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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Stellen kurze Randbemerkungen über die regionalen Unterschiede angefügt.
    Es war ein beeindruckendes Werk, offensichtlich das Ergebnis jahrelanger Forschungsarbeiten. Es enthielt vier Kapitel über Dämonen und drei über Feenwesen – wovon eins ausschließlich Felurian gewidmet war. Ferner enthielt das Buch etliche Seiten über Butzemänner und Rendlinge. Der Verfasser hatte Lieder über die Grauen Damen und die Weißen Reiter aufgezeichnet. Es gab auch einen langen Abschnitt über Untote. Sechs Kapitel widmeten sich der Volksmagie: acht Methoden, Warzen zu kurieren, zwölf Methoden der Verständigung mit dem Totenreich, zweiundzwanzig Liebeszauber …
    Der Text über die Chandrian war gerade mal eine halbe Seite lang:
     
    Über die Chaendrian gibt es nur wenig zu sagen. Jeder weiß von ihnen. Alle Kinder singen ihr Lied. Dennoch erzählen sich die Leute keine Geschichten über sie.
    Wenn man einem Landmann ein kleines Bier spendiert, wird er einem zwei Stunden lang von den Dennerlingen berichten. Erwähnt man aber die Chaendrian, so kneift er den Mund zusammen, berührt etwas Eisernes und erhebt sich vom Tische.
    Viele glauben, es bringe Unglück, über die Fae zu sprechen, und doch tun sie es. Was die Chaendrian so anders macht, weiß ich nicht zu sagen. In der Stadt Hillesborrow bemerkte einmal ein Gerber, der schon recht trunken war, mit gedämpfter Stimme zu mir: »Wenn du über sie sprichst, kommen sie dich holen.« Das scheint die unausgesprochene Furcht des einfachen Volks zu sein.
    Daher schreibe ich hier nur auf, was ich an allgemein Bekanntem in Erfahrung bringen konnte. Die Chaendrian sind eine Gruppe von Personen. Ihre Anzahl ist nicht genau bekannt. (Der Name deutet auf sieben hin.) Sie tauchen wie aus dem Nichts auf und begehen aus nicht näher bekannten Motiven die unterschiedlichsten Gewalttaten.
    Es gibt Zeichen, die ihr Kommen erkennen lassen, doch darüber herrscht keine Einigkeit. Blaue Flammen werden am häufigsten genannt, aber ich habe auch von schlecht werdendem Wein gehört, von plötzlicher Blindheit, verdorrendem
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Getreide, von unzeitgemäßen Unwettern, von Fehlgeburten und Sonnenfinsternissen.
    Im Ganzen habe ich festgestellt, dass es sich um ein dorniges und fruchtloses Forschungsgebiet handelt.
     
    Ich schlug das Buch zu. Dornig und fruchtlos: Das klang mir nur allzu bekannt.
    Das Schlimmste war nicht einmal, dass ich alles, was dort geschrieben stand, längst wusste. Das Schlimmste war, dass es sich hierbei tatsächlich um die beste Informationsquelle handelte, die ich in über hundert Stunden Recherche hatte finden können.

|200| Kapitel 17
Zwischenspiel: Rollen
    K vothe hob eine Hand, und der Chronist nahm die Feder vom Blatt.
    »Lasst uns eine kurze Pause einlegen«, sagte Kvothe und nickte zum Fenster hinüber. »Wie ich sehe, ist Cob schon im Anmarsch.«
    Kvothe stand vom Tisch auf und strich sich die Schürze glatt. »Darf ich vorschlagen, dass ihr beide euch um ein wenig Haltung bemüht?« Er nickte dem Chronisten zu. »Ihr seht aus, als hättet Ihr gerade etwas Verwerfliches getan.«
    Er ging in aller Ruhe hinter den Tresen. »Und dem ist natürlich ganz und gar nicht so. Chronist, Ihr langweilt Euch und wartet auf Arbeit. Deshalb habt Ihr Euer Schreibzeug griffbereit. Ihr wünscht, Ihr würdet nicht ohne Pferd in dieser entlegenen Ortschaft feststecken. Aber dem ist nun einmal so, und Ihr seid bestrebt, das Beste daraus zu machen.«
    Bast grinste. »Für mich bitte auch ein paar Regieanweisungen!«
    »Sei ganz du selbst, Bast«, sagte Kvothe. »Du trinkst etwas mit unserem einzigen Gast, weil du ein unbeholfener Faulpelz bist, den keiner auch nur im Traum als Erntehelfer anheuern würde.«
    Bast grinste weiter. »Bin ich auch gelangweilt?«
    »Natürlich bist du das. Was solltest du denn sonst sein?« Kvothe faltete ein Leinentuch zusammen und legte es auf dem Tresen ab. »Ich hingegen bin viel zu beschäftigt, um mich zu langweilen. Ich eile hin und her und kümmere mich um all die kleinen Dinge, die den reibungslosen Betrieb des Wirtshauses sicherstellen.«
    Er sah zu den beiden anderen hinüber. »Chronist, Ihr lehnt Euch auf dem Stuhl zurück. Und Bast, wenn du dir das Grinsen schon |201| nicht verkneifen kannst, dann erzähle unserem Gast doch wenigstens die Geschichte von den drei Priestern und der Müllerstochter.«
    Basts Grinsen wurde breiter. »Aber gerne doch.«
    »Sind sich alle über ihre Rolle im Klaren?« Kvothe nahm das Tuch vom Tresen und ging in

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