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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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hob die Augenbrauen, dann zuckte er mit den Schultern und zeigte vage auf die Menge. »Der dort drüben ist es. Allerdings war er schon zu drei Vierteln betrunken, als du mit den beidenMädchen gekommen bist. Ich glaube nicht, dass er dir in seinem jetzigen Zustand viel nützen kann.«
    »Hm«, meinte ich zögernd, »aber es muss mich doch wohl jemand einsperren, bis ihr den Richter in Temsford verständigt habt.« Ich machte eine Kopfbewegung zu einem kleinen, steinernen Gebäude in der Mitte des Dorfes.
    Der Bürgermeister sah mich von der Seite an und runzelte die Stirn. »Willst du eingesperrt werden?«
    »Eigentlich nicht«, gab ich zu.
    »Du kannst kommen und gehen, wie es dir beliebt.«
    »Das wird der Richter nicht gern hören«, sagte ich. »Und ich will nicht, dass wegen dem, was ich getan habe, noch jemand gegen das Eiserne Gesetz verstößt. Wer einem Mörder zur Flucht verhilft, kann dafür gehängt werden.«
    Der Bürgermeister musterte mich eingehend. Sein Blick verweilte auf meinem Schwert und dem abgetragenen Leder meiner Stiefel. Ich spürte förmlich, wie er wahrnahm, dass ich keinerlei ernsthafte Verletzungen hatte, obwohl ich vor einigen Tagen ein halbes Dutzend bewaffnete Banditen getötet hatte.
    »Du würdest also zulassen, dass wir dich einsperren?«, fragte er. »Einfach so?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Er runzelte wieder die Stirn, dann schüttelte er den Kopf, als könnte er mich nicht verstehen. »Du bist sanft wie ein Lamm«, sagte er verwirrt. »Aber nein, ich will dich gar nicht einsperren. Du hast nur getan, was richtig war.«
    »Ich habe dem Jungen den Arm gebrochen«, warf ich ein.
    »Hm«, brummte er. »Das habe ich ganz vergessen.« Er griff in die Tasche, holte einen halben Penny heraus und gab ihn mir. »Besten Dank dafür.«
    Ich steckte den Penny grinsend ein.
    »Ich schlage folgendes vor«, sagte er. »Ich gehe da nachher rüber und sehe, ob ich den Wachtmeister finden kann. Dann erkläre ich ihm, dass wir dich einsperren müssen. Wenn du in diesem Durcheinander verschwindest, dann haben wir dir ja nicht zur Flucht verholfen, oder?«
    »Er hätte seine Pflicht als Wachtmeister vernachlässigt«, erwiderte ich. »Er könnte dafür mit einigen Peitschenhieben bestraft werden oder seine Stelle verlieren.«
    »Dazu wird es kaum kommen«, sagte der Bürgermeister. »Und wenn doch, wird er diesen Preis gewiss gern zahlen. Er ist Ellies Onkel.« Er ließ den Blick über die Menge wandern. »Reicht dir eine Viertelstunde, um in diesem Durcheinander zu verschwinden?«
    »Wenn’s dir nicht drauf ankommt«, sagte ich, »könntest du ja sagen, ich sei in einem Moment der Unachtsamkeit auf seltsame und geheimnisvolle Weise verschwunden.«
    Der Bürgermeister lachte. »Das könnte ich. Und brauchst du dafür länger als eine Viertelstunde?«
    »Zehn Minuten müssten gut reichen.« Ich nahm meinen Lautenkasten und den Reisesack vom Apfelschimmel und drückte dem Bürgermeister die Zügel in die Hand. »Es wäre mir eine Beruhigung, das Pferd versorgt zu wissen, bis Bil wieder auf den Beinen ist«, sagte ich.
    »Du willst dein Pferd hier lassen?«
    »Er hat seines gerade verloren.« Ich zuckte die Achseln. »Und wir Ruh sind es gewohnt, zu Fuß zu gehen.« Und nur halb aufrichtig fügte ich hinzu: »Ich wüsste gar nicht, was ich mit einem Pferd anfangen sollte.«
    Der Bürgermeister nahm die Zügel und sah mich lange an, als sei er unschlüssig, was er von mir halten sollte. »Können wir etwas für dich tun?«, fragte er schließlich.
    »Vergesst nicht, dass die Mädchen von Banditen entführt wurden«, sagte ich und wandte mich zum Gehen. »Und vergesst nicht, dass es ein Edema Ruh war, der sie euch zurückgebracht hat.«

Kapitel 136

Zwischenspiel:
Schon fast vergessen
     
    K vothe gab dem Chronisten ein Handzeichen. »Lasst uns an dieser Stelle eine kurze Pause einlegen, ja?« Er sah sich in dem dunklen Schankraum um. »Ich habe mich von der Geschichte etwas zu sehr gefangennehmen lassen. Ich muss noch allerhand erledigen, bevor es noch später wird.«
    Der Wirt erhob sich mit steifen Gliedern und streckte sich. Er zündete am Kamin eine Kerze an, setzte damit nacheinander die Lampen im Wirtshaus in Betrieb und drängte so die Dunkelheit nach und nach wieder ein wenig zurück.
    »Ich war auch ganz gebannt bei der Sache«, sagte der Chronist, stand ebenfalls auf und streckte sich. »Wie spät haben wir es denn?«
    »Spät«, sagte Bast. »Ich habe Hunger.«
    Der Chronist spähte

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