Die Fünfundvierzig
Neuigkeiten, – wie sie meinSchwager Heinrich von Valois so gut zu erzählen weiß,«
Bei diesen Worten setzte sich Heinrich von Navarra und rieb sich die Hände.
»Sprecht, Herr Chicot,« fuhr der König mit der Miene eines Mannes fort, der sich recht zu werden anschickt; »Ihr habt den Brief meiner Frau vorgesagt, nicht wahr?« – »Ja, Sire.«
»Nun, mein Herzchen, erzählt mir ein wenig, was dieser Brief enthält.«
»Es ist ein hinterlistiger Brief, Sire.«
»Bah!«
»Oh, ja! er enthält mehr Verleumdungen, als nötig sind, um nicht nur einen Mann mit seiner Frau, sondern auch einen Freund mit allen seinen Freunden zu entzweien.«
»Hoho!« machte Heinrich, indem er sich aufrichtete und sein von Natur so offenes, so treuherziges Gesicht mit einem geheuchelten Mißtrauen bewaffnete, »einen Mann und eine Frau entzweien, Euch und mich also?« – »Euch und mich, Sire.«
»Und worin, mein Herzchen?«
Chicot fühlte sich auf Dornen und würde, obgleich er hungrig war, viel gegeben haben, wenn er hätte ohne Abendessen schlafen gehen können.
»Die Wolke wird platzen,« murmelte er in sich, »die Wolke wird platzen.«
»Sire,« sagte die Königin, »ich bedaure, daß Eure Majestät das Lateinische vergessen hat, das man sie doch hat lehren müssen.«
»Madame, ich erinnere mich nur noch eines Satzes von all dem Lateinischen, das ich gelernt habe, dies ist der Satz: Deus et virtus aeterna. « (Gott und die Tugend sind ewig).«
»Sire,« fuhr die Königin fort, »wenn Ihr es verstündet, würdet Ihr in dem Briefe viele Komplimente von allerlei Art für mich sehen.«
»Oh! sehr gut!« sagte der König.
» Optime !« murmelte Chicot.
»Aber inwiefern,« fragte Heinrich, »können uns Komplimente entzweien, Madame, denn solange Euch mein Schwager Heinrich Komplimente machte bin ich seiner Ansicht; würde man Schlimmes von Euch in diesem Briefe sagen, ah! das wäre etwas anderes, Madame, und ich würde die Politik meines Schwagers begreifen.«
»Ah! wenn man Schlimmes von mir sagte, würdet Ihr Heinrichs Politik begreifen?«
»Ja, er hat Beweggründe, uns zu entzweien, die ich kenne.«
»Geduld, Sire, denn die Komplimente sind nur ein höflicher Eingang, um zu Verleumdungen gegen Eure Freunde und die meinigen zu kommen.«
Und nach diesen kühn hingeworfenen Worten wartete Margarethe, ob man sie widerlegen würde.
Chicot senkte die Nase, Heinrich zuckte die Achseln.
»Seht, mein Herzchen,« sagte er, »ob Ihr nicht doch das Lateinische nicht wohl verstanden habt, und ob wirklich diese schlimme Absicht in dem Briefe meines Schwagers enthalten ist.«
So sanft und salbungsreich Heinrich diese Worte sprach, schleuderte ihm die Königin von Navarra doch einen Blick voll Mißtrauen zu.
»Versteht mich ganz und gar, Sire,« sagte sie.
»Gott ist mein Zeuge, ich wünsche nichts anderes, Madame.«
»Sprecht, bedürft Ihr Eurer Diener oder nicht?«
»Ob ich ihrer bedarf, mein Herzchen? Eine schöne Frage! Mein Gott! was sollte ich ohne sie tun?«
»Nun Wohl, Sire! Der König will Euch Eure besten Diener abspenstig machen.«
»Ich fordere ihn auf, das zu tun.«
»Bravo, Sire,« murmelte Chicot.
»Ei! allerdings!« sagte Heinrich mit jener erstaunlichenGutmütigkeit, die ihm so eigentümlich war, daß sich bis an seines Lebens Ende jeder dadurch hintergehen ließ, »denn meine Diener sind mir durch Zuneigung und nicht durch Interesse zugetan. Ich habe ihnen nichts zu geben.«
»Ihr gebt ihnen Euer Herz, Eure Treue, Sire, und das ist die beste Wiedervergeltung eines Königs für seine Freunde.«
»Nun! Sire, traut ihnen nicht mehr!«
»Ventre-saint-gris! das wird nur geschehen, wenn sie mich dazu zwingen, nämlich wenn sie es verschulden.«
»Gut, Sire, dann wird man Euch beweisen, daß sie es verschulden.«
»Ah! ah!« machte der König, »aber wodurch?«
Chicot senkte abermals den Kopf, wie er es immer in peinlichen Augenblicken tat.
»Ohne zu kompromittieren, kann ich Euch das nicht erzählen, Sire...« erwiderte Margarethe.
Und sie schaute umher.
Chicot begriff, daß er überflüssig war, und wich zurück.
»Lieber Bote,« sagte der König, »wollt mich in meinem Kabinett erwarten; die Königin hat mir etwas Besonderes, etwas für meinen Dienst Nützliches, wie ich sehe, zu sagen.«
Margarethe blieb unbeweglich, abgesehen von einem kleinen Zeichen mit dem Kopf, das Chicot allein aufgefaßt zu haben glaubte.
Als Heinrich mit seiner Frau unter vier Äugen war, teilte er ihr zunächst mit,
Weitere Kostenlose Bücher