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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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mich. Kein schöner Zug von dir –“
    Aber da war Klaus schon an dem Blinden vorbei. Er pfiff irgendeine Melodie, und dabei nahm er eine Tischdecke aus der Schublade, warf sie in die Luft und ließ sie schwungvoll landen, wo sie hingehörte.
    Plötzlich wurde er an den Schultern gepackt. Klaus hatte gar nicht gehört, wie sein Vater zu ihm getreten war.
    Der Blinde zog seinen Jungen ganz dicht zu sich heran.
    „Du, Klaus, du mußt Geduld mit mir haben, viel Geduld. Aber es kommt wieder. Jetzt weiß ich’s — es muß wiederkommen

Der Allgewaltige

    Die Büroräume des Allgewaltigen lagen im achten Stockwerk.
    Am Sprechgerät auf Fräulein Weißmüllers Schreibtisch brannte eine kleine blaue Lampe.
    Fräulein Weißmüller war die persönliche Sekretärin des Allgewaltigen, und solange jenes kleine blaue Licht aufleuchtete, hatte sie dafür zu sorgen, daß dort drüben die breite weiße Polstertür verschlossen blieb. So, als existierte sie überhaupt nicht.
    Wer jetzt versucht hätte, ins Allerheiligste einzudringen, wäre von Fräulein Weißmüller angefallen worden wie von einem Wachhund. Ali Khan wäre an ihr genauso gescheitert wie irgendein Kaiser aus China oder der Pascha von Inglahow.
    Über eine Stunde schon brannte die kleine blaue Lampe.
    Über eine Stunde schon saß hinter jener breiten weißen Polstertür Chefredakteur Clemens Sprinter seinem Chef in einem tiefen Ledersessel gegenüber.
    Sprinter hatte die Beine übereinandergeschlagen und zog nachdenklich an seiner Pfeife. Er hatte sie nun schon mehrmals von neuem angesteckt. Ohne diese Pfeife war Sprinter nicht denkbar.
    Sie war ein Teil von ihm, wie etwa seine ziemlich spitze Nase oder seine langen Arme.
    „ — glauben Sie mir, Sprinter, eines Tages merkt das auch das Publikum! Es ist immer verdächtig, wenn ein Kaufhaus oder eine Ölofenfabrik mit angeblichen Gratisbeigaben für sich wirbt. Kein Geschäftsmann kann etwas verschenken.
    Irgendwie muß der Käufer auch den Luftballon bezahlen, den man seinem Kind in die Hand drückt. Wenn wir plötzlich sagen würden, jeder, der ein Abendblatt kauft, erhält eines Tages eine Tafel Schokolade oder einen Lippenstift, dann müßte ich eben die Herstellung der Zeitung verbilligen, Redakteure und Schriftsteller entlassen, niedrigere Honorare bezahlen — um das Geld für diese Schokoladentafeln oder Lippenstifte einzusparen. Das ist eine glatte Milchmädchenrechnung, die jeder auf der Straße nachrechnen kann.“
    Mr. Voss hatte sich erhoben und trat hinter dem breiten Schreibtisch hervor ans Fenster. Er nahm einen Zug aus seiner dicken Brasil und schaute über die Dächer der benachbarten Häuser nach der Hafenchaussee hinüber, die sich wie ein breiter gerader Strich mitten durch die Stadt zog.
    Mr. Voss war Geschäftsmann durch und durch. Aber er war mehr als nur ein lebender Geldschrank, auch wenn er ein Millionenvermögen zu verwalten hatte. Er hatte sich eine noch fast jugendliche Begeisterungsfähigkeit bewahrt, auch wenn es um Dinge außerhalb seiner direkten Geschäftsinteressen ging.
    Chefredakteur Sprinter schaute nachdenklich auf den breiten Rücken, den ihm sein Chef jetzt zuwandte. Der ebenfalls breite Nacken, der den schweren, kantigen Schädel zu tragen hatte, die ganze gedrungene Gestalt, der Vergleich mit dem Bild eines kraftvollen Stieres lag wirklich nicht so fern. Und „the bull“ hatten sie den Deutschen ja auch drüben genannt, als er mit kaum zwanzig Jahren in Rio zuerst als Ringer in einer Schaubude am Roundilly aufgetreten war. Fahrstuhlführer, Zeitungsträger, Setzerlehrling — schließlich Laufbursche in der Redaktion der Weekly News, das waren die ersten Stationen gewesen. Dann war Bombay gekommen, dann New York, Abendkurse, Lesen. Und dann ein wirklich am Munde abgespartes Studium. Bis der Zweiunddreißigjährige schließlich seinen ersten Artikel bei der New York Times unterbringen konnte, Lokalschriftleiter wurde und endlich in der Redaktion saß. Es gab nichts im ganzen verzweigten Zeitungsbetrieb, das er nicht mit eigenen Händen angepackt hätte. Wie ein leibhaftiger „Stier“ hatte er sich vom Hinterhof der größten New Yorker Zeitung von Etage zu Etage höher geboxt, bis er endlich in einem Clubsessel des Aufsichtsrates gelandet war. In New York hatte er dann die Tochter eines deutschen Diplomaten geheiratet. Und schließlich hielt es ihn in Amerika nicht länger. Es zog ihn wieder nach Deutschland zurück. Auch wenn die zu Hause inzwischen einen zweiten

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