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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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das Fenster schauen sehen.«
    »Oh! mein Gott! mein Gott!« rief Diana.
    »Beruhigt Euch, Madame, er hat ihn auch zu seinem Gefährten sagen hören, er kenne Euch nicht.«
    »Gleichviel, gleichviel!« sagte die junge Frau, Remy anschauend.
    »Alles, was Ihr wollt, Madame, alles!« sagte Remy, seine Züge mit erhabener Entschlossenheit bewaffnend.
    »Seid unbesorgt, Madame,« sagte Henri, »der Herzog wird auf der Stelle aufbrechen; noch eine Viertelstunde, und Ihr seid allein und frei. Erlaubt mir also, daß ich mich ehrerbietig von Euch verabschiede und Euch noch einmal sage, daß bis zu meinem Todesseufzer mein Herz für Euch und durch Euch schlagen wird. Gott befohlen, Madame, Gott befohlen!«
    Und der Graf verbeugte sich mit einer Ehrfurcht wie vor einem Altar und machte zwei Schritte rückwärts.
    »Nein, nein,« rief Diana, wie im Fieberwahn, »nein,Gott hat es nicht gewollt; nein, Gott hat diesen Menschen getötet, und er kann ihn nicht wiedererweckt haben; nein, nein, mein Herr, Ihr täuscht Euch, er ist tot.«
    In diesem Augenblick erscholl die Stimme des Prinzen auf der Straße: »Graf, Ihr laßt uns warten!«
    »Ihr hört ihn, Madame,« sagte Henri. »Zum letzten Male, Gott befohlen.«
    Und er drückte Remy die Hand und eilte nach der Treppe.
    Diana näherte sich dem Fenster, zitternd und krampfhaft wie der Vogel, den das Auge der Schlange bannt.
    Sie erblickte den Herzog zu Pferd; sein Gesicht war gerötet vom Schimmer der Fackeln, die zwei Gendarmen trugen.
    »Oh! er lebt, der Dämon, er lebt!« flüsterte Diana Remy mit einem so furchtbaren Ausdruck zu, daß der würdige Diener selbst darüber erschrak; »er lebt, leben wir auch; er reist nach Frankreich ab. Es sei, Remy, wir gehen auch nach Frankreich!«
    Die Reise.
    Mit seiner gewöhnlichen Gewissenlosigkeit des gleisnerischen Unterhändlers suchte Aurilly Remy zum Verrat an seiner Herrin zu bewegen, bald durch Gold und bald durch Drohung. Er ahnte nicht, daß hier seiner Arglist mit noch größerer List entgegengetreten wurde. Als Remy sicher war, daß Aurilly ihn selbst nicht wiedererkannt habe, beschloß seine Herrin, selbst mit einer Maske versehen, mit ihm die Reise nach dem Schloß des Herzogs zu wagen, in der Hoffnung, so am besten ihr einziges Lebensziel zu erreichen. Als Diana und Remy zum Aufbruch aus ihrem Zimmer herunterkamen, wartete Aurilly unten an der Treppe mit einer Laterne in der Hand und murmelte, gierig, wie er war, das Gesicht der Unbekannten zu sehen: »Teufel, sie hateine Maske. Oh! doch von hier bis Chateau-Thierry werden die seidenen Schnüre abgenutzt ... oder abgeschnitten sein.«
    Man brach auf. Aurilly nahm gegen Remy den Ton völliger Gleichheit an und gegen Diana den Ausdruck der tiefsten Ehrfurcht. Doch vermochte Remy leicht zu erkennen, daß dieses ehrfurchtsvolle Wesen berechnet war. In der Tat, einer Frau den Steigbügel halten, wenn sie ein Pferd besteigt oder absteigt, über jeder ihrer Bewegungen voll Fürsorge wachen und nie eine Gelegenheit vorübergehen lassen, um ihr den Handschuh aufzuheben oder den Mantel einzuhakeln, ist die Tätigkeit eines Liebhabers, eines Dieners oder eines Neugierigen.
    Wenn er den Handschuh berührte, sah Aurilly die Hand; wenn er den Mantel einhakelte, schaute er unter die Maske, wenn er den Steigbügel hielt, suchte er einen Zufall herbeizuführen, um das Gesicht zu erblicken, das der Prinz in seinen verworrenen Erinnerungen nicht erkannt hatte, das er, Aurilly, aber mit seinem guten Gedächtnis wohl zu erkennen hoffte.
    Doch er hatte es mit einem starken Gegner zu tun, Remy forderte seinen Dienst bei seiner Gefährtin und zeigte sich eifersüchtig auf Aurillys Zuvorkommenheit und wurde dabei von Diana selbst unterstützt.
    Aurilly war darauf angewiesen, während langer Märsche auf Schatten und Regen zu hoffen und während des Haltens die Mahlzeit herbeizuwünschen. Doch er wurde in seiner Erwartung getäuscht. Regen oder Sonne, das war ganz gleichgültig, die Maske blieb auf dem Gesicht, und die Mahlzeiten wurden von der jungen Frau in einem abgesonderten Zimmer eingenommen.
    Aurilly sah ein, daß, wenn er nicht erkannte, man dagegen ihn erkannt hatte; er suchte durch die Schlösser zu sehen, doch die Dame wandte beständig der Tür den Rücken zu; er suchte durch die Fenster zu schauen, doch er fand an den Fenstern dichte Vorhänge oder doch die Mäntel derReisenden. Weder Fragen noch Bestechungsversuche hatten bei Remy Erfolg; der Diener erwiderte beständig, dies sei der Wille

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