Die Furcht des Weisen / Band 1
dass du vorbeikommst, um deine Schulden zu begleichen, bevor du ans andere Ende der Welt aufbrichst. Wer weiß, wann du wiederkommst.«
»In der Tat«, sagte ich. »Allerdings befinde ich mich finanziell in einer etwas unguten Situation.«
Devi schüttelte bereits den Kopf, als ich den Satz noch gar nicht beendet hatte. »Kommt nicht in Frage. Du stehst bei mir schon mit neun Talenten in der Kreide. Ich leihe dir doch nicht noch mehr Geld – an dem Tag, an dem du aus der Stadt abhaust.«
Ich hob abwehrend die Hände. »Du verstehst mich falsch«, sagte ich. Dann schnürte ich meinen Geldbeutel auf und schüttete vor ihr allerhand Münzen auf den Schreibtisch. Dennas Ring fiel auch mit heraus, und ich fing ihn gerade noch auf, ehe er von der Tischplatte kullern konnte.
Ich zeigte auf den Münzhaufen. Es waren insgesamt etwas mehr als dreizehn Talente. »Das ist alles Geld, das ich auf dieser Welt besitze«, sagte ich. »Damit muss ich eine schnelle Reise nach Severen bezahlen. Mindestens tausend Meilen. Das heißt eine oder auch mehrere Schiffspassagen, Unterkunft und Verpflegung, Geld für Kutschen et cetera.«
Während ich das alles aufzählte, schob ich einen entsprechenden Geldbetrag von einer Seite des Schreibtischs zur anderen. »Und wenn ich dann in Severen angekommen bin, muss ich mir Kleider kaufen, die es mir erlauben, am Hofleben teilzunehmen, ohne dass ich wie der mittellose Musiker aussehe, der ich im Grunde bin.« Ich schob weitere Münzen über den Tisch. Dann zeigte ich auf das wenige verbliebene Geld. »Und deshalb bleibt mir nun nicht mehr genug, um meine Schulden bei dir zu begleichen.«
Devi sah mich über ihre verschränkten Finger hinweg an. »Ich verstehe«, sagte sie. »Wir müssen einen anderen Weg finden, wie du deine Schulden begleichen könntest.«
»Ich dachte mir«, sagte ich, »dass ich dir bis zu meiner Rückkehr einige Sicherheiten dalassen könnte.«
|516| Ihr Blick huschte zu der schlanken, dunklen Silhouette meines Lautenkastens.
»Nicht meine Laute«, beeilte ich mich zu sagen. »Die brauche ich.«
»Was denn sonst?«, fragte sie. »Du hast doch immer behauptet, du hättest gar keine Sicherheiten.«
»Ich besitze einige Dinge«, sagte ich und zog ein Buch aus meinem Reisesack hervor.
Devis Augen leuchteten auf. Dann las sie das Rückenschild. »
Rhetorik und Logik
?« Sie verzog das Gesicht.
»Ja, ich weiß«, sagte ich. »Aber es hat einen gewissen Wert. Vor allem für mich. Außerdem …« Ich griff in meinen Umhang und zog meine Handlampe hervor. »… habe ich das hier. Eine Sympathielampe, die ich selbst konstruiert habe. Der Lichtstrahl lässt sich fokussieren, und mit diesem Schalter kann man die Leuchtkraft regeln.«
Devi nahm sie und nickte. »Ich erinnere mich an diese Lampe«, sagte sie. »Das letzte Mal hast du gesagt, du könntest sie nicht hergeben, weil du Kilvin irgendwas versprochen hast. Hat sich daran etwas geändert?«
Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf, das zu zwei Dritteln geheuchelt war. »Dieses Versprechen ist es ja gerade, was diese Lampe zu der perfekten Sicherheit macht«, sagte ich. »Wenn du Kilvin diese Lampe bringst, bin ich mir absolut sicher, dass er dir eine üppige Summe zahlt, nur um das gute Stück aus deinen …« Ich räusperte mich. »… verrufenen Händen zu befreien.«
Devi knipste die Lampe an und regelte mit einer Daumenbewegung die Leuchtkraft. »Und ich nehme an, das würdest du zur Bedingung machen? Dass ich sie Kilvin bringe?«
»Du kennst mich so gut«, sagte ich. »Es ist mir schon fast peinlich.«
Devi legte die Lampe neben mein Buch auf den Tisch und atmete langsam durch die Nase ein. »Ein Buch, das nur für dich wertvoll ist«, sagte sie. »Und eine Lampe, die nur für Kilvin einen Gegenwert besitzt.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist kein interessantes Angebot.«
Nun griff ich mir an die Schulter, löste mit großem Bedauern das Panflöten-Abzeichen und legte es auf den Tisch. »Das ist aus Silber«, sagte ich. »Und schwierig zu bekommen. Außerdem hast du damit immer freien Eintritt im EOLIAN.«
|517| »Ich weiß, was das ist.« Devi nahm das Abzeichen und betrachtete es aufmerksam. Dann bemerkte sie: »Du hattest auch noch einen Ring.«
Ich erstarrte. »Den darf ich nicht hergeben.«
Sie lachte. »Er steckt in deiner Tasche, nicht wahr?« Sie schnippte mit den Fingern. »Komm. Zeig mal her.«
Ich zog den Ring hervor, gab ihn aber nicht aus der Hand. »Ich hab viel durchgemacht für diesen
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