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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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Tage lang nichts gegessen haben – sie hatten trotzdem etwas ausgeschieden.
    Während Junivera offenbar vor allem Rondra für ihre Rettung verantwortlich machte – wie ich mit einem Anflug von plötzlichem Ärger wahrnahm –, hatten uns Elgor und Larix überschwenglich die Hände geschüttelt. Alle drei waren dreckig und in ihren kurzen, sackleinernen Hemden erbärmlich anzuschauen, aber das Fasten hatte sie nicht so sehr entkräftet, wie ich befürchtet hatte. Larix war sogar schon wieder zum Streiten aufgelegt: Er behauptete, Elgors raubtierhaftes Magenknurren wäre die schlimmste Folter während der drei vergangenen Tage gewesen: »So etwas schimpft sich Kriegsmann und kann nicht einmal die eigenen Gedärme unter Kontrolle halten ...«
    Solange Junivera zu ihrer Göttin sprach, berichteten wir abwechselnd von unseren Erlebnissen. Die Gefangenen hatten nicht viel zu erzählen, auch konnten wir sie kaum verstehen, da sie jeder ein Schinkenstück in der einen und einen Brotbrocken in der anderen Hand hielten, Bissen um Bissen hinunterschlangen und sich nicht die Zeit nahmen, die Münder zu leeren, wenn sie uns etwas sagen wollten.
    Wir erfuhren, daß sie täglich verhört, aber nicht gefoltert worden waren. Die Wachen hatten sich ganz darauf verlassen, daß der Hunger früher oder später sein Werk tun würde.
    »Von einem Fettwanst, zu dem wir bald gesperrt werden sollten, war öfter die Rede«, sagte Elgor, Brot- und Schinkenkrümel verstreuend, »aber ich weiß nicht, was damit gemeint sein könnte. Da wir beschlossen hatten, uns in Schweigen zu hüllen, konnte ich auch nicht gut nach diesem Fettwanst fragen.«
    Während wir Elgor von unserer Begegnung mit dem fetten Untier erzählten, kam Junivera endlich aus der Zelle. Auch sie hielt Brot und Schinken in den Händen, begann jedoch erst zu essen, nachdem sie nun auch uns ihren innigen Dank abgestattet hatte. Mit Tränen in den Augen bezeichnete sie uns als ›Werkzeuge der Göttin‹, mit denen ihr Rondra ihre Gnade erwiesen hätte.
    Bevor wir aufbrechen konnten, mußte über das Schicksal unseres Gefangenen entschieden werden. Junivera und Mädchen schlugen vor, ihm den Hals durchzuschneiden.
    Der Wächter heulte auf: »Tötet mich nicht! Ich habe Frau und Kinder. Ich, ich ... zeige euch, wo ihr etwas zum Anziehen finden könnt.«
    Das war nun tatsächlich ein reizvolles Angebot, denn Elgor, Larix und Junivera waren mit ihren Sträflingshemden wirklich unpassend gekleidet.
    »Keine Tricks!« zischte Viburn, ritzte, um seine Worte zu unterstreichen, mit der Dolchspitze die Wange des angstvoll wimmernden Mannes und stieß ihn vor sich her. Der Wächter führte uns zu einer nahegelegenen Rüstkammer. Er wäre vor Angst fast gestorben, als wir feststellten, daß die Tür abgeschlossen, der Schlüssel aber nicht vorhanden war. Aber Viburn öffnete das einfache Schloß rasch mit einem eisernen Haken, während von fern die schwachen Laute der erwachenden Palastbewohner zu hören waren: Hufe klapperten über Pflastersteine, Karrenräder rumpelten, irgendwo spaltete jemand Holz.
    Unsere drei Freunde rissen hastig ein paar Ausrüstungsgegenstände von den Wandhaken und aus den Schränken: schwere, wattierte Steppmäntel, Stiefel, Gehänge mit breiten Säbeln, wie sie in Beilunk üblich waren. Auch Mädchen schnallte sich einen Beilunker Säbel um. Larix fand außerdem einen kurzen schweren Knüppel, den er sogleich auf dem Kopf unseres Gefangenen ausprobierte.
    »Das sieht dir ähnlich, du Draufgänger«, spottete Elgor, während er seinem Freund dabei half, den besinnungslosen Wächter in einem Schrank zu verstauen, »einen Unbewaffneten ... von hinten noch dazu!«
    Larix knurrte etwas von taktischen Zwängen, schloß die Schranktüre ab und warf den Knüppel zur Seite.
     
    Wenig später standen wir vor dem runden Gelaß, in dem der ›Fettwanst‹ hauste. Der Kopf des Ungeheuers ragte aus dem Wasser. Es hielt den Kopf leicht zur Seite geneigt und starrte uns aus seinem einen unverletzten Auge an.
    Elgor, Junivera und Larix schienen die Sprache verloren zu haben. Stumm starrten sie die Kreatur an und ließen ihre Blicke über die Knochenhaufen wandern. Larix schüttelte seinen Kopf und umfaßte seinen Säbelgriff mit beiden Fäusten. »Bei der gerechten Rondra!« sagte Junivera leise, »das ist eine Kreatur aus den Niederhöllen!«
    »Geht nur hinein!« forderte Viburn Elgor und Junivera mit einer lässigen Handbewegung auf. »Er wird euch nichts zuleide tun. Wir

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