Die Fünfundvierzig
Veränderung nicht ohne eine gewisse Unruhe. Man kam in eine Stadt und übernachtete hier wie gewöhnlich. Am anderen Morgen reiste man unter dem Vorwand, der Weg, den man zurückzulegen habe, sei lang, bei Tagesanbruch ab. Um die Mittagsstunde mußte man anhalten, um die Pferde ausruhen zu lassen.
Um zwei Uhr brach man wieder auf und reiste noch bis vier Uhr. Ein großer Wald zeigte sich in der Ferne, es war der von La Fère. Er bot den düsteren, geheimnisvollen Anblick der Wälder im nördlichen Frankreich.
Remy und Diana wechselten einen Blick, als hätten beide begriffen, daß sie hier das Ereignis erwarte, das von der Stunde der Abreise über ihren Häuptern schwebte.
Man kam etwa sechs Uhr abends in den Wald. Nachdem man noch eine halbe Stunde gereist war, neigte sich der Tag.Ein heftiger Wind ließ die Blätter wirbeln und trieb sie nach einem ungeheuren Teiche fort, der, in der Tiefe der Bäume verloren, sich an dem Wege hinzog, der sich vor den Reisenden ausdehnte.
Seit zwei Stunden hatte strömender Regen den lehmigen Boden durchnäßt. Sorglos für ihre Person und ihres Pferdes ziemlich gewiß, ließ Diana dieses gehen, ohne es zu halten; Aurilly ritt rechts, Remy links. Aurilly war am Rande des Teiches, Remy mitten auf dem Weg.
Kein menschliches Geschöpf ließ sich unter den düsteren, grünen Bogen der Bäume auf der langen Krümmung des Wegs sehen.
Plötzlich fühlte Diana, daß der Sattel ihres Pferdes, das wie gewöhnlich Aurilly gesattelt hatte, wankte und sich drehte; sie rief Remy, der von dem seinigen herabsprang und sich bückte, um den Riemen festzuziehen. In diesem Augenblick näherte sich Aurilly der Dame, die nur mit ihrem Pferde beschäftigt war, und durchschnitt mit dem Ende seines Dolches die seidene Rundschnur ihrer Maske.
Ehe sie diese Bewegung bemerkt oder mit der Hand nach ihrem Gesichte gegriffen hatte, nahm ihr Aurilly die Maske ab und neigte sich gegen Diana, die sich ihrerseits gegen ihn neigte. Die Augen beider trafen in einem furchtbaren Blick zusammen; niemand hätte sagen können, wer von ihnen bleicher und drohender aussah.
Aurilly fühlte, wie ein kalter Schweiß seine Stirn überströmte, er ließ die Maske und den Dolch fallen und rief voll Angst, die Hände zusammenschlagend: »Himmel und Erde! ... Die Dame von Monsoreau!!!«
»Das ist ein Name, den du nicht wiederholen wirst!« schrie Remy, indem er Aurilly am Gürtel packte und von seinem Pferde aufhob. Beide rollten auf den Boden. Aurilly streckte seine Hand aus, um seinen Dolch wieder zu ergreifen. Remy aber bückte sich über ihn, setzte ihm das Knie auf die Brust und sagte: »Nein, Aurilly, nein, du sollst hier bleiben.«Der letzte Schleier, der über Aurillys Erinnerung ausgebreitet zu sein schien, zerriß.
»Der Haudoin!« rief er, »ich bin tot!«
»Es ist noch nicht wahr, doch es wird sogleich wahr werden,« sagte Remy.
Und er drückte seine linke Hand dem Elenden, der, sich unter ihm sträubte, auf den Mund, während er mit seiner rechten sein Messer aus der Scheide zog.
»Nun hast du recht,« sagte er, »nun bist du tot, Aurilly.«
Und der Stahl verschwand in der Kehle des Lautenspielers, der ein unverständliches Röcheln ausstieß.
Die Augen starr, auf ihren Sattelknopf gestützt, bebend, aber unbarmherzig, hatte Diana den Kopf nicht von diesem furchtbaren Schauspiel abgewendet. Als sie über das Blut an der Klinge hinspringen sah, warf sie sich zurück und fiel, steif, als ob sie tot wäre, von ihrem Pferd.
Remy hatte in diesem Augenblick keine Gedanken für sie; er durchsuchte Aurilly, nahm ihm die beiden Rollen Gold, band einen Stein an den Hals des Leichnams und stürzte ihn in den Teich. Wer Regen fiel fortwährend in Strömen vom Himmel herab.
»O, mein Gott!« sagte er, »vertilge die Spur deiner Gerechtigkeit, denn sie hat noch andere Schuldige zu treffen.«
Wann wusch er sich die Hände in dem düsteren, stehenden Wasser, nahm die immer noch ohnmächtige Diana in seine Arme, hob sie auf ihr Pferd und stieg, seine Gefährtin haltend, auf das seinige. Erschreckt durch das Geheul der Wölfe, die herbeikamen, als ob sie diese Szene gerufen hatte, verschwand das Pferd Aurillys im Wald.
Als Diana wieder zu sich gekommen war, setzten die Reisenden, ohne ein Wort auszutauschen, ihren Weg nach Chateau-Thierry fort.
König Heinrich III. ladet Crillon nicht zum Frühstück, und Chicot ladet sich selbst ein.
Am Morgen nach dem Tage, wo die von uns erzählten Ereignisse im Walde von La
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