Die Gabe der Amazonen
Büffelleder, zersprungene Töpferwaren aus Rommilys, beinerne Nivesenflöten, rostige Waffen in Gehängen aus sprödem, trockenem Leder, bunte Stoffballen, Kerzenleuchter, Handspiegel, Holzkämme, Specksteinstatuetten aller Zwölfgötter, Amulette aus Tigerzähnen und viele Dinge, die ich noch nie gesehen hatte, waren auf Brettern und Tischen zu höchst lockeren Türmen aufgeschichtet. Ich wagte es kaum, mich zu bewegen, auch Mädchen hielt die Arme eng an den Körper gepreßt.
Der Trödler, ein kleiner buckliger Mann mit einem großen, schweren Schädel und zwei verschieden langen Beinen, humpelte wieselflink durch den bunten Irrgarten. Kaum hatte er uns erblickt, da entzündete er ein Tiegelchen mit Räucherwerk. Der süße, betäubende Rauch zog in dichten Schwaden durch den Raum und machte mir das Atmen schwer. Mädchen schnupperte erst mit erhobener Nase, sog dann tief die Luft ein – und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt.
»Zu Diensten, zu Diensten, edle, weitgereiste Bürger! Phex, dem stillen Gott, sei Dank, daß er so hohen Besuch in mein elendes Haus geführt hat.«
Mädchen hatte die Hand nach einem winzigen hölzernen Käfig ausgestreckt. Schon stand der Trödler neben ihr und hielt ihr den Käfig vor die Augen.
»Nehmt ihn nur, nehmt ihn nur, schönes Kind! Ich schenke ihn Euch ...« Er warf mir einen raschen Blick zu. »... wenn der Herr mir einen halben Silbertaler schenkt ...«
»Die junge Dame wünscht ein Kleid«, sagte ich.
»Und Stiefel«, ergänzte Mädchen. »Und eine Schürze und ...« Ich trat ihr sacht auf die Zehen, um sie an das Schweigegebot zu erinnern.
Der Trödler hatte mich beobachtet. Er gab Mädchen einen vertraulichen Stups. »Ich sehe, der Herr ist hartherzig. Er will dich in der Kälte frieren lassen. Aber ich glaube, er meint es nicht so. Er hat nämlich in Wirklichkeit ein Herz aus Gold. Das sehe ich ihm an.« Er ergriff Mädchen bei der Hand und humpelte mit ihr davon. Ich folgte ihnen in ein Hinterzimmer, wo der Trödler schon damit begonnen hatte, in einem unordentlichen, halb mannshohen Kleiderhaufen zu wühlen. Er zog ein Kleid nach dem anderen hervor und warf es in einem hohen Bogen hinter sich.
»Na, wie gefällt Euch dieses?« murmelte er dabei. »Oder das? Dieses hier ist ein besonders edles Stück. Oh, welch prächtiges Gewand! Zieht Euch aus, Kleines, zieht Euch aus! Wie wollt Ihr sonst die wunderschönen Stücke anprobieren?« Dabei wies der Bucklige auf eine Nische hinter einem hohen Schrank, vor der eine Wolldecke ausgespannt war; aber Mädchen löste ihren Gürtel und ließ mitten im Laden ihr Fellkleidchen zu Boden fallen.
Der Trödler riß die Augen auf und schnaufte etwas Unverständliches. Dann umtanzte er Mädchen wie ein Derwisch, hielt ihr ein Kleid nach dem anderen vor den nackten Leib und fand unzählige Gelegenheiten, sie hier und dort flüchtig zu berühren und zu betasten. Mädchen sah lächelnd auf ihn hinab und verfolgte alle seine Bewegungen gleichmütig.
Ein braunes, kurzes Kleid, das am Saum mit bunten, kleinen Glasperlen bestickt war, löste bei ihr einen leisen Entzückungslaut aus. »Das gefällt Euch, nicht wahr?« jauchzte der Händler. »Kommt, ich helfe Euch, es anzuziehen.«
»Was soll es kosten?« fragte ich.
»Ach, fast nichts, sechs Silbertaler.« Er konnte seinen Blick nicht von Mädchen lösen. »Bückt Euch ein wenig, dann werde ich es Euch überstreifen.«
»Sechs Silbertaler sind eine Unverschämtheit. Und jetzt laß uns allein! Ich werde der Dame beim Anziehen behilflich sein.« Der Bucklige warf mir einen flehentlichen Blick zu.
»Über den Preis können wir reden ... können wir reden«, murmelte er. »Aber laßt mich beim Anziehen helfen! Ihr habt keine Erfahrung mit diesen feinen Stoffen. Unter Euren Händen geht das Kleid womöglich entzwei.«
Ich beschloß, ihm seinen Willen zu lassen. Unser Einkauf dauerte endlos lange, aber am Ende besaß Mädchen eine warme, wollene Hose, ein Unterkleid, ein glasperlenbesticktes Oberkleid, einen schlichten Umhang, ein Paar recht gut erhaltene, hohe Söldnerstiefel und als Dreingabe eine Lederscheide für ihren Goblinsäbel. Der Trödler hatte ihr all die Dinge Stück für Stück angezogen, und ich brauchte ihm für alles zusammen nur sieben Silbertaler zu zahlen.
Der Schweiß stand ihm in dicken Tropfen auf der Stirn, als ich ihm das Geld in die Hand zählte. »Ich glaube, ich bin ein schlechter Händler«, murmelte er.
»Das mag sein«, stimmte ich zu. »Aber
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