Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
Vom Netzwerk:
Formeln
zuerst auswendig lernten, um sie dann kleinen Melodien anzupassen. Diese
brachten sie ihren Kindern bei, die sie wiederum an ihre Nachkommen weitergaben
und immer so fort. So waren Bruchstücke der Magie auch während all der Jahrhunderte
bewahrt worden, in denen es keine Magie auf der Welt gegeben hatte und in denen
die Könige ohne Einschränkung geherrscht hatten.
    Ich hob meinen Blick von den Seiten. Es
war schwer, sich eine Welt ohne Magie
vorzustellen. Mein Vater hat te Magie für absolut jeden Zweck eingekauft.
Nie geriet ein Schiff der Maleks in einen Sturm. Er bezahlte für gutes Wetter,
dafür, dass Wasser durch die Rohrleitungen unseres Hauses lief, für die Bäche
und Brunnen im Malek-Park, für die fliegenden Ponys und für tausend andere
Dinge.
    Jeder tat das, es sei denn, er war zu arm.
    Den Rest des Buches überflog ich. Es gab
einen langen Absch nitt, der davon erzählte, wie schlecht es in der Welt zugegangen war, als es Königen
erlaubt war, junge Männer in ihre Armeen zu zwingen und in den Krieg zu ziehen.
Aus anderen Geschichtsbüchern in früheren Schulen wusste ich bereits, was ein
Krieg war.
    Gegen Ende erregte eine Überschrift meine
Aufmerksamkeit: Verbotene Praktiken. Darunter befand sich eine Liste –
eigentlich waren es zwei –, die in einem umrahmten Kasten stand. Die erste
Spalte nannte den Verstoß, die zweite die Strafe. Letzte war immer gleich: der
Tod. Ich starrte die Aufreihung an. Sie war kurz und umfasste nur vier Punkte:
     
    Geschlechtsverkehr
    Die Stille Sprache
    Das Lehren von Magie außerhalb der
Akademie
    Verrat an den Vier Eiden
     
    ICH BEGANN, WEITERE SEITEN UMZUBLÄTTERN,
UM DIE VIER EIDE ZU FINDEN. DANN HÖRTE ICH, WIE DIE TÜR KLINKE hinabgedrückt wurde und Gerrard
hereinkam. Auf dem Weg zu seinem Bett warf er mir einen kurzen Blick zu, ehe er
seine Bücher rechts von sich ablegte und sich im Schneidersitz niederließ. Diesmal
schien mir sein Geruch schier unerträglich.
    Wie gewohnt drehte er mir den Rücken zu.
Doch seine Ausdünstungen waren mehr, als ich aushalten konnte, nachdem ich
selbst nicht mehr länger stank und meine Lungen von der frischen Luft in der
Waldkammer gesäubert worden waren. Möglicherweise fürchtete ich mich auch
einfach nicht mehr so vor Gerrard wie zuvor, nun, nachdem ich mich der Schlange
gestellt hatte.
    »Ich habe Seife erscheinen lassen«, sagte
ich, »weil ich es satt hatte zu stinken. Nachdem ich mich gewaschen hatte, lag
der grüne Umhang auf meiner …«
    »Ich weiß«, unterbrach er meinen
Redefluss.
    Überrascht fragte ich: »Woher?«
    Er antwortete nicht.
    Ich stand auf und ging zur Tür. Dann
drehte ich mich noch einmal um. »Woher? Wie kann es sein, dass du das weißt?«
    Das Rückgrat gerade, die Schultern straff,
so saß er da und schwieg. Wut stieg in mir empor, so verdammt leid war ich es,
seinen Rücken anzustarren. »Du bist ein Lügner«, hörte ich mich sagen. »Du bist
ein elendiger Lügner und ein Feigling.«
    Er fuhr herum und wollte aufspringen, doch
sein Fuß verfing sich in der Decke, sodass er stolperte. Taumelnd griff er nach
der Tischkante, um Halt zu finden.
    »Tu es nicht.«
    »Was soll ich nicht
tun? Breche ich einen der Vier Eide?« Ich wusste nicht genau, warum ich das sagte. Vielleicht versuchte
ich, ihm zu beweisen, dass ich ebenfalls gelernt hatte. Ein lächerlicher
Einfall, schließlich hatte ich noch nicht einmal das ganze Buch gelesen.
    Gerrards Züge verhärteten sich. Er starrte
auf die Wand über meinem Kopf, ehe er den Blick senkte und mir in die Augen
schaute. »Ich habe versucht, Seife zu erschaffen.« Tränen glänzten mit einem
Mal in seinen Augen. Da dämmerte mir etwas.
Ich hatte Nahrungsmit tel geschaffen, die ich mein ganzes Leben gekannt
hatte. Genauso hatte ich auch schon immer Seife benutzt. Ihm gelang immer nur
dieselbe Schale Fischbrühe, und ich wusste auch warum. Hatte er jemals Seife
benutzt, als er klein war? Dann erinnerte ich mich an etwas anderes: Er hatte
es immer zugelassen, dass ich ihm durch die Tunnel folgte. Wenn er mir nicht
geholfen hätte …
    »Unter meiner
Matratze liegt ein Stück …«, begann ich.
    »Ich brauche deine
verdammte Seife nicht«, unterbrach er mich. »Ich werde meine eigene erschaffen und …«
    »Aber du könntest sie riechen, berühren, sie
dir einprägen«, flüsterte ich. Dann trat ich durch die Tür und machte mich auf
den Weg zum Speisesaal. Ich aß langsam, bevor ich zur Halle der Hoffnung ging.
Dort saß ich eine Weile herum und

Weitere Kostenlose Bücher