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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Apfel.« Er eilte hinterm Tresen hin und her und brachte mir dann einen Keramikbecher und einen großen Krug. »Trink auch etwas Milch. Die muss weg, sonst wird sie schlecht. Der verdammte eislose Kühlkasten funktioniert seit ein paar Tagen nicht mehr richtig. Drei Talente hat mich das Ding gekostet. Herausgeschmissenes Geld, wo normales Eis hier doch so billig ist.«
    Ich beugte mich über den Tresen und betrachtete den länglichen Holzkasten, der inmitten der Krüge und Flaschen stand. »Ich könnte mir das mal ansehen«, bot ich an.
    Anker hob eine Augenbraue. »Kannst du da was machen?«
    »Ich kann mal schauen«, sagte ich. »Und wenn es was Einfaches ist, kann ich es vielleicht reparieren.«
    Anker zuckte die Achseln. »Kaputt machen kannst du ihn nicht, das ist er ja schon.« Er wischte sich die Hände an der Schürze ab und lud mich mit einer Handbewegung ein, hinter den Tresen zu kommen. »Ich haue dir währenddessen ein paar Eier in die Pfanne. Die müssen nämlich auch weg.« Er öffnete den Kasten, nahm einige Eier heraus und verschwand damit in der Küche.
    Ich ging hinter den Tresen und kniete mich vor den Apparat. Es war ein innen mit Steinplatten ausgekleideter Kasten von den Ausmaßen eines kleinen Schrankkoffers. Fernab der Universität hätte man so etwas für ein Wunderwerk und Luxusgut gehalten. Hier jedoch, wo sich derlei Dinge leicht beschaffen ließen, war es lediglich ein weiteres heidnisches Machwerk, das nicht richtig funktionierte.
    Es war ein ganz einfaches Handwerksstück. Es besaß keinerlei bewegliche Teile, sondern nur zwei flache, mit Sygaldrie bedeckte Zinnleisten, die als Wärmeableiter dienten.
    Ich beugte mich darüber und legte die Finger auf die Zinnleisten. Die rechte war warm, was bedeutete, dass die andere Hälfte auf der |120| Innenseite kalt sein musste. Die linke jedoch hatte nur Zimmertemperatur. Ich reckte den Hals, um mir die Sygaldrie genauer anzusehen, und entdeckte einen tiefen Kratzer im Zinn, der sich über zwei Runen zog.
    Das war die Erklärung. Ein Stück Sygaldrie gleicht in vieler Hinsicht einem Satz. Wenn man ein paar Worte herausnimmt, geht der Sinn verloren. So ist es jedenfalls meistens. Manchmal jedoch kann ein beschädigtes Stück Sygaldrie auch äußerst unangenehme Wirkungen entfalten. Ich sah mit gerunzelter Stirn auf die betreffende Zinnleiste hinab. Das war der reine Pfusch. Die Runen hätten sich auf der Innenseite der Leiste befinden müssen, wo sie nicht beschädigt werden konnten.
    Ich suchte hinter dem Tresen herum, bis ich hinten in einer Schublade einen abgelegten Eishammer fand, und klopfte damit vorsichtig die beiden beschädigten Runen in dem weichen Zinn platt. Dann konzentrierte ich mich und ritzte sie mit der Spitze eines Gravierstichels erneut in die Metallleiste ein.
    Anker kam aus der Küche zurück, einen Teller Rührei und Tomaten in der Hand. »Jetzt müsste es wieder funktionieren«, sagte ich. Ich aß aus Höflichkeit ein paar Bissen und merkte erst da, wie hungrig ich eigentlich war.
    Anker beäugte den Kasten und klappte den Deckel auf. »So einfach?«
    »Das ist wie mit allem«, sagte ich mit halb vollem Mund. »Wenn man sich damit auskennt, ist es einfach. Es
müsste
funktionieren. Warte mal bis morgen ab, ob er dann wieder kühlt.«
    Ich aß das Rührei und trank die Milch, so schnell ich konnte, ohne unhöflich zu sein. »Ich muss heute meinen ›Deckel‹ bei dir zu Geld machen«, sagte ich. »Meine Studiengebühren werden dieses Trimester richtig happig ausfallen.«
    Anker nickte und sah in einem Notizbuch nach, das er unter dem Tresen verwahrte. Er zählte die Gläser Greysdale-Met zusammen, die ich in den vergangenen beiden Monaten vorgeblich getrunken hatte. Dann zog er seinen Geldbeutel hervor und zählte mir zehn Kupfer-Jots auf den Tresen. Ein ganzes Talent – doppelt so viel, wie ich erwartet hatte. Ich sah ihn verwirrt an.
    |121| »Wenn Kilvin mir einen seiner Jungs geschickt hätte, hätte der mir fürs bloße Kommen und die Reparatur mindestens ein halbes Talent berechnet«, erklärte er und tippte mit der Stiefelspitze gegen den Kühlkasten.
    »Ich kann aber nicht mit Sicherheit sagen, dass …«
    Er winkte ab. »Wenn du ihn wirklich nicht wieder hingekriegt hast, ziehe ich dir das halt nächsten Monat wieder ab«, sagte er. »Oder ich nutze es als Druckmittel, damit du ab jetzt auch am Reaving-Abend hier spielst«, sagte er und grinste. »Ich betrachte das also als Investition.«
    Ich nahm das Geld und

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