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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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räusperte mich vielsagend.
    »Rumgemacht«, schlug Wilem vor.
    »Danke. Und dann haben wir auch noch ziemlich oft rumgemacht.« Ich zählte in Gedanken all die Fertigkeiten, die Felurian mir beigebracht hatte, und schätzte, dass es pro Tag nicht mehr als zwei oder drei gewesen sein konnten …
    »Es waren mindestens einige Monate«, sagte ich. »Ich habe mich einmal rasiert – oder zweimal? Es war genug Zeit, dass mir ein Bart wachsen konnte.«
    Wil verdrehte die Augen und strich sich über seine dunkle, kealdische Gesichtsbehaarung.
    »Nicht so ein Rauschebart wie deiner«, sagte ich. »Aber dennoch: Zwei oder drei Mal ist mir ein Bart gewachsen.«
    »Also mindestens zwei Monate«, sagte Sim. »Aber wie lange könnte es maximal gewesen sein?«
    »Drei Monate?« Wie viele Geschichten hatten wir einander erzählt? »Vier oder fünf Monate?« Ich dachte daran, wie langsam wir meinen Shaed vom Sternen- ins Mondlicht und in den Feuerschein hatten bewegen müssen. »Ein Jahr?« Ich dachte an die scheußliche Zeit, die ich damit verbracht hatte, mich von meiner Begegnung mit dem Cthaeh zu erholen. »Aber mehr als ein Jahr kann es nicht gewesen sein, da bin ich mir sicher …« Das klang allerdings längst nicht so überzeugend, wie es hätte klingen sollen.
    Wilem hob eine Augenbraue. »Na dann: Alles Gute zum Geburtstag!«, sagte er, sah mich an und hob sein Glas. »Oder den Geburtstagen, je nachdem.«

Kapitel 146

Misserfolge
     
    I m Laufe des Frühjahrstrimesters erlebte ich einige Misserfolge.
    Der erste war vor allem in meinen eigenen Augen ein Misserfolg. Ich hatte erwartet, dass es mir relativ leicht fallen würde, Yllisch zu lernen. Doch dem war ganz und gar nicht so.
    Ich hatte einmal im Laufe einiger weniger Tage genug Tema gelernt, um mich selbst vor Gericht damit verteidigen zu können. Tema ist jedoch eine klar strukturierte Sprache, von der ich im Laufe meines Studiums schon allerhand aufgeschnappt hatte. Außerdem gibt es, und das war vermutlich der entscheidende Punkt dabei, zwischen Tema und dem Aturischen zahlreiche Gemeinsamkeiten. Die beiden Sprachen nutzen die selben Schriftzeichen, und viele Wörter sind miteinander verwandt.
    Yllisch hingegen hat mit dem Aturischen oder dem Shaldischen überhaupt nichts gemein, und übrigens auch nicht mit dem Ademischen. Es ist ein einziges irrationales Durcheinander. Vierzehn verschiedene Verbformen im Indikativ. Bizarre Flexionen bei der formellen Anrede.
    Man konnte in dieser Sprache nicht einfach sagen: »Die Socken des Rektors.« Oh nein, das wäre ja viel zu einfach gewesen. Besitzverhältnisse beruhten seltsamerweise stets auf Gegenseitigkeit, so dass der Rektor zwar seine Socken besaß, die Socken aber gleichzeitig irgendwie auch den Rektor. Das änderte den Gebrauch dieser beiden Substantive auf grammatisch überaus verzwickte Weise. So als würde sich das ganze Wesen einer Person durch den Besitz von Socken grundlegend wandeln.
    Und so kam es, dass mir die yllische Grammatik auch nach monatelangemPrivatunterricht beim Rektor immer noch ein Buch mit sieben Siegeln war. Das Einzige, was ich nach all der Mühe vorzuweisen hatte, waren einige unsystematische Vokabelkenntnisse. Was mein Verständnis der Geschichtenknoten anging, stand es sogar noch schlimmer. Ich versuchte das zu bessern, indem ich gemeinsam mit Deoch übte. Er war jedoch kein allzu guter Lehrer und gestand mir, dass der einzige Mensch in seiner näheren Umgebung, der Geschichtenknoten entziffern konnte, seine Großmutter gewesen sei, die bereits in seiner frühen Kindheit verstorben war.
    Zweitens war da mein Misserfolg in Fortgeschrittener Chemie, ein Kurs, den ich bei Mandrags Giller Anisat belegt hatte. So sehr mich der Unterrichtsstoff faszinierte, kam ich doch einfach nicht mit Anisat zurecht.
    Ich war begeistert von den Entdeckungen, die man in der Chemie machen konnte. Ich genoss die Aufregung der Experimente und die Herausforderung der immer wieder aufs Neue angestellten Versuche. Ich liebte die Rätsel, die es zu knacken galt. Und ich gestehe mein etwas törichtes Faible für die dabei zum Einsatz kommenden Apparaturen. Die Flaschen und Röhren. Die Säuren und Salze. Das Quecksilber und das Feuer. Chemie hat etwas Ursprüngliches an sich, etwas, das sich nicht erklären lässt. Entweder spürt man das, oder man spürt es nicht.
    Anisat spürte es nicht. Für ihn bestand die Chemie aus dem Führen von Arbeitsjournalen und dem sorgfältigen Niederschreiben von Zahlenreihen. Er

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