Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
Vom Netzwerk:
Fischjunge pinkeln und sah den
Nachttopf, der mir in der letzten Nacht gar nicht aufgefallen war. Dann hockte
er sich darauf, und das Zimmer füllte sich mit Gestank. Als er fertig war,
benutzte ich den Kübel, und ich musste gegen den Impuls ankämpfen, mich zu
übergeben. Ich drehte mich um und sah, dass er vor einem Becken stand, das in
die Wand eingelassen war. Es gab einen silbernen Hahn, der ein wenig schlichter
war als der, den wir zu Hause benutzten.
    Noch einmal schlug der Zauberer gegen die
Tür.
    Ich flüsterte: »Schnell, beeil dich.«
    »Wo ist das Wasser?«, flüsterte Fischjunge
zurück und warf mir über die Schulter hinweg einen Blick zu.
    Ich zögerte und verstand ihn einen
Augenblick lang nicht. Welcher Sohn einer wichtigen Familie irgendwo auf der
großen, weiten Welt konnte nicht einen einfachen Wasserhahn bedienen? Ich
erinnerte mich daran, wie mein Vater gesagt hatte, dass einige der Eridianer
alles hassten, das von Zauberern gemacht war. Vielleicht war es das? Fischjunge
war ein Eridianer, der hier war, um all das kennen zu lernen, was sein Vater
hasste? Ich griff an ihm vorbei und betätigte den silbernen Hahn. Klares Wasser
ergoss sich in das Becken und lief den Abfluss hinab.
    Er starrte mich an, dann beugte er sich
vor, um sich das Gesicht zu waschen, und stieß mit der Stirn gegen den Hahn.
Das Wasser versiegte, was ihn zu irritieren schien. Er betätigte den Hahn, wie
er es zuvor bei mir gesehen hatte, und stellte das Wasser so wieder an – und
dann wieder ab. Ehe er einen Schritt zur Seite machte, benutzte er den Hahn
noch zwei weitere Male, zuletzt mit nur einem Finger, ganz schnell hintereinander
wie ein Kleinkind beim Spielen. Knotige, raue Waschlappen hingen an Haken an
der Wand.
    Keine Seife. Er trocknete sich das Gesicht
mit einem der Tücher, während ich das Wasser wieder anstellte. Es war eiskalt.
    Ich wusch mich rasch und fragte mich,
warum sie uns Nachttöpfe und kaltes Wasser benutzen ließen wie die Bewohner der
Elendsquartiere im South End. Ich richtete mich auf und trocknete mein Gesicht,
als ich hörte, wie Fischjunge die Tür öffnete. Nachdem ich mich umgedreht
hatte, sah ich einen Zauberer, der eine Fackel hoch über seinen Kopf hielt. Er
sagte kein Wort, als er den Flur hinunterging, meinem eifrigen Zimmergenossen
eng auf den Fersen.
    Ich musste rennen, um die beiden wieder
einzuholen, und es tat weh. Aber ich dachte nicht an meine Füße. Es war zu
seltsam, unter einem lockeren Umhang nackt zu sein, und alles baumelte beim
Rennen. Fischjunge lief weiter, und ich starrte ihn von der Seite an, als ich
ihn einholte. Er lächelte. Lächelte. Weswegen? Weil ihm kalt war und er
hungrig und verängstigt war? Ich erschrak und trat erneut auf den Saum meines Umhangs,
sodass ich auf ein Knie stürzte. Rasch stand ich wieder auf, spürte jedoch das
Stechen einer schlimmen Schürfwunde. Phantastisch. Meine Füße waren bereits
wund. Nun würde auch noch mein Knie einige Tage lang schmerzen. Fischjunge und
der Zauberer wurden einfach nicht lang samer
und sahen sich auch niemals um. Keiner von bei den machte sich die Mühe,
mich eines Blickes zu würdigen, als ich sie eingeholt hatte.
    Ich versuchte mit aller Macht, einen
klaren Gedanken zu lassen und in die vor uns liegende Dunkelheit zu starren.
    Und voller Verzweiflung bemühte ich mich
darum, mir die Abbiegungen zu merken. Aber
dieses Mal ging der Zauberer nicht um viele Ecken, sondern lief geradewegs
den Flur hinunter. Zuerst huschte das Licht der Fackel des Zauberers zu beiden
Seiten über die Wände, was die einzige Erleichterung in dieser Dunkelheit war.
Dann, Wunder über Wunder, bogen wir in einen
breiteren Tun nel, in dem links und rechts Fackeln an den Wänden befestigt
waren. Das Licht machte mir wieder ein bisschen Mut, und ich wartete darauf,
dass wir erneut in einen anderen Gang einbiegen würden, doch nichts geschah.
Ein einziger Abzweig nach rechts. Mit einem Ruck blieb der Zauberer vor einer Öffnung
im Stein stehen. Er zeigte darauf, dann ging er ohne uns davon.
    Ich fühlte mich ganz schwach vor
Erleichterung. Vielleicht war dieser elendige, verwirrende Weg nur eine
Schikane am ersten Tag gewesen. Vielleicht hatte Fischjunge recht und … Ich
bemerkte, dass er sich umgedreht hatte und mich anstarrte. Das Lächeln war
verschwunden. »Hahp Malek«, sagte er sehr leise. »Mein Name ist Gerrard da
Masi. Nicht Fischjunge. Erinnere dich daran, wenn du dir überhaupt irgendetwas
merken kannst.«
    Er drehte sich um,

Weitere Kostenlose Bücher