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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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erste Geigerin seit zehn Jahren, die mich zum Tanzen gebracht hat. Da scheint es mir das Mindeste zu sein, dass ich dich zum Dank zu einem Gläschen einlade.«
    Marie erwiderte sein Lächeln, halb belustigt, halb gequält. »Ich bin auf dem zweiten Rang«, sagte sie und wies zur Treppe. »Aber in, sagen wir mal, zwei Stunden wäre ich frei …«
    »Äußerst liebenswürdig von dir«, sagte er. »Soll ich zu dir kommen?«
    »Ja, das sollst du«, sagte sie und bedachte ihn, ehe sie sich zum Gehen wandte, mit einem nachdenklichen Blick.
    Manet nahm wieder Platz und trank einen Schluck.
    Simmon sah ebenso baff aus wie wir anderen es waren. »
Was war das denn
?«, fragte er.
    Manet kicherte in seinen Bart hinein, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und hielt sich seinen Krug vor die Brust. »Das«, sagte er in süffisantem Ton, »ist nur eins von den vielen Dingen, von denen ich im Gegensatz zu euch Jungspunden etwas verstehe. Gebt fein acht, hier könnt ihr noch was lernen.«

    Wenn Adlige einem Musiker ihre Anerkennung bezeugen wollten, schenkten sie ihm Geld. Als ich im EOLIAN aufzutreten begann, hatte ich einige derartige Geldgeschenke erhalten, und eine Zeit lang hatten sie mir sehr geholfen, meine Studiengebühren aufzubringen und mich allgemein über Wasser zu halten – wenn auch nur gerade mal so. Ambrose hatte jedoch bei seiner Kampagne gegen mich eine solche Hartnäckigkeit an den Tag gelegt, dass es nun schon Monate her war, dass ich irgendetwas bekommen hatte.
    Die Musikerkollegen verfügten natürlich nicht über so große Geldmittel wie der Adel. Wenn ihnen ein Auftritt besonders gefallen hatte, luden sie einen zu einem Getränk ein. Das war der eigentliche Grund, weshalb ich an diesem Abend im EOLIAN war.
    Manet ging zum Tresen, einen Lappen holen, damit wir unseren Tisch abwischen und weiter Corners spielen konnten. Währenddessen |92| kam ein junger kealdischer Flötist und fragte, ob er uns eine Runde spendieren dürfte.
    Und siehe da: Er durfte. Er erhaschte das Augenmerk einer Kellnerin, und jeder von uns bestellte, was er am liebsten mochte, und für Manet orderten wir noch ein Bier.
    Wir tranken, spielten Karten und lauschten der Musik. Manet und ich hatten eine Pechsträhne und verloren drei Runden nacheinander. Das verdarb mir ein wenig die gute Laune, aber längst nicht so sehr wie der leise Verdacht, dass Stanchion mit seiner Einschätzung ins Schwarze getroffen hatte.
    Ein reicher Schirmherr hätte viele meiner Probleme aus der Welt geschafft. Selbst ein nicht ganz so reicher Schirmherr hätte mir ein wenig finanziellen Spielraum verschafft. Dann hätte ich wenigstens jemanden gehabt, von dem ich mir bei einem Engpass Geld hätte pumpen können, statt gezwungen zu sein, mich mit gefährlichen Leuten einzulassen.
    Von derlei Gedanken abgelenkt, spielte ich schlecht, und wir verloren die vierte Partie in Folge.
    Manet funkelte mich an, während er die Karten zum Mischen zusammenraffte. »Hier ist schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf deine Zulassungsprüfung.« Er hob eine Hand und streckte drei Finger aus. »Sagen wir mal, du hast drei Pik-Karten auf der Hand, und fünf Pik-Karten wurden schon ausgespielt.« Er hob die andere Hand, alle Finger gespreizt. »Wie viele Pik-Karten macht das zusammen?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Lass dir ruhig Zeit.«
    »Er ist immer noch ganz durcheinander, seit er gesehen hat, dass Marie tatsächlich willens ist, mit dir was zu trinken«, bemerkte Wilem trocken. »Uns allen geht es so.«
    »Mir nicht«, warf Simmon ein. »Ich wusste immer, was in dir steckt.«
    Wir wurden davon unterbrochen, dass Lily, eine der Stamm-Kellnerinnen des EOLIAN, an unseren Tisch kam. »Lily«, sagte Simmon, »wenn ich dich einladen würde, ein Gläschen mit mir zu trinken: Würdest du das in Erwägung ziehen?«
    »Ja«, sagte sie leichthin, »aber nicht sehr lange.« Sie legte ihm eine |93| Hand auf die Schulter. »Ihr habt Glück. Ein anonymer Bewunderer guter Musik hat angeboten, diesem Tisch eine Runde zu spendieren.«
    »Für mich einen Scutten«, sagte Wilem.
    »Met«, sagte Simmon und grinste.
    »Ich nehme einen Sounten«, sagte ich.
    Manet hob eine Augenbraue. »Sounten, hm?«, fragte er und sah mich an. »Dann nehme ich auch einen.« Er schenkte der Kellnerin einen wissenden Blick und nickte in meine Richtung. »Geht natürlich auf seinen Deckel.«
    »Echt?«, sagte Lily und zuckte die Achseln. »Kommt

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