Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag
sich jeder Erklärung zu entziehen. Jedes Mal, wenn ich versuchte, es in Worte zu fassen, klang es einfach nur töricht.
»Das ist alles«, sagte ich, nachdem ich mich einige Minuten lang mit dem Thema abgeplagt hatte. »Oder besser gesagt: Jetzt habe ich lange genug darüber geredet. Sie verwirrt mich mehr als alles andereauf der Welt.« Ich pulte mit einem Finger an einem Splitter in der Tischplatte herum. »Ich kann es nicht ausstehen, wenn ich etwas nicht verstehe.«
Laurel brachte mir eine Schale Kartoffelsuppe und ein paar Scheiben warmes Brot dazu. »Möchtest du sonst noch etwas?«, fragte sie.
»Nein, vielen Dank.« Ich schenkte ihr ein Lächeln und betrachtete dann, als sie zum Tresen zurückging, ihre Rückansicht.
»Also gut«, sagte Fela in geschäftsmäßigem Ton. »Fangen wir mal mit deinen Vorzügen an. Du bist charmant, siehst gut aus und bist überaus höflich im Umgang mit Frauen.«
Sim lachte. »Hast du nicht bemerkt, mit was für einem Blick er gerade Laurel hinterher gesehen hat? Er ist doch der größte Lüstling von allen. Er sieht mehr Frauen hinterher, als ich es überhaupt je könnte, selbst wenn ich zwei Köpfe hätte, mit Hälsen, die sich drehen könnten wie bei einer Eule.«
»Da ist was dran«, gestand ich.
»Hinterhersehen ist nicht gleich hinterhersehen«, sagte Fela zu Simmon. »Wenn manche Männer einem hinterhersehen, ist das so schmierig, dass man gleich ein Vollbad nehmen will. Bei anderen Männern hingegen ist es etwas Nettes, das einem hilft, sich seiner Schönheit zu vergewissern.« Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.
»Da brauchst du doch wohl keine Vergewisserung«, sagte Simmon.
»Jeder braucht das ab und zu«, erwiderte sie. »Aber bei Kvothe ist es etwas anderes. Er ist so ernst dabei. Wenn er dich ansieht, merkst du, dass du seine ungeteilte Aufmerksamkeit genießt.« Sie lachte, als sie meinen unbehaglichen Gesichtsausdruck bemerkte. »Das habe ich gleich an dir gemocht, als wir uns kennengelernt haben.«
Simmons Miene verdüsterte sich, und ich gab mir Mühe, möglichst harmlos dreinzuschauen.
»Seit deiner Rückkehr aber ist das förmlich mit Händen zu greifen«, sagte Fela. »Wenn du mich jetzt ansiehst, merke ich, dass sich dabei hinter deinen Augen etwas abspielt. Etwas, das an süße Früchte, Schatten und Lampenschein denken lässt. Etwas Wildes, wovor die Mädchen im Märchen davonlaufen, unter einem violettenHimmel. Es ist im Grunde etwas Beängstigendes. Aber es gefällt mir.« Als sie Letzteres sagte, wand sie sich ein wenig auf ihrem Stuhl, und ein lasterhaftes Funkeln zeigte sich in ihren Augen.
Das war zu viel für Simmon. Er schob seinen Stuhl vom Tisch zurück und machte Anstalten aufzustehen. »Also gut … Dann werde ich mal … Na schön …«, sagte er, begleitet von unbeholfenen Gesten.
»Ach, Schatz«, sagte Fela und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Beruhige dich. So war das nicht gemeint.«
»Komm mir nicht mit ›Beruhige dich‹«, erwiderte er scharf, blieb aber auf seinem Stuhl sitzen.
Fela kraulte ihm den Hinterkopf. »Du musst dir doch keine Sorgen machen.« Sie lachte, als wäre allein der Gedanke schon vollkommen lächerlich. »Du hast mich fester an dich gebunden, als du überhaupt ahnst. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich nicht hin und wieder die eine oder andere kleine Schmeichelei genießen dürfte.«
Sim machte ein finsteres Gesicht.
»Soll ich mich etwa komplett von der Welt abkapseln?«, fragte Fela, und eine gewisse Gereiztheit schlich sich in ihren Ton und brachte einen leichten Anflug ihres modeganischen Akzents wieder zum Vorschein. »Denk doch mal dran, wie du dich fühlst, wenn Mola sich die Zeit nimmt, ein bisschen mit dir zu flirten.« Simmon erstarrte und sah aus, als wollte er gleichzeitig erröten und erbleichen. Fela lachte über seine Verwirrung. »Ach Gottchen, Sim. Glaubst du etwa, ich bin blind? Es ist doch süß, und du fühlst dich gut dabei. Was schadet es denn schon?«
Schweigen. »Ja, mag sein«, sagte Sim schließlich. Dann sah er mit unsicherem Lächeln zu mir herüber und strich sich das Haar aus den Augen. »Aber sieh mich bitte nie mit diesem Blick an, den Fela gerade geschildert hat, ja?« Sein Lächeln wurde breiter und war nun nicht mehr unsicher. »Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen könnte.«
Ich erwiderte sein Lächeln, ohne mir etwas dabei zu denken. Sim konnte das einfach: mir ein Lächeln entlocken.
»Und außerdem«, sagte Fela zum ihm, »bist du so, wie du
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