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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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waren Tausende. Wie
sollte es mir gelingen, allen den Gedanken einzugeben?
    Erneut startete ich einen Versuch und ließ
sie mein bloßes Bein überqueren. Es gelang mir, etwa einhundert von ihnen vom
Honig abzulenken. Doch auch das war wie ein Wassertropfen in einem Ozean. Dann
fiel mir auf, dass die Reihe der Ameisen sich sogar verbreiterte. Immer mehr
von ihnen wurden ausgesandt, um Honig zu holen.
    Wenn ich sie nicht bald aufhalten konnte,
würde es mir nie gelingen.
    Ich zog meinen Umhang aus und legte mich
bäuchlings neben ihren Pfad. Dann legte ich meine Fingerspitzen auf die
Ameisenstraße. Es dauerte lange, die ganze Horde meine Arme hinaufkrabbeln zu
lassen und über meinen Rücken abzulenken. Ich schob meinen Gedanken in einige
der Tiere und spürte, wie diese sich ziellos zerstreuten, während bereits
weitere meine Finger hinaufmarschierten. Das Kribbeln machte mich verrückt,
doch ich zwang mich, ruhig liegen zu bleiben. Als ich den Gedanken zum dritten
Mal aussandte, fühlte ich einen stechenden Schmerz in meiner Armbeuge. Einige
der verwirrten Ameisen waren unter mich gekrabbelt, und ich hatte mein Gewicht
unbemerkt so verlagert, dass ich eine von ihnen zerquetscht hatte.
    Der zweite Biss unterbrach meine
Konzentration, und ich zuckte zusammen. Sofort griffen mich fünf oder sechs
weitere Ameisen an. Die Bisse brannten, und ich sprang auf und schüttelte die
Tiere von meinen Armen ab, konnte jedoch nichts gegen die auf meinem Rücken
ausrichten. Während meine Haut anzuschwellen begann, zog ich mich zurück, bis
ich über einen hellen Stein im Sand stolperte.
    Doch es war kein Stein.
    Es war ein Schädel, beinahe glatt poliert,
ohne dass auch nur die kleinste Spur von Fleisch oder Haaren am Knochen hing.
    »Geh.« Jux’ Stimme ließ mich
zusammenzucken. Plötzlich stand er da, knapp außerhalb der Einfriedung, und
schüttelte angewidert den Kopf. »Geh einfach.« Dann verschwand er auf die
gleiche Weise, wie Franklin und Somiss es taten. Im Schein der späten
Nachmittagssonne verstörte es mich noch mehr als sonst.
    Ich hob meinen Umhang auf und schüttelte
ihn aus, ehe ich die Einfriedung verließ. Anschließend rieb ich mir damit wie
mit einem Handtuch über den Rücken, bevor
ich ihn erneut ausschüttelte. Ich trat durch die run de Tür, und während
des folgenden Abstiegs durch den steilen Tunnel schlug ich auf immer neue
stechende Stellen ein, an denen mich übriggebliebene Ameisen bissen. Mit
raschem Schritt ging ich an unserer Tür mit der Fischklinke vorbei direkt auf
den Speisesaal zu. Dabei rieb ich immer wieder mit dem dunkelgrünen Stoff über
meine Schultern, um die letzten Ameisen zu entfernen.
    Ich stand vor dem Stein und rief mir
Celias Kartoffelpastete vor mein geistiges Auge. Es gab einen kleinen Blitz,
als ich meine Hände auf den eiskalten Edelstein legte. Die dampfend heiße
Pastete erschien, und ich blinzelte die Tränen fort. Ich war noch immer in der
Lage, den Stein zu nutzen.
    Auf dem Weg zum Tisch verwendete ich die
Ärmel meines Umhangs als Topflappen. Dann fiel mir auf, dass ich noch eine
Gabel benötigte. Also ging ich zurück, um eine zu erschaffen, doch noch bevor
ich überhaupt beginnen konnte, mich zu konzentrieren, hörte ich Schritte. Ich
drehte mich um und entdeckte einen Zauberer, den ich noch nie zuvor gesehen
hatte. Er eilte auf mich zu, und mein Magen sackte nach unten.
    »Schnell«, drängte der Zauberer und
bedeutete mir, ihm zu folgen. Dann drehte er sich um und marschierte so rasch
wieder davon, dass ich rennen musste, um ihn noch einzuholen. Der Weg, den er
nahm, war derart kompliziert, dass ich bei den Abzweigungen bald
durcheinandergeriet. Meine Haut brannte wie Feuer. Das Gehen fiel mir schwer.
     
    DIESMAL MACHTEN WIR IN EINER KLEINEN
KAMMER HALT. AUSSER MIR HATTEN SICH ALLE ANWESENDEN BEREITS rund um einen geschnitzten Sessel mit einer Polsterung aus grünem
Brokat niedergelassen. Darin saß, mit dem Rücken zum Eingang, Somiss. Will
wirkte verängstigt; Levin und Jordan nickten mir knapp zu. Ich vermied es, Luke
in die Augen zu sehen, und Gerrard schien mich überhaupt nicht wahrzunehmen.
Doch als ich hinter ihm Platz nahm, bemerkte ich sofort den Geruch von Seife –
parfümierter Seife. Unwillkürlich erinnerte ich mich an seine Erzählung von der
Frau, die ihm den Fischeintopf gekauft hatte. Dann bemerkte ich, was ich im
flackernden Schein der Fackeln zunächst übersehen hatte. Er trug einen grünen
Umhang.
    »Sind das alle?« Somiss räusperte

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