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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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gewesen.« Er guckte gekränkt. »Sonst noch was?«
    Ich machte eine kurze Pause, überlegte, ob ich eine Bestätigung für etwas erhalten wollte, das ich seit einiger Zeit vermutete. »Nur dass du vergangenes Trimester Ambrose Jakis mit einigen Männern in Kontakt gebracht hast, die dafür bekannt sind, Auftragsmorde zu begehen.«
    Sleat blickte weiter ungerührt, und sein Körper blieb ganz entspannt. Ich bemerkte aber eine leichte Anspannung in seiner Schulterpartie. »Das sagt man, ja?«
    Ich gab ihm ein Achselzucken zur Antwort, das seins in den Schatten stellte. Mein Achselzucken war so beiläufig, dass selbst eine Katze neidisch geworden wäre. »Ich bin Musiker. Ich trete an drei Abenden pro Spanne in einem Wirtshaus auf, wo immer viel los ist. Da hört man so allerhand.« Ich griff nach meinem Bierkrug. »Und was hast du über mich gehört?«
    »Dieselben Geschichten, die alle gehört haben. Du hast die Meister dazu gebracht, dich zum Studium zuzulassen, obwohl du fast |295| noch ein Kind warst. Und zwei Tage drauf hast du Meister Hemme in seinem eigenen Seminar beschämt und bist ungeschoren davongekommen.«
    »Mal davon abgesehen, dass ich ausgepeitscht wurde.«
    »Ja, davon mal abgesehen«, sagte er. »Und dabei hast du weder geschrien noch geblutet, nicht mal ein kleines bisschen. Ich hätte das niemals geglaubt, aber es gab ja hunderte Augenzeugen.«
    »Ja, der Publikumsandrang war nicht schlecht«, sagte ich. »Und das Wetter hat auch mitgespielt.«
    »Ich habe Leute, die zu einer gewissen Dramatik neigen, dich hinterher ›Kvothe den Blutlosen‹ nennen hören«, sagte er. »Aber ich nehme an, das kommt eher daher, dass du ein Edema Ruh bist und also von edlem Geblüt denkbar weit entfernt.«
    Ich lächelte. »Sowohl als auch. Nehme ich an.«
    Er schaute nachdenklich drein. »Ich habe davon gehört, dass du dir mit Meister Elodin im Refugium einen Zweikampf geliefert hast. Dabei wurde fürchterliche Magie entfesselt, und am Ende gewann er, indem er dich erst durch eine Steinmauer und anschließend vom Dach geschleudert hat.«
    »Erzählt man sich auch, worum es bei diesem Kampf ging?«, fragte ich.
    »Da streiten sich die Gelehrten«, erwiderte er. »Eine Beleidigung. Ein Missverständnis. Du hättest versucht, ihn seiner Magie zu berauben. Er hätte versucht, dir eine Frau auszuspannen. Der übliche Blödsinn halt.«
    Sleat rieb sich das Gesicht. »Was haben wir denn noch? Du spielst ganz passabel Laute und bist stolz wie ein Gockel. Du bist ungehobelt, scharfzüngig und kennst keinen Respekt Höhergestellten gegenüber – was angesichts deiner niederen Geburt also so ziemlich jeden betrifft.«
    Ich spürte, wie mir die Wut erst ins Gesicht und dann durch den ganzen Körper schoss. »Ich bin der beste Musiker, dem du je begegnen wirst … den du je auch nur von Weitem sehen wirst«, sagte ich, und zwang mich, ruhig zu bleiben. »Und ich bin durch und durch ein Edema Ruh. Und das heißt: Mein Blut ist rot. Ich atme die Luft der Freiheit und gehe, wohin mich meine Füße tragen. Ich katzbuckele |296| nicht vor dem Titel eines Mannes. Für Leute, die erstaunlicherweise aufrecht stehen können, obwohl sie gar kein Rückgrat haben, mag das wie Stolz aussehen.«
    Sleat warf mir ein lässiges Lächeln zu, und da wurde mir klar, dass er mich geködert hatte. »Man sagt auch, dass du zu Wutausbrüchen neigst. Und dann kursieren über dich noch die seltsamsten Gerüchte. Du kämst mit einer Stunde Schlaf pro Nacht aus. Du hättest Dämonenblut. Du könntest mit den Toten sprechen …«
    Ich beugte mich neugierig vor. Das war keins der Gerüchte, die ich selbst in die Welt gesetzt hatte. »Echt? Rede ich mit Geistern, oder behaupten die, dass ich Leichen ausgrabe?«
    »Geister … nehme ich an«, sagte er. »Von Grabraub war bisher jedenfalls nicht die Rede.«
    Ich nickte. »Sonst noch was?«
    »Bloß dass du vergangenes Trimester in einer Gasse von zwei Männern überfallen wurdest, die dafür bekannt sind, Auftragsmorde zu begehen. Und obwohl sie mit Messern bewaffnet waren und dich dieser Überfall kalt erwischt hat, hast du den einen geblendet und den anderen bewusstlos geschlagen und dabei Feuer und Blitz auf sie herabbeschworen, genau wie Taborlin der Große.«
    Wir musterten uns einen Moment lang gegenseitig. Und das Schweigen, das zwischen uns herrschte, war nicht allzu behaglich. »Hast du Ambrose mit ihnen in Kontakt gebracht?«, fragte ich schließlich.
    »Das«, sagte Sleat, »ist keine gute Frage.

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