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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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gekränkt an. »Es wäre für mich keine Mühe.«
    »Ich weiß doch, Stapes, ich weiß. Aber ich hatte gehofft, du könntest mir stattdessen einen neuen Krug Apfeltee bringen. Ich habe das Gefühl, das würde meinem Magen gut tun.«
    »Sehr wohl.« Stapes eilte nach draußen und schloss die Tür hinter sich.
    Sobald sie zu war, trat ich zu dem Käfig. Die farbenprächtigen kleinen Vögel flatterten schwindelerregend schnell von einer Sitzstange zu anderen. »Hübsche Dinger«, hörte ich den Maer murmeln. »Als Kind haben sie mich fasziniert. Ich weiß noch, wie ich dachte, |578| es müsste doch herrlich sein, den ganzen Tag nichts als Zucker zu essen.«
    An der Außenseite des Käfigs waren drei Futterspender angebracht, mit Zuckerwasser gefüllte gläserne Röhren. Zwei hatten wie kleine Selasblüten geformte Tüllen, der dritte war einer stilisierten Iris nachempfunden. Ideale Haustiere für Adlige. Wer sonst konnte es sich leisten, täglich Zucker an seine Lieblinge zu verfüttern?
    Ich schraubte die Futterspender oben auf und goss jeweils ein Drittel der Arznei hinein. Das leere Fläschchen hielt ich dem Maer hin. »Was tut ihr normalerweise damit?«
    Er stellte es auf den Tisch neben seinem Bett.
    Ich wartete, bis einer der Vögel zu einem Futterspender flog und trank. »Wenn Ihr Stapes sagt, Ihr wolltet die Vögel selber versorgen, füttert er sie dann nicht mehr?«
    »Nein. Er gehorcht mir immer aufs Wort.«
    »Gut. Füllt die Futterspender erst nach, wenn die Vögel sie leer getrunken haben. Dann nehmen sie eine konzentriertere Dosis zu sich, und wir sehen das Ergebnis schneller. Wohin soll ich den Käfig stellen?«
    Er ließ den Blick langsam durchs Zimmer wandern. »Neben die Kommode im Ankleidezimmer«, sagte er schließlich. »Dort kann ich ihn von hier sehen.«
    Ich rollte den Käfig vorsichtig ins Nachbarzimmer. Bei meiner Rückkehr schenkte Stapes dem Maer gerade ein Glas Apfeltee ein.
    Ich verbeugte mich vor Alveron. »Wenn Ihr erlaubt, Euer Gnaden.«
    Er entließ mich mit einer Handbewegung. »Kvothe wird am späteren Nachmittag noch einmal kommen, Stapes. Lass ihn bitte herein, auch wenn ich schlafe.«
    Stapes nickte steif und warf mir erneut einen missbilligenden Blick zu.
    »Er bringt vielleicht ein paar Dinge mit. Bitte sprich mit niemandem darüber.«
    »Wenn Ihr etwas wünscht …«
    Alveron lächelte müde. »Ich weiß, du könntest es mir auch besorgen, Stapes. Aber ich will den Jungen beschäftigen. Dich habe ich lieber |579| in meiner Nähe.« Er tätschelte dem Diener den Arm, und Stapes schien besänftigt. Leise ging ich.

    Mein Ausflug in die Unterstadt von Severen dauerte einige Stunden länger als geplant. Ich wollte diese Verzögerung nicht, aber sie war unumgänglich.
    Unterwegs bemerkte ich, dass sich einige Leute an meine Fersen geheftet hatten. An sich überraschte mich das nicht. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit dem von Gerüchten beherrschten Hof des Maer hatte ich sogar damit gerechnet, dass der eine oder andere Diener mir auf meinen Ausgängen folgen würde. Bei Hof war man wie gesagt sehr neugierig auf mich, und ihr könnt euch nicht vorstellen, zu welchen Mitteln gelangweilte Adlige greifen, wenn sie in den Angelegenheiten anderer herumschnüffeln wollen.
    Die Gerüchte selber kümmerten mich nicht weiter, doch ihre Folgen konnten für mich katastrophal sein. Wenn Caudicus erfuhr, dass ich nach meinem Besuch beim Maer in Apotheken eingekauft hatte, was würde er tun? Wer den Maer vergiftete, würde nicht zögern, mich auszulöschen wie eine Kerze.
    Um also keinen Verdacht zu erregen, kaufte ich mir in Severen zunächst einmal etwas zu essen. Ein schmackhaftes, heißes Eintopfgericht und dazu grobes Brot. Das feine Essen, das immer schon lauwarm war, wenn es in meinen Räumen ankam, hatte ich gründlich satt.
    Danach kaufte ich zwei kleine Fläschchen, wie man sie üblicherweise für Schnaps verwendet. Anschließend sah ich an einer Straßenecke eine erholsame halbe Stunde lang einer kleinen Schauspieltruppe zu, die den letzten Akt von
Der Geist und die kleine Gänsehirtin
spielte. Die Schauspieler waren zwar keine Edema Ruh, schlugen sich aber wacker. Als anschließend der Hut herumging, spendete ich großzügig aus der Börse des Maer.
    Dann betrat ich endlich eine wohlsortierte Apotheke. Ich kaufte scheinbar willkürlich und zerstreut einige Dinge ein. Nachdem ich alles hatte, was ich brauchte, und auch einiges, das ich nicht brauchte, |580| fragte ich den Apotheker

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