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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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»Da könntest du recht haben«, sagte er und fragte dann: »Hast du trotzdem irgendwas gemacht?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich war ganz brav. Hast du Fela gefunden?«
    »Ja. Sie ist hier. Aber bevor wir reinkommen, musst du versprechen, dass du nichts tust, ohne mich vorher zu fragen. Abgemacht?«
    Ich lachte. »Abgemacht. Aber bring mich nicht dazu, vor ihren Augen irgendwelchen Blödsinn zu tun.«
    »Versprochen«, sagte Sim. »Setz dich bitte hin. Nur für alle Fälle.«
    »Ich sitze bereits«, sagte ich.
    Sim öffnete die Tür. Ich sah Fela über seine Schulter spähen.
    »Hallo, Fela«, sagte ich. »Ich muss mit dir den Termin tauschen.«
    »Erst mal«, sagte Sim, »ziehst du dein Hemd wieder an. Das ist eine Zwei.«
    »Oh«, sagte ich. »Tschuldige. Mir war so warm.«
    »Du hättest das Fenster aufmachen können.«
    »Ich hielt es für sicherer, meine Interaktionen mit äußeren Gegenständen strikt einzuschränken«, sagte ich.
    Sim hob eine Augenbraue. »Das ist eine ausgezeichnete Idee. Sie hat dich nur in diesem Fall in eine leicht falsche Richtung gelenkt.«
    »Wow«, hörte ich Felas Stimme draußen auf dem Flur. »Ist das sein Ernst?«
    »Absolut«, sagte Sim. »Und ehrlich gesagt, glaube ich, dass es jetzt zu gefährlich für dich wäre, da reinzugehen.«
    Ich zog mir das Hemd wieder an. »Angezogen!«, sagte ich. »Ich setze mich auch gern auf meine Hände, wenn dir das lieber ist.« Ich tat es, schob sie mir unter die Oberschenkel.
    Sim ließ Fela herein und schloss hinter ihr die Tür.
    »Fela, du bist einfach hinreißend«, sagte ich. »Ich würde dir alles Geld, das ich in meinem Beutel habe, dafür geben, wenn ich dich nur zwei Minuten nackt ansehen dürfte. Ich würde alles, was ich besitze, dafür geben. Nur nicht meine Laute.«
    Schwer zu sagen, wer von den beiden röter wurde. Ich glaube, Sim.
    »Das hätte ich nicht sagen sollen, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte Sim. »Das ist eine Fünf.«
    »Aber das ergibt doch keinen Sinn«, sagte ich. »Frauen sind auf |111| Gemälden nackt. Und die Leute kaufen solche Gemälde, nicht wahr? Und die Frauen posieren dafür.«
    Sim nickte. »Ja, das stimmt. Aber dennoch: Sitz einfach einen Moment lang nur da, ohne irgendwas zu sagen oder zu tun, ja?«
    Ich nickte.
    »Ich kann das kaum glauben«, sagte Fela, und die Röte wich ihr aus den Wangen. »Ich habe den Verdacht, dass ihr mir einen ausgeklügelten Streich spielt.«
    »Schön wär’s«, sagte Simmon. »Aber dieses Zeug ist wirklich äußerst gefährlich.«
    »Wie kann es sein, dass er sich an Aktgemälde erinnert, aber nicht daran, dass es sich gehört, in der Öffentlichkeit sein Hemd anzubehalten?«, fragte sie Sim, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Es erschien mir einfach nicht wichtig«, sagte ich. »Ich habe mein Hemd auch ausgezogen, als ich ausgepeitscht wurde, und das war in der Öffentlichkeit. Es erscheint mir seltsam, dass man deshalb Ärger kriegen sollte.«
    »Weißt du, was passieren würde, wenn du versuchen würdest, Ambrose niederzustechen?«, fragte Simmon.
    Ich überlegte. Es war, als wollte man sich daran erinnern, was man einen Monat zuvor zum Frühstück gegessen hatte. »Es würde wahrscheinlich zu einem Gerichtsverfahren kommen, nehme ich mal an«, sagte ich langsam. »Und alle möglichen Leute würden mir was zu trinken spendieren.«
    Fela hätte fast losgelacht und hielt sich schnell eine Hand vor den Mund.
    »Oder nehmen wir mal folgende Frage«, sagte Simmon zu mir. »Was ist schlimmer: Ein Stück Kuchen zu klauen oder Ambrose umzubringen?«
    Ich dachte einen ganzen Moment lang gründlich darüber nach. »Sandkuchen oder Obstkuchen?«
    »Wow«, sagte Fela atemlos. »Das …« Sie schüttelte den Kopf. »Da läuft’s einem ja kalt den Rücken runter.«
    Simmon nickte. »Es ist ein beängstigendes Werk der Alchemie, eine Variante eines Sedativums, das man Pflaumenschlag nennt. Man muss es nicht mal schlucken. Es dringt einfach so durch die Haut.«
    |112| Fela sah ihn an. »Und woher weißt du so viel darüber?«
    Sim lächelte matt. »Mandrag hält in jedem Alchemie-Seminar, das er gibt, einen Vortrag darüber. Ich habe die Geschichte mittlerweile bestimmt schon ein Dutzend Mal gehört. Es ist sein Lieblingsbeispiel dafür, wie sich die Alchemie missbrauchen lässt. Ein Alchemist hat es mal vor gut fünfzig Jahren dazu genutzt, das Leben einiger aturischer Regierungsbeamter zu ruinieren. Es wurde nur aufgedeckt, weil eine Gräfin bei einer Hochzeitsfeier Amok lief, ein

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