Die Furcht des Weisen / Band 1
dieses Trimester an den Zulassungsprüfungen teilnehmen würdest.«
»Wie bitte?«, fragte ich. »Wieso?«
Manet legte ganz ruhig seine Karten hin. »Kvothe. Du bist ein kluger Junge, aber wenn du etwas nicht hören willst, kannst du ganz |501| schön schwerhörig sein.« Er sah nach links und rechts zu Wilem und Simmon. »Könnt ihr ihm das nicht erklären?«
»Nimm ein Freitrimester«, sagte Wilem, ohne von seinem Blatt aufzusehen. »Du Holzkopf.«
»Ja, das wäre wirklich das Beste«, sagte Simmon ernst. »Alle reden immer noch über das Gerichtsverfahren. Ja, die Leute reden über gar nichts anderes mehr.«
»Das Gerichtsverfahren?« Ich lachte. »Das ist doch schon über eine Spanne her. Dann reden sie halt darüber, dass ich für unschuldig befunden und sowohl vor dem Eisernen Gesetz als auch vor dem Gericht des gütigen Tehlu freigesprochen wurde.«
Manet schnaubte und ließ seine Karten wieder sinken. »Es wäre besser gewesen, wenn du in aller Stille für schuldig befunden worden wärest, statt mit solchem Aufsehen für unschuldig.« Er sah mich an. »Weißt du, wie lange es her ist, dass ein Arkanist das letzte Mal aufgrund einer Vereinigung mit dämonischen Mächten angeklagt wurde?«
»Nein«, gestand ich.
»Ich auch nicht«, erwiderte er. »Und das heißt, dass es schon sehr, sehr lange her sein muss. Du bist unschuldig. Schön für dich. Aber dieses Verfahren hat der ganzen Universität ein fettes blaues Auge verpasst. Es hat die Leute daran erinnert, dass zwar vielleicht nicht du es verdient hast, auf dem Scheiterhaufen zu landen, irgendein anderer Arkanist aber bestimmt.« Er schüttelte den Kopf. »Du kannst davon ausgehen, dass die Meister durch die Bank stinksauer sind.«
»Manche Studenten waren auch nicht allzu erfreut darüber«, bemerkte Wil.
»Es war doch nicht meine Schuld, dass es zu diesem Verfahren gekommen ist!«, protestierte ich und ruderte gleich zurück. »Na ja, teilweise vielleicht schon. Aber Ambrose hat das angezettelt. Er stand die ganze Zeit hinter den Kulissen und hat sich ins Fäustchen gelacht.«
»Das mag sein«, sagte Wil. »Aber selbst Ambrose ist so vernünftig, dieses Trimester nicht an den Prüfungen teilzunehmen.«
»Wie bitte?«, fragte ich verblüfft. »Er nimmt nicht an den Zulassungsprüfungen teil?«
|502| »Nein«, sagte Wilem. »Er ist vorgestern nach Hause abgereist.«
»Aber seine Verbindung zu dem Verfahren lässt sich doch überhaupt nicht beweisen«, sagte ich. »Wieso sollte er da abhauen?«
»Weil die Meister nicht dumm sind«, erwiderte Manet. »Ihr beide seid wie tollwütige Hunde aufeinander losgegangen, immer wieder, seit eurer ersten Begegnung.« Er tippte sich nachdenklich mit einem Finger an die Lippen, auf seinem Gesicht ein Ausdruck übertriebener Arglosigkeit. »Apropos. Was hast du eigentlich im GOLDENEN PONY gemacht, ausgerechnet an dem Abend, als in Ambroses Gemächern ein Feuer ausbrach?«
»Karten gespielt«, sagte ich.
»Ja, natürlich«, erwiderte Manet sarkastisch. »Ihr beide habt jetzt ein ganzes Jahr lang Steine aufeinander geschmissen, und jetzt hat einer dieser Steine ein Hornissennest getroffen. Das einzig Vernünftige, das man in so einer Situation tun kann, ist wegzulaufen und in sicherer Entfernung abzuwarten, bis sich das Gesummse wieder gelegt hat.«
Simmon räusperte sich. »Ich stimme nur sehr ungern in diesen Chor ein«, sagte er entschuldigend. »Aber es hat sich herumgesprochen, dass du bei einem Mittagessen mit Sleat gesehen wurdest.« Er verzog das Gesicht. »Und Fela hat mir erzählt, sie hätte gehört, dass du … äh … Devi den Hof machst.«
»Das mit Devi stimmt nicht, und das weißt du auch«, sagte ich. »Ich habe sie nur besucht, um mich wieder mit ihr zu vertragen. Und während ich bei ihr war, war sie eine Zeit lang kurz davor, mir an die Gurgel zu gehen. Und mit Sleat habe ich mich nur ein einziges Mal unterhalten. Und dieses Gespräch hat keine Viertelstunde gedauert.«
»Devi?«, stieß Manet entgeistert hervor. »Devi und Sleat? Die eine rausgeschmissen, der andere so gut wie?« Er warf die Karten hin. »Wieso lässt du dich mit solchen Leuten sehen? Ja, wieso lasse ich mich mit
dir
sehen?«
»Also bitte«, sagte ich und sah zwischen Wil und Sim hin und her. »Ist das wirklich so schlimm?«
Wilem legte seine Karten nieder. »Ich prophezeie dir«, sagte er ganz ruhig, »wenn du an der Zulassungsprüfung teilnimmst, werden |503| sie dir Studiengebühren von mindestens fünfundzwanzig
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