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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Symphonie, manchmal bevorzugt man einen lustigen Tanz. Dasselbe gilt für die Liebe. Die eine passt zu den weichen Kissen einer dämmrigen Waldlichtung, die andere zu den zerwühlten Laken eines schmalen Betts in der Dachkammer eines Wirtshauses. Jede Frau ist ein Instrument, das erlernt, geliebt und kundig gespielt werden will, so dass zuletzt ihre eigene Musik erklingt.
    Einige mögen an dieser Ansicht Anstoß nehmen. Sie verstehen vielleicht nicht, was die Musik einem fahrenden Schauspieler bedeutet. Sie mögen glauben, ich schätze Frauen gering, und halten mich am Ende gar für gefühllos, flegelhaft und roh.
    Diese Leute verstehen nichts von Liebe, Musik und mir.

Kapitel 108

Schnell
     
    W ir verbrachten einige Tage im Wirtshaus, solange wir dort noch willkommene Gäste waren. Unsere Zimmer und sämtliche Mahlzeiten waren kostenlos. Weniger Banditen bedeuteten sicherere Straßen und mehr Gäste. Außerdem wusste Penny, dass unsere Anwesenheit mehr Leute anziehen würde als das allabendliche Fiedeln.
    Wir ließen es uns gut gehen und freuten uns an warmen Mahlzeiten und weichen Betten. Zugleich konnten wir die Zeit gut zur Erholung nutzen. Hespes Pfeilwunde am Bein war noch nicht auskuriert und Dedan hatte einen gebrochenen Arm. Meine eigenen, kleineren Verletzungen vom Kampf gegen die Banditen waren zwar längst verheilt, aber ich hatte inzwischen neue, vor allem zahlreiche Kratzer auf dem Rücken.
    Ich brachte Tempi die Grundzüge des Lautenspiels bei, und er unterrichtete mich wieder im Kämpfen. Mein Unterricht bestand aus kurzen Gesprächen über Lethani und langen, anstrengenden Übungsstunden mit dem Ketan.
    Außerdem schrieb ich mit einiger Mühe ein Lied über meine Erlebnisse mit Felurian. Ich nannte es zunächst
Verse im Dämmerlicht,
kein besonders geglückter Titel, wie ihr zugeben werdet. Er geriet zum Glück in Vergessenheit, und heute kennen die meisten das Lied unter dem Namen
Halbgesungener Gesang.
    Es ist nicht mein bestes Werk, aber dafür sehr einprägsam. Den Gästen im Wirtshaus schien es zu gefallen, und als ich es Losi pfeifen hörte, während sie Getränke servierte, wusste ich, dass es sich ausbreiten würde wie Feuer in einem Kohlenflöz.
    Da man von mir ständig neue Geschichten hören wollte, erzählte ich einige weitere interessante Begebenheiten aus meinem Leben: Zum Beispiel, wie ich es mit nur fünfzehn Jahren geschafft hatte, in die Universität aufgenommen zu werden, oder wie ich in nur drei Tagen Mitglied des Arkanums geworden war. Oder wie ich, als Ambrose meine Laute kaputt gemacht hatte, in meiner Wut den Namen des Windes gerufen hatte.
    Am dritten Abend gingen mir leider die Geschichten aus. Da meine Zuhörer noch nicht genug hatten, klaute ich einfach eine Geschichte über Illien und setzte darin meinen Namen ein. Außerdem machte ich gleich noch einige Anleihen bei Taborlin.
    Ich bin darauf nicht stolz und kann zu meiner Verteidigung sagen, dass ich nicht mehr ganz nüchtern war und unter meinen Zuhörern einige schöne Frauen saßen. Von den leuchtenden Augen einer jungen Frau geht eine geradezu magische Wirkung aus. Sie können einen törichten jungen Mann dazu verleiten, allen möglichen Unsinn von sich zu geben, und ich war in dieser Hinsicht keine Ausnahme.
    Dedan und Hespe lebten unterdessen ganz in der abgeschlossenen Welt der Frischverliebten. Es war ein Vergnügen, sie zu beobachten. Dedan wurde sanfter und ruhiger, Hespes Gesicht wirkte weniger herb. Die beiden verbrachten viel Zeit in ihrem Zimmer. Bestimmt holten sie dort versäumten Schlaf nach.
    Marten flirtete unterdessen ziemlich unverschämt mit Penny, trank für drei und genoss das angenehme Leben in vollen Zügen.
    Nach drei Tagen reisten wir ab, bevor wir unseren Gastgebern zur Last fallen konnten. Ich für meinen Teil war froh darüber. Aufgrund von Tempis Übungsstunden und Losis Zuwendungen war ich halbtot vor Erschöpfung.

     
    Auf der Straße des Königs kehrten wir nach Severen zurück. Wir ließen uns Zeit, zum einen aus Rücksicht auf Hespes verletztes Bein, aber auch weil wir wussten, dass unsere gemeinsame Zeit sich dem Ende näherte. Obwohl wir so unterschiedlich waren, waren wir alsGruppe zusammengewachsen, und in solchen Fällen fällt der Abschied immer schwer.
    Die Nachricht von unseren Abenteuern war uns vorausgeeilt, und man nahm uns überall bereitwillig über Nacht auf und bewirtete uns, oft sogar kostenlos.
    Am dritten Tag unseres Marsches begegneten wir einer kleinen, ärmlich

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