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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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hätte mir leicht auch den Arm brechen können. Die Bruchkanten dieser Ziegel konnten messerscharf sein, und wenn mich der Brocken anders getroffen hätte, hätte er mir leicht tiefe Schnittwunden, bis auf den Knochen, zufügen können. Ich hasse Dachziegel.
    |240| »Na ja, es hätte schlimmer kommen können«, sagte Simmon und stand auf. »Komm, wir bringen dich in die Mediho und lassen dich wieder zusammenflicken.«
    »
Kraem
! Nein!«, sagte Wilem. »Er kann nicht in die Mediho. »Sie werden doch überall herumfragen, ob ein Verletzter gesehen wurde.«
    Simmon setzte sich wieder. »Natürlich«, sagte er und klang dabei leicht empört über sich selbst. »Das ist ja klar.« Er musterte mich von oben bis unten. »Wenigstens bist du nirgendwo verletzt, wo man es auf den ersten Blick erkennen würde.«
    Ich sah zu Wilem hinüber. »Du kannst kein Blut sehen, nicht wahr?«
    Er guckte leicht gekränkt. »Das würde ich so nicht sagen …« Sein Blick huschte zu meinem Ellenbogen, und unter seinem dunklen kealdischen Teint wurde er ein bisschen blass im Gesicht. Er kniff den Mund zusammen. »Ja.«
    »Kein Problem«, sagte ich und begann, aus meinem ruinierten Hemd Stoffstreifen herauszuschneiden. »Glückwunsch, Sim. Du wurdest soeben zum Feldsanitäter befördert.« Ich öffnete eine Schublade und nahm Nadel und Faden, Jod und ein Döschen Gänsefett heraus.
    Sim sah die Nadel an, dann wieder mich, und machte große Augen.
    Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln. »Es ist ganz einfach. Ich erkläre es dir Schritt für Schritt.«

    Dann setzte ich mich auf den Fußboden und hielt mir den Arm über den Kopf, und Sim reinigte, nähte und verband mir den Ellenbogen. Er überraschte mich damit, dass er längst nicht so zimperlich zu Werke ging, wie ich erwartet hatte. Er griff vorsichtiger, aber auch selbstsicherer zu als viele Studenten in der Mediho, die so etwas ständig machten.
    »Wir drei waren also den ganzen Abend hier und haben Karten gespielt?«, fragte Wil und vermied es dabei, in meine Richtung zu blicken.
    |241| »Klingt gut«, sagte Sim. »Können wir sagen, dass ich gewonnen habe?«
    »Nein«, sagte ich. »Wil wurde doch bestimmt im PONY gesehen. Wenn wir in diesem Punkt lügen, fliege ich todsicher auf.«
    »Oh«, sagte Sim. »Und was sagen wir stattdessen?«
    »Die Wahrheit.« Ich zeigte auf Wil. »Du warst gerade im PONY, als der Einbruch stattfand, und kamst dann hierher, um mir davon zu erzählen.« Ich deutete mit einer Kopfbewegung auf den kleinen Tisch, auf dem alle möglichen Zahnräder, Federn und Schrauben durcheinander lagen. »Dann habe ich euch die Harmonie-Uhr gezeigt, die ich gefunden habe, und ihr beide habt mir Tipps gegeben, wie ich sie wieder reparieren könnte.«
    Sim wirkte enttäuscht. »Das ist aber nicht sonderlich aufregend.«
    »Einfache Lügen sind die besten«, sagte ich und stand auf. »Ich möchte mich noch mal bei euch beiden bedanken. Diese Sache hätte fürchterlich schiefgehen können, wenn ihr nicht auf mich aufgepasst hättet.«
    Simmon erhob sich ebenfalls und öffnete die Tür. Wil stand auch auf, machte aber keine Anstalten zu gehen. »Ich habe neulich abends was Seltsames gehört«, sagte er.
    »Was Interessantes?«, fragte ich.
    Er nickte. »Hochinteressant. Ich meine, von dir gehört zu haben, dass du einen bestimmten, sehr einflussreichen Adligen nicht mehr weiter gegen dich aufbringen willst. Ich habe zu meinem Erstaunen gehört, dass du endlich beschlossen hattest, schlafende Hunde nicht noch einmal zu wecken.«
    »Also bitte«, sagte Simmon. »Ambrose ist doch kein schlafender Hund. Er ist ein tollwütiger Kläffer, der’s verdient hat, dass man ihm den Gnadenstoß gibt.«
    »Mir kommt er eher wie ein wütender Bär vor«, sagte Wilem. »Und du scheinst entschlossen zu sein, diesen Bär mit einem brennenden Stock weiter zu triezen.«
    »Wie kannst du so was sagen?«, entgegnete Sim. »Seit zwei Jahren ist er jetzt in der Bibliothek tätig, und hat er dich in dieser Zeit jemals anders behandelt als wie ein Stück Dreck? Und was war, als ich um ein Haar erblindet wäre, weil er ganz bewusst meine Salze |242| vertauscht hatte? Und dann die Sache mit Kvothe und dieser Pflaumendroge!«
    Wil hob eine Hand und nickte. »Ich weiß, das ist alles wahr, und nur deshalb habe ich mich in diesen Schwachsinn mit hineinziehen lassen. Ich möchte lediglich auf einen Punkt hinweisen.« Er sah mich an. »Dir ist doch wohl klar, dass das mit dir und dieser Denna mittlerweile

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