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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Kessler. »Ein zweites Paar Augen, mit dem man besser sieht.« Er nahm die Brille und setzte sie Jax auf.
    Jax sah sich um. »Aber es sieht alles gleich aus«, sagte er. Dann hob er den Kopf. »Was ist das?«
    »Das sind die Sterne«, antwortete der Kessler.
    »Die habe ich noch nie gesehen.« Jax drehte sich um sich selbst. Plötzlich hielt er an. »Und das?«
    »Das ist Frau Luna.«
    »Ich glaube, sie würde mich glücklich machen«, sagte Jax.
    »Na bitte«, meinte der Kessler erleichtert. »Du bekommst die Brille.«
    »Aber Ansehen allein macht mich nicht glücklich«, sagte Jax. »Genauso wenig wie es mich satt macht, Essen anzusehen. Ich will Frau Luna besitzen. Sie soll mir gehören.«
    »Ich kann sie dir nicht geben«, erwiderte der Kessler. »Sie gehört mir nicht. Sie gehört nur sich selbst.«
    »Nur sie kann mich glücklich machen.«
    »Tja, dann kann ich dir nicht helfen«, sagte der Kessler mit einem tiefen Seufzer. »Mein Ranzen gehört mitsamt seinem Inhalt dir.«
    |798| Jax nickte ernst.
    »Und hier ist mein Stock. Ein guter, fester Stock.«
    Jax nahm ihn in die Hand.
    »Wärst du wohl bereit, mir meinen Hut zu lassen?«, fragte der Kessler ein wenig zögernd. »Er ist mir sehr ans Herz gewachsen.«
    »Aber er gehört jetzt von Rechts wegen mir«, entgegnete Jax. »Wenn er dir so viel bedeutet, hättest du nicht auf ihn wetten dürfen.« Der Kessler gab ihm widerwillig den Hut.
    Tempi brummte leise und schüttelte den Kopf, Hespe nickte lächelnd. Offenbar wissen sogar die Adem, dass es Unglück bringt, einem Kessler eine höfliche Bitte abzuschlagen.
    Jax setzte sich den Hut auf, nahm den Stock und hob den Ranzen. Da sah er das dritte Fach, das noch geschlossen war. »Was ist da drin?«, fragte er.
    »Dinge, an denen du ersticken sollst«, schimpfte der Kessler.
    »Warum regst du dich wegen eines Huts so auf?«, erwiderte der Junge. »Ich brauche ihn nötiger als du, denn ich habe einen weiten Weg vor mir, bis ich Frau Luna gefunden habe und sie mir gehört.«
    »Wenn du mir den Hut nicht weggenommen hättest, hätte ich dir geholfen, sie zu finden«, sagte der Kessler.
    »Ich lasse dir dafür das kaputte Haus. Das ist doch auch etwas. Obwohl es jetzt deine Aufgabe ist, es zu reparieren.«
    Jax setzte die Brille auf und ging die Straße in Richtung des Mondes entlang. Er marschierte die ganze Nacht und hielt erst an, als der Mond hinter den Bergen verschwand.
    Und so ging er Tag für Tag weiter, unablässig auf der Suche nach Frau Luna.

    Dedan schnaubte. »Das kommt mir irgendwie bekannt vor«, brummte er so laut, dass alle es hören konnten. »Ich frage mich, ob er seine Zeit nicht genauso nutzlos verschwendet hat wie wir.«
    Hespe starrte ihn böse an. Ihre Kiefermuskeln mahlten.
    Ich seufzte leise.
    |799| »Bist du fertig?«, fragte Hespe scharf.
    »Womit?«, fragte Dedan.
    »Du sollst gefälligst den Mund halten, wenn ich eine Geschichte erzähle.«
    »Die anderen haben auch alle etwas gesagt!« Dedan stand empört auf. »Sogar der Stumme hat was gebrummt.« Er zeigte auf Tempi. »Warum werde ich dann als Einziger geschimpft?«
    Hespe musterte ihn voller unterdrückter Wut. »Weil du mitten in meiner Geschichte Streit suchst.«
    »Ich suche keinen Streit, ich sage nur die Wahrheit«, erwiderte Dedan mürrisch. »Das muss doch jemand tun.«
    Hespe warf die Hände in die Luft. »Fängst du schon wieder an? Kannst du nicht einmal einen Abend lang Ruhe geben? Bei jeder Gelegenheit meckerst du!«
    »Wenigstens spreche ich es aus, wenn ich anderer Meinung bin, und drücke mich nicht feige davor.«
    Hespes Augen schossen Blitze, und ich beschloss wider besseres Wissen, einzugreifen. »Also gut«, sagte ich und sah Dedan an. »Wenn du eine bessere Idee hast, wie wir diese Banditen suchen können, lass hören. Lass uns wie Erwachsene darüber sprechen.«
    Dedan war keineswegs eingeschüchtert. Stattdessen richtete sich seine Empörung jetzt auf mich. »Was weißt du schon von Erwachsenen? Ich bin es leid, von einem Jungen Anweisungen entgegenzunehmen, der noch nicht mal Haare auf den Eiern hat.«
    »Wenn der Maer wüsste, wie viele Haare du auf den Eiern hast, hätte er bestimmt dich zum Anführer bestimmt«, entgegnete ich aufreizend ruhig, wie ich hoffte. »Leider ist ihm das offenbar entgangen, und so hat er stattdessen mich genommen.«
    Dedan wollte etwas erwidern, aber Tempi fiel ihm ins Wort. »Was bedeutet Eier?«, fragte er neugierig.
    Dedans Empörung fiel in sich zusammen, und er sah Tempi mit

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