Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
durch das Fenster auf die Straße hinaus. »Mittlerweile müssten doch längst ein paar Leute zum Abendessen gekommen sein. Heute Mittag war es auch ganz schön voll hier.«
    Kvothe nickte. »Wenn die Trauerfeier für Shep nicht wäre, wären wahrscheinlich längst einige meiner Stammgäste reingeschneit.«
    »Ach ja«, sagte der Chronist und blickte zu Boden. »Das hatte ich ganz vergessen. Halte ich euch beide etwa davon ab, daran teilzunehmen?«
    Kvothe entzündete hinterm Tresen die letzte Lampe und blies dann die Kerze aus. »Nein«, sagte er. »Bast und ich, wir sind ja nicht von hier. Und diese Leute denken praktisch. Denen ist klar, dass ich ein Geschäft zu führen habe.«
    »Und außerdem verstehst du dich nicht mit Abbe Leodin«, sagte Bast.
    »Und außerdem verstehe ich mich nicht mit dem hiesigen Priester«, gestand Kvothe. »Aber du solltest dich dort blicken lassen, Bast. Das würde sonst einen seltsamen Eindruck machen.«
    Bast blickte nervös hin und her. »Ich will aber nicht hier weg, Reshi.«
    Kvothe lächelte. »Du solltest aber hingehen. Shep war ein guter Mann. Geh und trink ein Gläschen zu seinen Ehren. Apropos …« Er bückte sich, kramte unterm Tresen herum und holte eine Flasche hervor. »Hier. Ein ausgezeichneter alter Brand. So guter Stoff wird hier sonst nie verlangt. Den spendiere ich euch.« Er stellte die Flasche auf den Tresen.
    Bast ging widerwillig einen Schritt darauf zu, und seinem Gesicht war anzusehen, dass er hin- und hergerissen war. »Aber Reshi, ich …«
    »Hübsche Mädchen werden dort tanzen, Bast«, sagte Kvothe mit leiser, besänftigender Stimme. »Jemand wird Geige spielen, und alle werden einfach nur froh sein, dass sie am Leben sind. Die Mädchen werden zum Takt der Musik die Röcke hochwerfen. Sie werden lachen und ein bisschen beschwipst sein. Ihre rosigen Wangen werden nur darauf warten, geküsst zu werden …« Er gab der schweren, braunen Flasche einen Stups, und sie rutschte ein Stück den Tresen entlang, auf seinen Schüler zu. »Du bist mein Abgesandter. Ich muss hierbleiben und mich ums Wirtshaus kümmern, du aber kannst hingehen und mich entschuldigen.«
    Bast legte eine Hand um den Flaschenhals. »Ich bleibe auf ein Glas«, sagte er voller Entschlossenheit. »Und auf einen Tanz. Und auf einen Kuss von Katie Miller. Und vielleicht auch noch auf einen von der Witwe Creel. Aber nicht mehr.« Er sah Kvothe in die Augen. »Spätestens in einer halben Stunde bin ich wieder da …«
    Kvothe lächelte ihn herzlich an. »Ich habe einiges zu erledigen, Bast. Und dann mache ich uns was zum Abendessen, und wir gönnen der Schreibhand unseres Freundes mal eine kleine Ruhepause.«
    Bast grinste und ergriff die Flasche. »Dann also auf zwei Tänze!« Er eilte zum Ausgang, und als er die Tür öffnete, zerzauste ihm ein Windstoß das Haar. »Hebt mir was vom Essen auf!«, rief er noch.
    Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Der Chronist sah den Wirt fragend an.
    Kvothe zuckte die Achseln. »Er hatte sich zu sehr in die Geschichte vertieft. Er steigert sich in solche Sachen gefühlsmäßig immer so hinein. Ein kleiner Szenenwechsel wird ihm helfen, das alles nüchterner und sachlicher zu sehen. Und außerdem muss ich das Abendessen zubereiten, und sei’s auch nur für uns drei.«
    Der Chronist zog einen fleckigen Lappen aus seiner Ledermappe hervor und betrachtete ihn mit einigem Widerwillen. »Dürfte ich Euch eventuell um ein sauberes Tuch bitten?«, fragte er.
    Kvothe nickte und zog einen weißen Leinenlappen unterm Tresen hervor. »Braucht Ihr sonst noch irgendetwas?«
    Der Chronist ging an den Tresen. »Wenn Ihr irgendwas sehr Hochprozentiges hättet, wäre mir das eine große Hilfe«, sagte er und klang dabei leicht verlegen. »Ich bitte nur äußerst ungern darum, aber als ich ausgeraubt wurde …«
    Kvothe tat das mit einer Handbewegung ab. »Macht Euch nicht lächerlich«, sagte er. »Ich hätte Euch gestern schon fragen sollen, ob Ihr irgendetwas braucht.« Er kam hinter dem Tresen hervor und ging zur Kellertreppe. »Holzgeist dürfte sich am besten eignen, nicht wahr?«
    Der Chronist nickte, und Kvothe verschwand im Keller. Dann nahm der Chronist den ordentlich zusammengelegten Leinenlappen und fuhr gedankenverloren mit den Fingern darüber. Sein Blick schweifte zu dem Schwert hinauf, das an der Wand hinter dem Tresen hing. Das dunkle Holz der Halterung brachte das graue Metall der Klinge zur Geltung.
    Kvothe kam wieder die Treppe herauf, eine kleine,

Weitere Kostenlose Bücher