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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Fiedler dich daran zu fassen kriegt, wirst du nur noch schreien und dir in die Hose machen, und das alles vor Hespe.« Ich spürte, wie Dedan nachgab, und gab ihm einen kleinen Schubs. Er kehrte an seinen Platz zurück, allerdings nur unwillig.
    »… nicht hier drinnen«, hörte ich hinter mir eine Frau sagen. »Wenn du dich mit jemandem prügeln willst, geh nach draußen. Und du brauchst dann gar nicht mehr hereinzukommen. Ich bezahle dich nicht dafür, dass du mit den Gästen Streit anfängst, hast du gehört?«
    »Aber Penny«, versuchte der Fiedler sie zu besänftigen, »ich habe ihm doch nur meine Meinung gesagt. Er war ja gleich beleidigt. Du kannst mir doch nicht vorwerfen, dass ich mich über die Geschichten lustig mache, die er hier erzählt.«
    Ich drehte mich um und sah, wie der Fiedler auf eine wütende Frau mittleren Alters einredete. Die Frau war einen Kopf kleiner als er und musste die Hand heben, um ihm mit dem Finger auf die Brust zu pochen.
    Im selben Augenblick rief eine Stimme neben mir: »Mutter Gottes, Seb, siehst du das? Sieh doch! Er bewegt sich von selbst.«
    »Du bist doch nur besoffen. Das ist bloß der Wind.«
    »Hier weht kein Wind. Er bewegt sich von selbst. Sieh doch!«
    Die Rede war natürlich von meinem Shaed
.
Inzwischen hatten mehrere Gäste bemerkt, dass er in einer sanften Brise hin und her schwang, die gar nicht vorhanden war. Ich fand es richtig schön, doch konnte ich an den aufgerissenen Augen der anderen Gäste ablesen, dass sie darüber erschrocken waren. Der eine oder andere rückte vorsorglich mit seinem Stuhl ein wenig von mir ab.
    Penny betrachtete den Mantel ebenfalls und trat vor mich. »Was ist das?«, fragte sie. Sogar sie klang ein wenig beunruhigt.
    »Nichts Schlimmes«, sagte ich munter und hielt ihr eine Mantelfalte hin. »Nur mein Schattenmantel. Felurian hat ihn für mich genäht.«
    Der Fiedler schnaubte angewidert.
    Penny warf ihm einen scharfen Blick zu und strich zögernd mit der Hand über den Mantel. »Wie weich er ist«, murmelte sie und blickte zu mir auf. Unsere Blicke begegneten sich und sie sah mich überrascht an und rief: »Aber du bist doch Losis Kleiner!«
    Bevor ich fragen konnte, wen sie damit meinte, hörte ich eine andere Frauenstimme sagen: »Wie?« Ich drehte mich um. Ein rothaariges Serviermädchen kam auf uns zu – dasselbe, das mich bei meinem ersten Besuch so schlimm in Verlegenheit gebracht hatte.
    Penny wies mit einem Nicken auf mich. »Das ist dein feuriger Jüngling von vor drei Spannen! Weißt du noch, wie du ihn mir gezeigt hast? Ich habe ihn mit dem Bart gar nicht erkannt.«
    Losi trat vor mich. Ihre leuchtend roten Locken fielen in Kaskaden auf die nackte, helle Haut ihrer Schultern, und ihre gefährlichen grünen Augen wanderten über meinen Mantel und von dort langsam zu meinem Gesicht hinauf. »Er ist es tatsächlich«, sagte sie zu Penny. »Bart hin oder her.«
    Sie trat noch einen Schritt näher, sodass sie mich fast berührte. »Die Jungen tragen immer Bärte und hoffen, dass sie das zu Männern macht.« Sie schaute mir mit ihren smaragdgrünen Augen dreist ins Gesicht, als erwarte sie, dass ich wie beim letzten Mal rot würde und nervös herumdruckste.
    Ich dachte an das, was ich bei Felurian gelernt hatte, und wieder stieg das seltsam wilde Gelächter in mir auf. Ich unterdrückte es, so gut es ging, doch als ich Losis Blick erwiderte, rumorte es weiter in mir.
    Losi wich erschrocken einen Schritt zurück, und ihre helle Haut lief tiefrot an. Fast wäre sie gestolpert.
    Penny streckte rasch die Hand aus, um sie aufzufangen. »Du meine Güte, Losi, was hast du?«
    Das Mädchen wandte den Blick von mir ab. »Sieh ihn dir doch an,Penny, sieh ihn dir an. Er hat etwas von den Fae. Sieh doch nur seine Augen.«
    Penny musterte neugierig mein Gesicht, errötete dann selbst ein wenig und verschränkte die Arme vor der Brust, als hätte ich sie nackt gesehen. »Gütiger Gott«, rief sie atemlos, »dann stimmt alles?«
    »Jedes Wort«, bestätigte ich.
    »Aber wie konntest du ihr entkommen?«, fragte Penny.
    »Also, Penny!«, rief der Fiedler ungläubig. »Du wirst doch diesem Jungspund nicht auf den Leim gehen!«
    Losi drehte sich hitzig zu ihm um. »Man sieht es Männern an, wenn sie Erfahrung mit Frauen haben, Ben Crayton. Nicht dass du welche hättest. Als dieser Junge vor einigen Spannen hier auftauchte, gefiel mir sein Gesicht, und ich wollte mit ihm ins Heu. Aber als ich ihn rumkriegen wollte …« Sie suchte nach Worten

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