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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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ich Furcht habe, und du bemerkst es, sage es nicht!«
    Heinrich bestieg sein Pferd, doch zweimal war es, als ob er wieder absteigen wollte.
    »Auf, Chicot,« sagte er, »steige auch zu Pferde; nicht wahr, du bist auch kein Kriegsmann?« – »Nein, Sire.«
    »Nun so komm', Chicot, wir werden miteinander Angst haben, komm' und laß uns das Feuern sehen; ein gutes Pferd für Herrn Chicot!«
    Chicot zuckte die Achseln und bestieg, ohne eine Miene zu verziehen, ein schönes spanisches Roß, das man ihm auf Befehl des Königs brachte.
    Heinrich setzte sein Pferd in Galopp, Chicot folgte ihm.
    Als Heinrich vor die Front seiner kleinen Armee kam, schlug er sein Helmvisier auf.
    »Heraus die Fahne! die neue Fahne heraus!« rief er mit einer meckernden Stimme.
    Man nahm den Überzug von der Fahne ab, und diese entrollte das doppelte Wappenschild von Navarra und Bourbon majestätisch in der Luft; sie war weiß und trug auf dereinen Seite auf Azur die goldenen Ketten und auf der andern Seite die goldenen Lilien mit dem Turnierkranze in Herzform.
    »Ich fürchte,« sagte Chicot beiseite, »das ist eine Fahne, die ein schlechtes Handgeld bekommen wird.«
    »In diesem Augenblick, und als wollten sie Chicots Gedanken entsprechen, donnerten die Kanonen der Festung und rissen die Infanterie, zehn Schritte vom König, nieder.
    »Ventre-saint-gris! hast du gesehen, Chicot, das kommt mir hübsch vor!«
    Und seine Zähne klapperten.
    »Es wird ihm übel werden,« sagte Chicot.
    »Ah!« murmelte Heinrich, »ah! du hast Furcht, verfluchtes Gerippe, du zitterst und bebst; warte, ich will dir etwas zu zittern geben.«
    Und er drückte die Sporen seinem Schimmel in den Leib, ritt allen voran und kam auf hundert Schritte zu dem Platz, der von dem Feuer der Batterien so rot war, daß sich die Blitze auf seiner Rüstung wie die Strahlen einer untergehenden Sonne widerspiegelten.
    Hier hielt er sein Pferd zehn Minuten lang unbeweglich, das Gesicht dem Tore der Stadt zugewendet, und schrie: »Die Faschinen! Ventre-saint-gris! die Faschinen!«
    Mornay war ihm mit aufgeschlagenem Visier und das Schwert in der Faust gefolgt. Chicot machte es wie Mornay, er hatte sich panzern lassen, aber nicht den Degen gezogen.
    Hinter diesen drei Männern sprengten begeistert durch ihr Beispiel die jungen hugenottischen Edelleute und schrien: »Es lebe Navarra!«
    Der Vicomte von Turenne marschierte, eine Faschine auf dem Halse seines Pferdes, an ihrer Spitze.
    Jeder kam und warf seine Faschine hinab; in einem Augenblick war der Graben unter der Zugbrücke ausgefüllt.
    Die Artilleristen rückten vor, und mit einem Verlust vondreißig Mann bei vierzig gelang es ihnen, ihre Petarden unter das Tor zu bringen.
    Die Kartätschen und Musketenkugeln pfiffen um Heinrich wie ein Feuerorkan; zwanzig Mann fielen ganz in seiner Nähe.
    »Vorwärts! vorwärts!« sagte er und sprengte mitten unter die Artilleristen.
    Er kam an den Rand des Grabens gerade in dem Augenblick, als die erste Petarde spielte. Das Tor spaltete sich an zwei Stellen. Die Artilleristen zündeten die zweite Petarde an; sogleich kamen durch die dreifache Öffnung zwanzig Büchsen hervor und spien ihre Kugeln auf Offiziere und Soldaten.
    Die Leute fielen um den König her, als ob man Ähren mähte.
    »Sire,« sagte Chicot, ohne an sich selbst zu denken, »in des Himmels Namen, zieht Euch zurück!«
    Mornay sagte nichts, aber er war stolz auf seinen Zögling und suchte sich von Zeit zu Zeit vor ihn zu stellen; Heinrich aber schob ihn mit der Hand auf die Seite.
    Plötzliche fühlte Heinrich, daß ihm der Schweiß auf der Stirn perlte, und daß ein Nebel vor seinen Augen hinzog.
    »Ah! verfluchte Natur,« rief er, »man soll nicht sagen, du habest mich besiegt.«
    Dann sprang er von seinem Pferde und schrie: »Eine Axt! eine Axt!«
    Und mit kräftigem Arm schlug er Büchsenläufe, Stücke Eichenholz und eherne Nägel ab.
    Endlich fiel ein Balken, ein Türflügel, ein Mauerflügel, und hundert Mann stürzten durch die Bresche und riefen: »Navarra! Navarra! Cahors gehört uns. Es lebe Navarra!«
    Chicot hatte den König nicht verlassen; er befand sich mit ihm unter dem Torgewölbe, wo Heinrich einer derersten eingedrungen war; doch bei jedem Büchsenschuß sah er ihn beben und den Kopf bücken.
    »Ventre-saint-gris!« sagte Heinrich wütend, »hast du je eine solche Feigherzigkeit gesehen, Chicot?« – »Nein, Sire,« erwiderte dieser, »ich habe nie einen Feigling gesehen wie Ihr; das ist furchtbar.«
    In

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