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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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meiner sprachlichen Fähigkeiten, indem sie sagte, ich klinge jetzt wie ein Kind und nicht mehr nur wie ein Idiot.
    Mit Celean traf ich mich weiterhin auf der Wiese neben dem Schwertbaum. Obwohl sie mich jedes Mal schonungslos und mit größtem Vergnügen verprügelte, freute ich mich auf unsere Begegnungen. Nach drei Tagen gelang es mir endlich, sie zu besiegen.
    Die folgenden Verse sind eine interessante Ergänzung meiner langen Lebensgeschichte.
     
Kommt her und hört, und ich erzähle
Von kühnen Heldentaten euch,
Die Kvothe, der Blutlose, vollbracht,
Und wie er mit gewaltiger Macht
Ein Mädchen von kaum zehn bekämpfte.
Und hört, wie einen solchen Schlag
Er kühnen Muts wider sie führte,
Dass sie danach im Grase lag,
Und wie ihn das zum Jubel rührte.
     
    So schrecklich es vielleicht klingt, ich war stolz darauf und das vollkommen zu Recht. Celean selbst gratulierte mir und schien nicht wenig überrascht über meinen Erfolg. Als Belohnung zeigte sie mirim langen Schatten des Schwertbaums ihre zweihändige Variante des Löwenbrechers und schmeichelte mir mit einem vertraulichen, lausbübischen Grinsen.
    Wir waren an diesem Tag früh mit der vorgeschriebenen Anzahl an Übungskämpfen fertig. Ich setzte mich auf einen kleinen Felsen in der Nähe, dessen Oberfläche man geglättet hatte, so dass man bequem darauf sitzen konnte, und sah nach den vielen kleinen Schrammen, die ich vom Kampf davongetragen hatte. Anschließend wollte ich den Schwertbaum betrachten, bis Vashet mich holte.
    Doch Celean gehörte zu den Menschen, die nicht lange stillsitzen können. Sie sprang zum Schwertbaum hinüber und blieb nur wenige Schritte vor den langen Ästen stehen, die sich im Wind hoben und senkten und deren runde, rasiermesserscharfe Blätter sich wie wild im Kreis drehten.
    Dann duckte sie sich und rannte unter das Dach der tausend wie verrückt kreiselnden Blätter.
    Vor Schreck brachte ich keinen Ton heraus. Ich sprang auf und hörte sie lachen. Sie hüpfte vor meinen Augen herum und wich den windgepeitschten Blättern aus, als spielte sie mit ihnen Fangen. Auf halbem Weg zum Stamm blieb sie stehen, duckte den Kopf, hob die Hand und schlug ein Blatt weg, das sie sonst geschnitten hätte.
    Nein, sie schlug es nicht einfach weg, sie vollführte einen Treibenden Schnee. Dann näherte sie sich dem Stamm unter ständigem Vor und Zurück und mit schützend erhobenen Händen weiter. Sie vollführte noch eine Sich Kämmende Jungfrau und einen Rückwärtstanz.
    Dann sprang sie einfach zur Seite, duckte sich erneut, rannte durch eine Lücke im Laub zum Stamm des Baums und schlug mit der Hand daran.
    Im nächsten Moment stand sie wieder unter den Blättern. Sie vollführte eine Mostpresse, duckte sich, wirbelte herum und rannte unter dem Blätterdach hervor. Sie brach nicht in Triumphgeheul aus, wie ein Kind des Commonwealth es vielleicht getan hätte, aber sie machte mit triumphierend erhobenen Händen einen Luftsprung. Dann schlug sie, immer noch lachend, ein Rad.
    Atemlos sah ich zu, wie sie dasselbe Spiel immer wieder spielte, wie sie unter den tanzenden Blättern verschwand und wieder auftauchte.Sie schaffte es nicht immer bis zum Stamm. Zweimal musste sie vor den Blättern zurückweichen, ohne den Stamm berührt zu haben, und ich spürte sogar von meinem Platz aus, wie wütend sie darüber war. Einmal rutschte sie aus und musste auf allen Vieren unter den Blättern hervorkriechen.
    Doch viermal schaffte sie es zum Stamm und wieder zurück und jedes Mal feierte sie ihren Erfolg mit erhobenen Händen, Lachen und einem vollkommenen Radschlag.
    Erst als Vashet zurückkehrte, blieb sie stehen. Ich sah von meinem Platz aus, wie Vashet zu ihr eilte und sie streng zurechtwies. Zwar konnte ich nicht verstehen, was gesagt wurde, doch genügte mir ihre Körpersprache. Celean hielt den Kopf gesenkt und trat von einem Bein aufs andere. Vashet drohte ihr mit dem Finger und schlug sie leicht an die Schläfe. Genauso schimpft man ein Kind. Du darfst den Garten des Nachbarn nicht betreten. Du darfst die Schafe der Bentons nicht ärgern. Du darfst nicht mit den tausend kreiselnden Messern vom heiligen Baum deines Volkes Fangen spielen.

Kapitel 119

Hände
     
    S obald Vashet fand, dass ich ihre Sprache sprechen konnte, ohne mich übermäßig zu blamieren, brachte sie mich zu Gesprächen mit einigen merkwürdigen Menschen aus Haert zusammen.
    Einer davon war ein geschwätziger Alter, der Seide spann und dabei unaufhörlich plauderte und

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