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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Dutzend Menschen umbrachte und –«
    Sim hielt inne und schüttelte den Kopf. »Es war jedenfalls eine schlimme Sache. So schlimm, dass die Geliebte des Alchemisten ihn an die Polizei verraten hat.«
    »Ich hoffe, er hat seine gerechte Strafe erhalten.«
    »Durchaus«, sagte Sim grimmig. »Aber wichtig ist, dass es bei jedem Menschen ein wenig anders wirkt. Es senkt nicht einfach nur die Hemmschwelle. Es verstärkt auch die Emotionen. Es setzt verborgene Sehnsüchte frei und verursacht ein seltsam selektives Gedächtnis, fast wie eine Art moralische Amnesie.«
    »Ich fühle mich aber ganz und gar nicht schlecht«, sagte ich. »Ja, mir geht’s sogar richtig gut. Ich mach mir bloß Sorgen wegen der Prüfung.«
    Sim wies in meine Richtung. »Siehst du? An die Prüfung erinnert er sich. Die ist ihm wichtig. Andere Dinge aber … sind wie ausgelöscht.«
    »Ist das nicht heilbar?«, fragte Fela nervös. »Sollten wir ihn nicht in die Mediho bringen?«
    Simmon wirkte nun ebenfalls nervös. »Nein, ich glaube nicht. Die würden es wahrscheinlich mit einem Purgativum versuchen, aber es ist ja nicht so, dass er eine Droge intus hätte, die nun ihre Wirkung entfaltet. Nach diesem Schema funktioniert Alchemie nicht. Er steht unter dem Einfluss ungebundener Prinzipien. Das kann man nicht aus jemandem herausspülen, so wie man es bei Quecksilber oder Ophalum versuchen würde.«
    »Purgativum klingt nicht sonderlich spaßig«, sagte ich. »Falls meine Meinung hier auch noch irgendwie zählt.«
    »Außerdem bestünde die Möglichkeit, dass sie annehmen, er |113| hätte unter dem Prüfungsstress einen Nervenzusammenbruch erlitten«, sagte Sim zu Fela. »Das ergeht jedes Trimester ein paar Studenten so. Sie würden ihn ins Refugium einweisen, bis sie ausschließen könnten, dass –«
    Ich sprang auf und ballte die Fäuste. »Lieber lass ich mich in der Hölle in Stücke hacken, als dass sie mich ins Refugium kriegen«, sagte ich wütend. »Nicht mal für eine Stunde. Nicht mal für eine Minute.«
    Sim erbleichte, wich einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. Seine Stimme aber blieb fest und ruhig. »Kvothe, ich befehle dir: Hör auf.«
    Ich hielt inne. Fela sah mich verängstigt an.
    Simmon fuhr mit Entschlossenheit fort: »Kvothe, ich befehle dir: Setz dich.«
    Ich setzte mich.
    Fela, die hinter ihm stand, sah Simmon erstaunt an.
    »Danke«, sagte Simmon freundlich und ließ die Hände wieder sinken. »Ich stimme dem zu. Die Mediho ist jetzt nicht der richtige Ort für dich. Wir können das auch hier überstehen.«
    »Das klingt doch schon viel besser«, sagte ich.
    »Selbst wenn in der Mediho alles glatt laufen sollte«, fügte Simmon hinzu, »wärst du doch mehr als üblich geneigt, dich ungezügelt auszusprechen.« Er lächelte ein wenig schief. »Geheimnisse sind die Grundsteine der menschlichen Zivilisation, und ich weiß, dass du ein paar Geheimnisse mehr hast als die meisten anderen Leute.«
    »Ich glaube nicht, dass ich irgendwelche Geheimnisse habe«, sagte ich.
    Sim und Fela lachten gleichzeitig los. »Ich fürchte, du hast gerade bewiesen, dass seine Diagnose stimmt«, sagte Fela. »Ich weiß, dass du wenigstens ein paar Geheimnisse hast.«
    »Ich auch«, sagte Sim.
    »Du bist mein Prüfstein«, sagte ich mit einem Achselzucken. Dann lächelte ich Fela zu und zog meinen Geldbeutel hervor.
    Sim schüttelte den Kopf. »Nein, nein, nein. Das habe ich dir doch schon gesagt. Sie nackt zu sehen wäre jetzt das Schlimmste überhaupt.«
    |114| Bei dieser Aussage kniff Fela ein wenig die Augen zusammen.
    »Was ist denn?«, fragte ich. »Befürchtest du, dass ich über sie herfalle?« Ich lachte.
    Sim sah mich an. »Würdest du das nicht tun?«
    »Natürlich nicht«, sagte ich.
    Er sah zu Fela hinüber, dann wieder zu mir. »Könntest du sagen, wieso nicht?«, fragte er neugierig.
    Ich überlegte. »Weil …« Ich verstummte und schüttelte den Kopf. »Weil … ich es einfach nicht könnte. Ich weiß, dass ich keine Steine essen kann. Und ich weiß, dass ich nicht durch Wände gehen kann. Und so ist es auch damit.«
    Ich konzentrierte mich noch einmal auf die Frage, und mir wurde schwindelig. Ich hielt mir eine Hand vor die Augen und versuchte, dieses plötzliche Schwindelgefühl nicht zu beachten. »Sag mir bitte, dass ich recht damit habe«, bat ich, mit einem Mal ängstlich. »Ich kann keine Steine essen, nicht wahr?«
    »Ja, du hast recht damit«, sagte Fela. »Das kannst du nicht.«
    Ich hörte auf, in meinem

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