werden fürchtet und wie eine Diebin entflieht, sie, die im Dienste von Frau von Montpensier steht, dieser mächtigen wenn auch bei Hofe übel gelittenen Fürstin?« – Diesmal lächelte die Dame aufs neue, doch mit stärker hervortretender Ironie.
    »Ihr habt wenig Scharfsinn, mein Herr, obgleich Ihr ein Beobachter zu sein glaubt. War es nicht sehr natürlich, daß sich die Herzogin von Montpensier für das Schicksal Salcèdes und seine das Haus Lothringen leicht kompromittierenden Geständnisse interessierte, und daß sie eine Vertraute zur Hinrichtung entsandte? Diese Vertraute war ich. Glaubt Ihr, ich hätte nach Paris hineinkommen können, während alle Tore verschlossen waren. Glaubt Ihr, ich hätte in Frauenkleidern auf die Grève gelangen können? Glaubt Ihr endlich, ich hätte gleichgültig bei den Leiden des Verurteilten und bei den von ihm beabsichtigten Geständnissen bleiben können?« – »Ihr habt vollkommen recht, Madame, und ich schwöre Euch, ich bewundere nun ebensosehr Euren Geist und Eure Logik, wie ich vorher schon Eure Schönheit bewunderte.«
    »Großen Dank, mein Herr. Doch da wir einander nun kennen, und die Dinge unter uns erklärt sind, gebt mir nun den Brief.« – »Unmöglich, Madame.«
    Die Unbekannte strengte sich an, nicht in Zorn zu geraten.»Unmöglich?« wiederholte sie. – »Ja, unmöglich, denn ich habe dem Herrn Herzog von Mayenne geschworen, diesen Brief nur der Frau Herzogin von Montpensier selbst zu übergeben.«
    Als die Dame darauf wieder der Ansicht Ausdruck gab, es handle sich nur um eine Finte Ernautons, und hinzufügte, nun habe er seinen Zweck erreicht, und sie seien beide quitt, reichte er der Dame den Brief, doch ohne ihn loszulassen.
    Die Unbekannte schaute das Schreiben an und rief: »Seine Handschrift! Blut!«
    Ohne etwas zu erwidern, steckte Ernauton seinen Brief wieder in die Tasche, verbeugte sich zum letztenmal mit seiner gewöhnlichen Höflichkeit und kehrte, bleich, den Tod im Herzen, zum Eingang des Zimmers zurück. Diesmal lief man ihm nach und faßte ihn, wie Josef, am Mantel.
    »Was beliebt, Madame?« sagte er. – »habt Mitleid, mein Herr, verzeiht!«, rief die Dame, »verzeiht, sollte dem Herzog ein Unfall begegnet sein?« – »Ob ich verzeihe oder nicht verzeihe, das ist ganz einerlei,« sagte Ernauton; »was aber diesen Brief betrifft, da Ihr nun um Verzeihung bittet, um ihn zu lesen, und da Frau von Montpensier allein ihn lesen wird...«
    »Ei! du Unglücklicher, du Wahnsinniger,« rief die Herzogin mit einer Wut voll Majestät, »erkennst du mich nicht, oder vielmehr errätst du in mir nicht deine Gebieterin, und siehst du hier die Augen einer Magd glänzen? Ich bin die Herzogin von Montpensier, übergib mir den Brief!«– »Ihr seid die Herzogin?« rief Ernauton, erschrocken zurückweichend.
    »Allerdings. Vorwärts, gib, gib! Siehst du nicht, daß es mich drängt zu erfahren, was meinem Bruder begegnet ist?« – Doch statt zu gehorchen, wie es die Herzogin erwartete, kreuzte der junge Mann, der sich von seinem Erstaunen erholte, die Arme und sagte: »Wie sollich Euren Worten glauben, da Euer Mund mir schon zweimal gelogen hat.«
    Die Augen der Herzogin schleuderten zwei tödliche Blitze; doch Ernauton hielt die Flamme mutig aus.
    »Ihr zweifelt noch, Ihr braucht Beweise, wenn ich versichere,« rief sie gebieterisch, indem sie ihre Spitzenmanschetten mit den Nägeln zerriß.
    »Ja, Madame,« antwortete

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