Die Furcht des Weisen / Band 1
Sie impliziert, dass ich über derartige Geschäfte im Nachhinein überhaupt noch reden würde.« Er sah mich ausdruckslos an, weder um den Mund noch um die Augen auch nur die Andeutung eines Lächelns. »Und außerdem: Würdest du darauf vertrauen, dass ich dir ehrlich antworte?«
Ich runzelte die Stirn.
»Ich kann dir jedoch sagen, dass nach all diesen Geschichten niemand mehr Interesse hat, einen derartigen Auftrag anzunehmen«, sagte Sleat im Plauderton. »Nicht dass es hier für so etwas überhaupt viel Bedarf gäbe. Wir sind ja alle so überaus zivilisiert.«
»Und nicht dass du davon wüsstest, wenn so etwas in Gange wäre.«
|297| Da kehrte sein Lächeln zurück. »Genau.« Er beugte sich vor. »Aber genug geplaudert. Was kann ich für dich tun?«
»Ich brauche einen Bauplan für einen bestimmten magischen Gegenstand.«
Er stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte. »Und …«
»Er enthält Sygaldrie, die Kilvin den El’the vorbehält.«
Sleat nickte sachlich. »Und wie bald brauchst du das? In ein paar Stunden? Ein paar Tagen?«
Ich dachte daran, dass Wil und Sim immer noch nachts auf mich aufpassten. »Je eher, desto besser.«
Sleats Blick schien in weite Ferne zu schweifen. »Das wird dich aber was kosten, und ich kann nicht garantieren, dass ich pünktlich liefern kann.« Sein Blick richtete sich wieder auf mich. »Und wenn du erwischt wirst, werden sie dich ebenfalls wegen unrechtmäßiger Erfassung drankriegen – mindestens.«
Ich nickte.
»Dir ist klar, was dir da für Strafen drohen?«
»Für unrechtmäßige Erfassung des Arkanen, bei der keine andere Person zu Schaden kommt«, rezitierte ich, »wird der schuldig gesprochene Student bestraft mit: einer Geldstrafe von bis zu zwanzig Talenten, Auspeitschen mit bis zu zehn Hieben, Ausschluss aus dem Arkanum oder Ausschluss aus der Universität.«
»Mir haben sie damals die vollen zwanzig Talente aufgebrummt und mich für zwei Trimester ausgeschlossen«, sagte Sleat in grimmigem Ton. »Und dabei ging’s nur um ein bisschen Alchemie auf Re’lar-Niveau. Wenn das hier El’the-Niveau ist, würde die Strafe entsprechend schwerer ausfallen.«
»Wie viel verlangst du?«, fragte ich.
»Um das innerhalb einiger Tage zu beschaffen …« Er blickte einen Moment lang zur Decke. »Dreißig Talente.«
Mir rutschte das Herz in die Hose, aber ich ließ mir nichts anmerken. »Kann man darüber reden?«
Er zeigte wieder sein lässiges Lächeln. »Ich handele auch mit Gefälligkeiten«, sagte er. »Aber für dreißig Talente müsste das schon eine verdammt große Gefälligkeit sein.« Er sah mich nachdenklich an. »Wir könnten uns da vielleicht auf etwas einigen. Ich fühle mich |298| aber verpflichtet, zu erwähnen: Wenn ich eine Gefälligkeit einfordere, muss sie auch sofort erbracht werden. Dieser Punkt ist nicht verhandelbar.«
Ich nickte ganz ruhig, um ihm zu zeigen, dass ich das verstanden hatte. Gleichzeitig aber krampfte sich mir der Magen zusammen. Das war keine gute Idee, das spürte ich instinktiv.
»Hast du Schulden bei irgendwem?«, fragte er. »Und lüg mich nicht an. Ich kriege es sowieso raus.«
»Sechs Talente«, sagte ich beiläufig. »Fällig zum Trimesterende.«
Er nickte. »Ich nehme mal an, die hast du von keinem regulären Geldverleiher bekommen. Warst du bei Heffron?«
Ich schüttelte den Kopf. »Bei Devi.«
Zum ersten Mal während unseres Gesprächs verlor Sleat ein wenig die Beherrschung, und sein Lächeln war wie weggewischt. »Devi?« Er machte Anstalten aufzustehen, den ganzen Körper gespannt. »Nein. Ich glaube nicht, dass wir miteinander ins Geschäft kommen. Wenn du Bargeld hättest, wäre es was anderes.« Er schüttelte den Kopf. »Aber so … Nein. Wenn du schon Devi gegenüber Verpflichtungen hast …«
Seine Reaktion ließ mich im ersten Moment frösteln, doch dann wurde mir klar, dass er lediglich versuchte, den Preis hochzutreiben. »Und was wäre, wenn ich mir bei dir Geld leihen würde, um meine Schulden bei ihr zu begleichen?«
Sleat schüttelte den Kopf und gewann allmählich die Fassung wieder. »Das wäre ein eklatanter Fall von Abwerbung«, sagte er. »Devi hegt doch ein dauerhaftes Interesse an dir. Dieses Darlehen betrachtet sie als Investition.« Er trank einen Schluck und räusperte sich vielsagend. »Außerdem sieht sie es gar nicht gern, wenn andere Leute in ihr Revier eindringen.«
Ich hob eine Augenbraue. »Tja, dann hab ich mich wohl von deinem Ruf täuschen lassen«, sagte ich.
Weitere Kostenlose Bücher