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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Fère vorgefallen waren, stieg der König von Frankreich ungefähr gegen neun Uhr aus dem Bad. Der Kammerdiener, der ihn in eine Decke von feiner Wolle gewickelt und mit zwei Tüchern von dichter persischer Watte abgerieben, hatte den Coiffeuren Platz gemacht, die wiederum den Parfümeuren und den Höflingen Platz machten.
    Als die letzteren weggegangen waren, ließ der König seinen Haushofmeister kommen und sagte ihm, er würde etwas anderes als seine gewöhnliche Kraftbrühe zu sich nehmen, da er diesen Morgen Appetit verspüre.
    Diese Kunde brachte im ganzen Louvre eine sehr legitime Freude hervor, und der Dampf der Fleischspeisen fing an, aus den Küchen auszuströmen, als Crillon, der Oberst der französischen Leibwachen, bei Seiner Majestät eintrat, um ihre Befehle einzuholen.
    »Wahrhaftig, mein guter Crillon,« sagte der König, »wache diesen Morgen, wie du willst, über dem Heile meiner Person, zwinge mich aber, um Gottes willen, nicht, den König zu machen; ich bin heute ganz heiter und selig; mir scheint, ich wiege nicht eine Unze und fliege in die Luft. Ich habe Hunger, begreifst du das, mein Freund?«
    »Ich begreife es um so mehr, Sire, als ich selbst starken Hunger habe.« erwiderte der Oberst.
    »Ah! du, Crillon, du hast immer Hunger.« versetzte der König lachend.
    »Nicht immer, Sire, oh! nein. Eure Majestät übertreibt, aber dreimal des Tags, – und Eure Majestät?« – »Oh! ich, einmal im Jahr, und dann nur, wenn ich gute Nachrichten erhalten habe.«
    »Harnibieu! es scheint, Ihr habt gute Nachrichten erhalten, Sire? Desto besser, desto besser, denn sie werden,scheint mir, immer seltener.« – »Ganz und gar nicht, Crillon; doch du kennst das Sprichwort.«
    »Ah! ja, keine Nachrichten, gute Nachrichten. Ich mißtraue den Sprichwörtern, Sire, und besonders diesem; es ist Euch keine Kunde von Navarra zugekommen?« – »Nichts.«
    »Nichts?« – »Allerdings, ein Beweis, daß man dort schläft.«
    »Und von Flandern?« – »Nichts.«
    »Nichts? ein Beweis, daß man sich dort schlägt. Und von Paris?« – »Nichts.«
    »Ein Beweis, daß man dort Komplotte macht.« – »Oder Kinder, Crillon; ah! bei Gelegenheit der Kinder, Crillon, ich glaube, daß ich eines haben werde.«
    »Ihr, Sire!« rief Crillon im höchsten Maße erstaunt.
    – »Ja, die Königin hat in dieser Nacht geträumt, sie wäre in andern Umständen.«
    »Endlich, Sire!« – »Nun, was?« – »Es macht mich äußerst freudig zu wissen, daß Eure Majestät so frühzeitig am Morgen Hunger hat. Gott befohlen, Sire.«
    – »Gehe, mein guter Crillon, gehe.«
    »Harnibieu! Sire,« versetzte Crillon, »da Eure Majestät so gewaltigen Hunger hat, so müßte sie mich zum Frühstück einladen.« – »Warum dies, Crillon?«
    »Weil man sagt, Eure Majestät lebe von der Luft, weshalb sie abmagere, da die Luft schlecht ist, und so wäre ich entzückt gewesen, sagen zu können: ›Harnibieu, das sind reine Verleumdungen, der König ißt wie alle.‹«
    – »Nein, Crillon, nein, im Gegenteil; laß glauben was man glaubt; es läßt mich erröten, wenn, ich wie ein einfacher Sterblicher vor meinen Untertanen esse. Begreife also wohl; ein König muß immer poetisch bleiben und sich stets nur erhaben zeigen. Höre ein Beispiel.«
    »Ich höre, Sire.« – »Erinnere dich an den König Alexander.«
    »An welchen König Alexander?« – »An AlexanderMagnus'. Ah! es ist wahr, du verstehst das Lateinische nicht. Nun wohl, Alexander liebte es, sich vor seinen Soldaten zu baden, weil Alexander schön, wohlgebaut und hübsch rund war, weshalb man ihn mit Apollo und sogar mit Antinous verglich.«
    »Oh! oh! Sire, Ihr hättet teufelmäßig unrecht, wenn Ihr es machtet wie er und Euch vor den Eurigen badetet, denn Ihr seid sehr mager, mein armer Sire.« – »Braver Crillon, geh,« sagte Heinrich, indem er ihm auf die Schulter klopfte, »du bist ein vortrefflicher Grobian, du schmeichelst mir nicht; du bist kein Höfling, mein alter Freund.«
    »Ihr ladet mich auch nicht zum Frühstück ein,« erwiderte Crillon, gutmütig lachend, und nahm dann vom König, eher zufrieden, als unzufrieden, Abschied, denn der Schlag auf die Schulter hatte das fehlende Frühstück aufgewogen.
    Sobald Crillon weggegangen war, wurde die Tafel bestellt. Der königliche Haushofmeister hatte sich selbst übertroffen: eine Art Frikassee von jungen Rebhühnern mit Trüffeln und Kastanien erregte sogleich die Aufmerksamkeit des Königs, den schöne Austern schon in

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