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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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können!«
    Viburn warf mir einen traurigen Blick zu. »Nenn mir eine! Ich gäbe dir meinen Anteil an der Belohnung dafür.«
     
    Nebel senkte sich über das Tal, so dicht, daß man gerade noch zehn Schritt weit sehen konnte. Aus dem Dunst lösten sich die düsteren Krüppelbäume wie stumme Bettler, wie klagendes Volk, an dem ein Trauerzug vorübergeht. Mit dem Nebel kam die Abenddämmerung.
    Larix beteuerte immer wieder, daß man noch sehr gut sehen könnte, es gäbe keinen Grund, so früh schon das Lager aufzuschlagen: »Der Nachmittag hat ja kaum erst begonnen.« Wir blieben erst stehen, als man kaum noch die Hand vor den Augen sah.
    »Also dann!« Junivera warf ihren Mantel beiseite und lockerte den Säbel in der Scheide. »Ich bin bereit.«
    »Unsinn!« wehrte Larix ab. »Wollt ihr im Finsteren kämpfen? Wir wollen erst ein Feuer anzünden.«
    Junivera verharrte auf ihrem Platz und stimmte ein leises Gebet an. Mädchen sammelte mit uns Feuerholz, fröhlich und völlig unbeschwert.
    Nie zuvor hatte Larix so lange gebraucht, um aus recht trockenem Reisig ein Feuer zu entzünden. Nachdem es aufgeflackert war, legte Mädchen ein paar kräftige Äste auf. Junivera stampfte ungeduldig mit dem Fuß auf. »Wie lange soll ich noch auf dich warten, du feige Schleiche?«
    Das Feuer warf ein trübes Licht auf die nebelverhangenen Bäume. Dunstschwaden trieben aus der Nacht in den hellen Kreis. Mädchen ging um das Feuer herum, warf ihren Umhang zur Seite und stellte sich vor Junivera auf. Wir blieben auf der anderen Seite des Feuers zurück.
    Die beiden Frauen zogen gleichzeitig ihre Säbel. Mädchen drehte den ihren in der Hand. »Die Waffe stammt aus dem Verlies in Beilunk. Sie hat einmal einem ehrenwerten Büttel gehört. Für dich ist sie zu schade.« Sie warf den Säbel auf ihren Umhang.
    Junivera war außer sich. »O nein! So kommst du mir nicht davon! Kämpf! Stell dich endlich zum Kampf!«
    Mädchen lachte.
    Junivera schrie auf und stieß zornig die Säbelspitze vor, zerschnitt die Haut über Mädchens ungeschützter Schulter, riß die Waffe zurück und holte von neuem aus.
    Mädchen nahm sich nicht die Zeit, einen Blick auf ihre Wunde zu werfen. Sie rollte plötzlich über den Boden, traf Junivera mit dem Fuß gegen den Leib. Im Zurücktaumeln riß die Geweihte den Säbel nach unten, aber Mädchen hatte sich schon mit beiden Beinen vom Boden abgestoßen, war katzengleich zurückgeschnellt, auf den Schultern gelandet, hatte den Schwung zu einer Rolle genutzt und stand nun wieder auf den Füßen, eine gute Mannslänge von Junivera entfernt. Blut rann aus ihrer Schulter und sickerte hinter den Brustpanzer.
    Beide Frauen atmeten schwer. »Nimm die Waffe auf!« zischte Junivera, aber Mädchen schüttelte den Kopf.
    Bei ihrem zweiten Angriff gab sich die Geweihte keine Blöße. Sie führte den Säbel mit mäßigem Schwung, immer darauf bedacht, jeder Vorwärtsbewegung ihrer Gegnerin mit einem schnellen Stich zu begegnen. Mädchen wich Schritt für Schritt zurück, vom Hagel der Schläge getrieben, die sie oft nur um einen Fingerbreit verfehlten. Offenbar wollte sie die Geweihte in das Dunkel zwischen den Bäumen locken, aber Junivera war schneller: Mit zwei Sätzen sprang sie um Mädchen herum und trieb sie wiederum vor sich her. Diesmal hatte Mädchen das Feuer im Rücken. Sie versuchte, zur Seite zu entwischen, aber Junivera ahnte jede ihrer Bewegungen im voraus: Mit flinken Ausfallschritten versperrte sie ihr den Weg. Bald war Mädchen der hell lodernden Glut bedenklich nahe gekommen. Sie warf einen raschen Blick nach hinten und stolperte über eine Wurzel, stieß den Fuß zurück, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Schon kam die Geweihte heran, den Säbel zum entscheidenden Schlag erhoben. Aber Mädchen war gar nicht wirklich gestolpert, der unbeholfene Schritt eine Finte, um Schwung für einen mächtigen Sprung zu gewinnen. Sie flog auf Junivera zu, rammte ihr die Schulter gegen den Oberkörper, während die niedersausende Klinge über sie hinwegstrich. Junivera torkelte nach hinten, stürzte zu Boden, als Mädchens Fuß ihre Kniekehle traf. Der nächste wuchtige Tritt zielte auf ihr Gesäß. Dann wartete Mädchen ab, bis die Geweihte wieder aufgesprungen war. Lässig stand sie in der blinkenden Amazonenrüstung neben dem Feuer und blickte ihrer Gegnerin entgegen.
    Um Juniveras Selbstbeherrschung war es geschehen. Die Geweihte bebte vor Zorn, ihre Augen flackerten wie die einer Wahnsinnigen. Der Jähzorn ist

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