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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Erlebten, wo Ihr mich glauben ließet, Ihr wärt nur ein einfacher Bürger. Ihr müßt in der Tat zehnmal verschlagener und mutiger sein als ein Anwalt und ein Kapitän zusammen.«
    Chicot fühlte, daß das Kompliment mit den Lippen und nicht mit dem Herzen gemacht war.
    »Ah! ah!« erwiderte er mit gutmütigem Tone, »wassollen wir von Euch sagen, Seigneur Borromée?« – »Von mir?«
    »Ja, von Euch.«– »Und warum?«
    »Daß Ihr mich glauben ließt, Ihr wärt nur ein Mönch. Ihr müßt in der Tat zehnmal schlauer als der Papst selbst sein; und wenn ich dies sage, setze ich Euch nicht herab, Gevatter, denn der gegenwärtige Papst ist ein tüchtiger Luntenriecher, wie Ihr zugestehen müßt.« – »Denkt Ihr, was Ihr sagt?«
    »Alle Wetter! lüge ich je?« – »Nun wohl, so nehmt meine Hand.« Und er reichte Chicot die Hand.
    »Ah! Ihr habt mich im Kloster schlecht behandelt, Bruder Kapitän.« – »Ich hielt Euch für einen Bürgersmann, Meister, und Ihr wißt wohl, was wir Kriegsleute von den Bürgern halten.«
    »Es ist wahr,« versetzte Chicot lachend, »es ist gerade wie mit den Mönchen, und dennoch habt Ihr mich in der Falle gefangen.« – »In der Falle?«
    »Allerdings; denn unter dieser Verkleidung stelltet Ihr eine Falle. Ein braver Kapitän, wie Ihr, vertauscht nicht ohne eine wichtige Ursache seinen Panzer gegen eine Kutte.« – »Gegen einen Kriegsmann werde ich keine Geheimnisse haben. Ja, ich habe gewisse persönliche Interessen im Kloster der Jakobiner; doch Ihr?«
    »Ich auch, doch still!«
    »Wollen wir nicht ein wenig in aller Gemütlichkeit beim Glase Wein uns miteinander unterhalten?«
    Mit diesen Worten kam Borromée Chicots innerstem Wunsche entgegen, und diese Zufriedenheit steigerte sich noch, als Borromée das wohlbekannte Füllhorn als Schenke vorschlug; von dessen Vorhandensein Chicot sich den Anschein gab, nichts zu wissen.

Das Füllhorn.
    Der Weg, den Borromée Chicot machen ließ, ohne zu vermuten, daß Chicot ihn so gut wie er kannte, erinnerte unsern Gaskogner an seine schönen Jugendtage.
    Bald erschien die Rue Saint-Jacques vor seinen Augen, dann das Kloster Saint-Benoit, und beinahe dem Kloster gegenüber das Wirtshaus zum Füllhorn , etwas älter aussehend, etwas schmierig, etwas verfallen, aber immer noch außen von Platanen und Kastanienbäumen beschattet und innen mit seinen blanken, zinnernen Kannen und seinen glänzenden Kasserollen ausgestattet.
    Nachdem Chicot von der Türschwelle einen Blick auf das Äußere und in das Innere geworfen hatte, machte er sich einen hohen Rücken, verlor noch sechs Zoll von seiner Gestalt, die er schon in Gegenwart des Kapitäns verkleinert hatte, fügte seine Satyrgrimasse dazu, die seinem offenen Wesen und seinen ehrlichen Augen sehr unähnlich war, und wollte so den Versuch machen, von seinem alten Wirte Bonhomet unerkannt zu bleiben.
    Chicot schritt hinter Borromée her und wurde in der Tat von dem Wirt zum Füllhorn gar nicht gesehen oder vielmehr nicht erkannt.
    Er kannte die dunkelste Ecke der gemeinschaftlichen Stube und wollte sich darin niederlassen, als ihn Borromée zurückhielt und zu ihm sagte: »Alles schön und gut, Freund, doch hinter diesem Verschlag ist ein kleiner Winkel, wo zwei Menschen ganz ungestört miteinander plaudern und trinken können.«
    »Gehen wir dahin,« sagte Chicot.
    Borromée machte dem Wirt ein Zeichen, durch das er fragen wollte: »Gevatter, ist das Kabinett frei?«
    Bonhomet antwortete durch ein anderes Zeichen: »Es ist frei!«
    »Kommt,« sagte Borromée. Und er führte Chicot,der sich den Anschein gab, als stoße er sich an allen Ecken des Hausflurs, in den kleinen Winkel, der unsern Lesern, welche die Dame von Monsoreau gelesen haben, so wohl bekannt ist.
    »Erwartet mich hier,« sagte Borromée, »ich will von einem Vorrecht Gebrauch machen, das die Stammgäste hier haben.«
    »Welches Vorrecht meint Ihr?« – »Ich will selbst in den Keller gehen und den Wein auswählen, den wir trinken werden.«
    »Oh! oh!« machte Chicot, »ein schönes Vorrecht; geht.«
    Borromée ging hinaus.
    Chicot folgte ihm mit dem Auge; sobald die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, nahm er von der Wand ein Bild ab, hinter dem sich ein Loch befand, und durch dieses Loch konnte man in die große Stube sehen, ohne gesehen zu werden.
    »Ah! ah!« sagte Chicot, »du führst mich in eine Schenke, deren Stammgast du bist; ah, du treibst mich in einen Winkel, wo du glaubst, ich könne nicht gesehen werden, und wo

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