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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Richtung Küche, und dabei sagte er: »Der alte Cob tritt auf. Bühne links.«
    Man hörte Schritte auf dem hölzernen Absatz vor dem Eingang, und dann stapfte der alte Cob in den Schankraum. Sein Blick schweifte über den Tisch hinweg, an dem der grinsende Bast eine Geschichte erzählte und sie mit Gesten begleitete, und dann ging er schnurstracks zum Tresen. »Kote! Hallo! Bist du da?«
    Der Wirt kam aus der Küche herein und trocknete sich die Hände an der Schürze ab. »Hallo, Cob. Was kann ich für dich tun?«
    »Graham hat mich von dem kleinen Owens holen lassen«, sagte Cob verärgert. »Hast du ’ne Ahnung, was ich hier soll, statt Hafer zu ernten?«
    Kote schüttelte den Kopf. »Ich dachte, er hilft heute den Murrions bei der Weizenernte.«
    »So ein verdammter Blödsinn«, murmelte Cob. »Heute Abend soll’s Regen geben, und ich stehe hier, obwohl auf meinem Feld der trockene Hafer auf mich wartet.«
    »Wo du schon mal da bist«, sagte der Wirt, »darf ich dir einen Apfelwein anbieten? Ganz frisch.«
    Die Verärgerung wich ein wenig aus dem wettergegerbten Gesicht des alten Mannes. »Wo ich eh schon warten muss«, sagte er, »wäre ein kleiner Krug davon natürlich nett.«
    Kote ging wieder hinaus und kam mit einer Keramikkanne zurück. Man hörte weitere Schritte auf dem hölzernen Absatz vor dem Eingang, und dann kam Graham herein, mit Jake, Carter und dem Schmiedelehrling im Schlepptau.
    Cob wandte sich um und funkelte sie an. »Was ist denn verdammt noch mal so wichtig, dass ihr mich zu dieser Tageszeit in den Ort holen lasst?«, fragte er wütend. »Die Sonne scheint, und –«
    Plötzlich brandete Gelächter an dem Tisch auf, an dem Bast und der Chronist saßen. Alle schauten in die Richtung und sahen, wie der |202| Chronist knallrot anlief, lauthals lachte und sich eine Hand vor den Mund hielt. Bast lachte ebenfalls und schlug mit der Hand auf den Tisch.
    Graham führte die anderen an den Tresen. »Ich hab erfahren, dass Carter und der Junge den Orrisons helfen, ihre Schafe auf den Markt zu treiben«, sagte er. »Nach Baedn, nicht wahr?«
    Carter und der Schmiedelehrling nickten.
    »Aha«, sagte der alte Cob und blickte auf seine Hände hinab. »Dann seid ihr also zur Totenfeier nicht da.«
    Carter nickte mit ernster Miene, Aaron aber wirkte geradezu verzweifelt. Er sah die anderen nacheinander an, doch die standen reglos da und achteten nur auf den alten Mann am Tresen.
    »Gut«, sagte der schließlich in Richtung Graham. »Es war eine gute Idee, dass du uns zusammengeholt hast.« Als er Aarons Gesichtsausdruck sah, schnaubte er. »Junge, du guckst ja, als wäre gerade deine Katze verreckt. Die Schafe müssen auf den Markt. Shep wusste das. Er würde keinen Deut schlechter von dir denken, weil du tust, was getan werden muss.«
    Er hob den Arm und klopfte dem Schmiedelehrling auf den Rücken. »Und jetzt trinken wir was Schönes, um Abschied von ihm zu nehmen. Darauf kommt es an. Was da heute Abend in der Kirche stattfindet, das ist doch nur Priestergefasel. Wir wissen besser, wie man sich von ihm verabschieden sollte.« Er blickte hinter den Tresen. »Bring mal was von seinem Leib- und Magentrank, Kote.«
    Der Wirt holte Holzkrüge herbei und schenkte aus einem kleineren Fass ein dunkles Bier aus.
    Der alte Cob reckte seinen Krug in die Höhe, und die anderen taten es ihm nach. »Auf unseren Shep!«
    Als Erster ergriff Graham das Wort. »Als wir klein waren, hab ich mir mal ein Bein gebrochen, als ich mit ihm auf der Jagd war«, sagte er. »Ich hab ihm gesagt, er soll loslaufen und Hilfe holen, aber er wollte mich nicht allein lassen. Er hat sich stur gestellt und hat kurzerhand einen Schlitten zusammengeflochten, und darauf hat er mich die ganze Strecke in den Ort zurückgezogen.«
    Alle tranken.
    »Er war’s, der mich mit meiner besseren Hälfte bekannt gemacht |203| hat«, sagte Jake. »Und ich weiß nicht, ob ich mich dafür jemals richtig bei ihm bedankt habe.«
    Alle tranken.
    »Als ich mit diesem üblen Husten darniederlag, hat er mich jeden Tag besucht«, sagte Carter. »Da war er fast der Einzige. Er brachte mir Suppe mit, die seine Frau gekocht hatte.«
    Alle tranken.
    »Er war sehr nett zu mir, als ich hierher gezogen bin«, sagte der Schmiedelehrling. »Er hat mir immer Witze erzählt. Und als ich mal eine Wagenkupplung kaputt gemacht hab, die er uns zur Reparatur gebracht hatte, hat er Meister Caleb nichts davon gesagt.« Er schluckte und sah sich nervös um. »Ich hab ihn wirklich

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