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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Wachtmeister Biller genauso verbindlich abgemacht wie die möglichst ungehinderte Durchfahrt der Abendblatt-Fahrer.
    Denn darum ging es doch: Abendblatt — oder Nachtexpreß.

    Am Morgen und am Mittag erschien natürlich auch noch eine ganze Menge anderer Zeitungen. Aber am Abend gab es im Grunde nur zwei, die das Rennen unter sich ausmachten: Abendblatt und Nachtexpreß.
    Daß beide Zeitungen jeden Abend so ziemlich um die gleiche Zeit aus ihren Rotationsmaschinen fielen, hatte natürlich einen Grund. Eine Zeitung soll immer so schnell sein, wie es nur geht. Das heißt, daß sie die letzten, die neuesten Nachrichten gerade noch mitbekommen muß.
    Die Korrespondenten und Reporter in aller Welt wissen, daß Abendzeitungen etwa bis fünf Uhr noch aufnahmefähig sind. Und genau bis zu diesem Zeitpunkt ticken die Fernschreiber, knallen die Redaktionen durch die Rohrpost die letzten Neuigkeiten auf den Tisch, kommen über den Bildfunk die letzten Fotos.
    Der Weg von der Redaktion zur Setzmaschine, zum Umbruch und schließlich zum Druck dauert eine runde Stunde. Mal ein paar Minuten weniger, mal ein paar mehr. Aber gerade auf diese Minuten kommt es eben an.

    Abendblatt und Nachtexpreß, das waren ja keine Zeitungen, die man abonnierte und die dann mehr oder weniger pünktlich in Briefkästen und Türschlitze gesteckt wurden.
    Es waren Zeitungen, die nur im Straßenverkauf zu haben waren. Der Absatz ihrer riesigen Auflagen war jeden Abend wieder zum Teil davon abhängig, ob sie rechtzeitig in die Hände der Käufer fanden. Und ihre Käufer, das waren all die Tausende von Menschen, die abends um diese Zeit von ihrer Arbeit kamen, aus den Werften, den Docks, den Bürohäusern — aus allen Straßenbahnen, Omnibussen und Vorortzügen. Die meisten von ihnen hatten ihre Groschen schon griffbereit. Und welche Zeitung ihnen zuerst unter die Augen kam, die steckten sie in ihre Rocktasche oder falteten sie auch schon auseinander, wenn sie mit der Untergrundbahn nach Hause fuhren. Dabei war es den meisten oft gleichgültig, ob sie nun das Abendblatt oder den Nachtexpreß erwischten. Wenn es nur die neueste Zeitung war.
    Wer also zuerst kam, hatte gewonnen. Und wer hinterdrein hinkte, hatte keinen Absatz mehr, blieb stapelweise liegen. Beide Zeitungen hatten natürlich ihre festen Verkäufer. Vor allem in der Stadtmitte. Aber eine ganze Reihe von Zeitungshändlern war auch frei. Sie verkauften einfach das Blatt, welches zuerst ausgeliefert wurde. Genauso wie es auch die Kunden machten. Und an den Kiosken war es auch so. Die Zeitung, die zuerst auf dem Verkaufstisch lag, war bis zum Eintreffen der anderen im Vorteil und wurde erst einmal in größerer Anzahl abgenommen. Die Lieferwagen bedienten besonders die Außenbezirke und die Großhändler. Aber für die Innenstadt waren die Autos abends um die Hauptverkehrszeit viel zu unbeweglich. Ganz abgesehen davon, daß es beinahe unmöglich war, bei den Kiosken und Händlern jeweils Parkplätze zum Ausladen zu finden.
    Das Zentrum der Stadt mit all seinen Ecken, Einbahnstraßen und Autokolonnen wurde beinahe ausschließlich per Fahrrad beliefert. So gab es für die Jungen vom Abendblatt jeden Abend den gleichen Wettlauf. Jeden Abend ging es um Minuten.
    Schon manches Mal, wenn Redaktion und Druckerei nicht genauso schnell gearbeitet hatten wie die Konkurrenz, waren die Abendblatt-Jungen um so wilder mit ihren vollbepackten Fahrrädern losgestürmt und hatten oft mit List und Tücke doch noch den Verkauf der Auflage gerettet.
    Drüben beim Nachtexpreß waren unter den Ausfahrern so ziemlich alle Jahrgänge vertreten. Beim Abendblatt aber saßen nur Jungen im Alter von fünfzehn bis neunzehn Jahren auf den Rädern. Es hatte sich schon oft gezeigt, daß das ein Vorteil war. Unbestritten hatte aber auch Alibaba sein besonderes Verdienst. Seine Zähigkeit sprang auf die ganze Horde über, und selbst in verzweifelten Lagen war von den Jungen in ihren roten Rollkragenpullovern bis heute noch fast immer auch der letzte Stapel Zeitungen an den Mann gebracht worden. Aber das hatte auch noch seine anderen Gründe.
    Zum Beispiel heute.
    Zwölf Minuten Verspätung. Daran war nicht zu rütteln. Das waren zwölf mal sechzig Sekunden. Verdammte Kiste, 720 Sekunden! Zum Glück war auch vom Nachtexpreß weit und breit noch nichts zu sehen. Anscheinend war es ihm ähnlich ergangen. So sehr Alibaba auch immer wieder bei den Passanten, an denen er vorbeifuhr, nach einer Zeitung suchte, noch war nichts zu

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