Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
dafür gefunden, dass auch nur ein Mitglied der Amyr von der Kirche vor Gericht gestellt worden wäre. Keinen einzigen. Ist es da wirklich so weit hergeholt, sich vorzustellen, dass sie beschlossen haben könnten, in den Untergrund zu gehen, um ihre Arbeit im Geheimen fortzuführen?
    Und wenn diese Annahme plausibel erscheint«, fuhr ich fort, bevor Wilem mich unterbrechen konnte, »erscheint es dann nicht auch plausibel, dass sie versuchen könnten, ihr Geheimnis zu wahren, indem sie über Jahrhunderte hinweg ihre Spuren aus den Geschichtsbüchern tilgen?«
    Darauf herrschte erst mal Schweigen.
    Wilem tat es nicht von vornherein ab. »Eine interessante Theorie«, sagte er. »Aber sie führt mich zu einer letzten Frage.« Er sah mich besorgt an. »Hast du was getrunken?«
    Ich sank auf meinem Stuhl zusammen. »Nein.«
    Er stand auf. »Dann solltest du damit anfangen. Du hast viel zu viel Zeit mit diesen Büchern verbracht. Du musst dir den Staub aus dem Gehirn spülen.«
    Also gingen wir etwas trinken, aber von meinem Verdacht ließ ich nicht ab. Ich trug die Idee Simmon vor, als ich das nächste Mal Gelegenheit dazu hatte. Er akzeptierte sie bereitwilliger als Wilem. Damit will ich nicht sagen, dass er mir glaubte – er akzeptierte einfach nur, dass diese Möglichkeit bestand. Und er sagte, ich sollte es Lorren gegenüber erwähnen.
    Doch das tat ich nicht. Der stets ausdruckslos dreinblickende Meister der Bibliothek machte mich immer noch nervös, und ich |494| ging ihm aus dem Weg, weil ich fürchtete, ich könnte ihm versehentlich einen Vorwand liefern, mich erneut aus der Bibliothek zu verbannen. Das Letzte, was ich wollte, war, ihm gegenüber anzudeuten, dass in seiner kostbaren Bibliothek seit dreihundert Jahren eine geheime Säuberung stattfand.

|495| Kapitel 49
Der unwissende Edema
    E lxa Dal winkte mir über den Hof zu. »Kvothe!«, rief er und lächelte freundlich. »Ich hatte gehofft, dich zu sehen! Hast du einen Augenblick Zeit für mich?«
    »Selbstverständlich«, sagte ich. Ich mochte Meister Dal, aber außerhalb des Hörsaals hatten wir nie viel miteinander zu tun gehabt. »Darf ich Euch auf ein Gläschen einladen? Oder zum Mittagessen? Ich wollte mich ohnehin noch auf angemessene Weise bei Euch bedanken, dass Ihr Euch bei dem Verfahren so für mich einsetzt habt, aber ich hatte in den letzten Tagen so viel zu tun …«
    »Ja, ich auch«, sagte Dal. »Ich wollte dich schon seit ein paar Tagen sprechen, aber es ist immer irgendwas dazwischen gekommen.« Er sah sich um. »Zu einem kleinen Mittagsmahl würde ich nicht Nein sagen, aber trinken sollte ich besser nichts. Ich muss in nicht mal einer Stunde eine Zulassungsprüfung abnehmen.«
    Wir gingen in den WEISSEN HIRSCHEN. Ich hatte dieses Lokal noch nie von innen gesehen, denn es war viel zu kostspielig für jemanden wie mich.
    Elxa Dal trug sein dunkles Meistergewand, und der Wirt katzbuckelte vor ihm, während er uns zu einem etwas abseits stehenden Tisch geleitete. Dal wirkte vollkommen unbefangen, als er dort Platz nahm, ich aber wurde zusehends nervös. Weshalb wollte der Meister der Sympathie mit mir sprechen?
    »Was darf ich Euch bringen?«, fragte der große, dünne Wirt, sobald wir saßen. »Etwas zu trinken? Eine Käseauswahl? Wir haben heute auch eine köstliche Forelle in Zitronensauce.«
    »Die Forelle und den Käse bitte«, sagte Dal.
    |496| Der Wirt wandte sich an mich. »Und was darf ich Euch bringen?«
    »Ich nehme auch die Forelle«, sagte ich.
    »Wunderbar«, sagte er und rieb sich die Hände. »Und zu trinken?«
    »Apfelwein«, sagte ich.
    »Habt ihr roten Fallows?«, fragte Dal zögerlich.
    »Ja, haben wir«, sagte der Wirt. »Und es ist ein ausgezeichneter Jahrgang, wenn ich mir dieses Urteil erlauben darf.«
    »Dann nehme ich einen Kelch davon«, sagte Dal und sah zu mir hinüber. »Ein kleiner Kelch dürfte mein Urteilsvermögen nicht allzu sehr trüben.«
    Der Wirt eilte von dannen und ließ mich mit Elxa Dal allein. Es war ein seltsames Gefühl, ihm an einem Tisch gegenüber zu sitzen. Nervös rutschte ich ein wenig auf meinem Platz hin und her.
    »Also, wie geht es dir?«, fragte Dal im Plauderton.
    »Ganz gut«, erwiderte ich. »Das Trimester ist sehr gut verlaufen, mal abgesehen von …« Ich wies mit einer vagen Handbewegung in Richtung Imre.
    Dal lachte bitter. »Das war ein Zusammenstoß mit den alten Zeiten, was?« Er schüttelte den Kopf. »Vereinigung mit dämonischen Mächten. Mein Gott …«
    Der Wirt brachte

Weitere Kostenlose Bücher